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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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dreizehnten Geburtstag anboten, umso besser. Wenn nicht, wählten sie einen in Prentisstown aus, den sie nicht leiden konnten, und behaupteten einfach, er wäre verschwunden.
    Das Leben eines Mannes wurde in die Hand eines Jungen gelegt, damit er es ganz allein beende.
    Ein Mann stirbt, ein anderer wird geboren.
    Jeder ist ein Mitwisser. Jeder ist schuldig.
    Nur ich nicht.
    »Oh mein Gott«, höre ich Viola sagen.
    »Aber bei mir sollte es anders sein, nicht wahr?«, frage ich. »Du warst der Letzte, Todd Hewitt«, antwortet Aaron. »Der letzte Soldat in Gottes vollkommener Armee.«
    »Erzähl mir nicht, dass Gott irgendetwas mit deiner Armee zu tun hat«, sage ich. »Leg dein Gewehr hin. Ich weiß, was ich tun muss.«
    »Bist du ein Bote, Todd?« Er legt den Kopf schief und sein entsetzliches Grinsen wird noch breiter. »Oder bist du ein Schwindler?«
    »Lies in meinem Lärm«, sage ich. »Lies in mir, wenn du mir nicht glaubst, dass ich dazu fähig bin.«
    Jetzt steht er an der Kanzel und schaut durch den Mittelgang zu mir, er lässt seinen Lärm anschwellen, wälzt ihn auf mich zu, verdeckt alles, und ich höre das Opfer und Gottes vollkommenes Werk und das Martyrium der Heiligen .
    »Vielleicht, kleiner Todd«, antwortet er.
    Und er legt sein Gewehr auf die Kanzel.
    Ich muss schlucken, umklammere das Messer noch fester. Er blickt zu Viola und lacht leise vor sich hin. »Nein«, sagt er. »Kleine Mädchen könnten das ausnutzen, nicht wahr?« Und wie beiläufig schleudert er das Gewehr über den Felsvorsprung in den Wasserfall.
    Es geht so schnell, aber dann ist es weg.
    Jetzt gibt es nur noch mich und Aaron.
    Und das Messer.
    Er breitet die Arme aus, und mir wird klar, dass er jetzt der Priester ist, dass er jetzt auf seiner eigenen Kanzel steht, daheim in Prentisstown. Er lehnt sich mit dem Rücken gegen den Stein und hebt die geöffneten Hände, hebt die Augen zu dem weißen, glänzenden Dach aus Wasser über uns.
    Lautlos bewegt er seine Lippen.
    Er betet.
    »Du bist wahnsinnig«, sage ich.
    Er schaut mich an. »Ich bin auserwählt.«
    »Du willst, dass ich dich töte.«
    »Falsch, Todd Hewitt«, sagt er und kommt einen Schritt auf mich zu. »Der Hass ist der Schlüssel zu allem. Der Hass ist es, der alles in Gang hält. Hass ist das reinigende Feuer, das ein Soldat durchschreiten muss. Hassen muss der Soldat.«
    Er kommt einen weiteren Schritt auf mich zu.
    »Ich will nicht, dass du mich tötest«, sagt er. »Ich will, dass du mich ermordest.«
    Ich weiche ein Stück zurück.
    Um seine Lippen zuckt es spöttisch. »Hat der Junge den Mund zu voll genommen?«
    »Weshalb?«, frage ich und weiche noch etwas weiter zurück. Auch Viola weicht zurück bis an die Wand mit dem Bild von New World. »Weshalb tust du das? Was hat das für einen Sinn?«
    »Gott hat mir meinen Weg offenbart«, sagt er.
    »Ich bin nun schon fast dreizehn Jahre alt«, sage ich, »und alles, was ich gehört habe, kam von Männer.«
    »Gott wirkt durch die Männer«, erwidert Aaron.
    »Das Böse auch«, sagt Viola.
    »Ah«, sagt Aaron. »Es spricht Worte der Versuchung, um uns einzulullen ...«
    »Halt den Mund!«, herrsche ich ihn an. »Sprich nicht mit ihr.«
    Jetzt bin ich hinter der letzten Bankreihe angelangt. Ich weiche nach rechts aus, Aaron folgt mir, bis wir uns langsam im Kreis bewegen. Aarons Hände sind noch immer zum Gebet erhoben, mein Messer ist ausgestreckt. Viola ist hinter mir, in einem Nebel, der alles benetzt. Die Kirche dreht sich langsam um uns, der Fels ist noch immer glitschig, die Sonne lässt die Wand aus Wasser noch immer gleißend hell erscheinen.
    Und das Dröhnen, das unaufhörliche Dröhnen.
    »Du solltest die letzte Bewährungsprobe sein«, sagt Aaron. »Der letzte Junge. Derjenige, der uns zu einem Ganzen schmiedet. Wenn du in der Armee bist, dann gibt es kein schwachesGlied mehr. Dann sind wir wahrlich auserwählt. Wenn einer von uns fällt, dann fallen wir alle, Todd. Und wir alle müssen fallen.« Er ballt die Fäuste und blickt nach oben. »Nur dann werden wir neu geboren! Nur dann können wir diese verfluchte Welt verwandeln ...«
    »Ich hätte es nicht getan«, unterbreche ich ihn. »Ich hätte niemanden getötet.«
    »Ach ja, Todd Hewitt«, sagt Aaron. »Und deshalb glaubst du, du bist etwas ganz Besonderes, nicht wahr? Der Junge, der nicht töten kann.«
    Ich riskiere einen Seitenblick zu Viola, die nur ein paar Schritte entfernt neben mir steht. Wir laufen immer noch im Kreis durch die Kirche.
    Viola

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