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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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dazu noch meine Schwester.«
    »Und das ist meine Schwester«, sagt eine Frau und öffnet die Tür. Vor uns steht eine plumpere, jüngere, sorgenvollere Ausgabe von Hildy.
    »Francia«, sagt Hildy.
    »Hildy«, sagt Francia.
    Sie nicken sich zu. Sie umarmen sich nicht oder schütteln sich die Hände, sie nicken nur.
    »Was fällt dir ein, solche Unruhe in mein Dorf zu bringen?«, sagt Francia und mustert uns.
    »Ach, ist das neuerdings dein Dorf?«, erwidert Hildy und mit einem Blick auf uns fügt sie hinzu: »Wie ich bereits zu Matthew Lyle gesagt habe, es sind nur zwei Frischlinge, die Zuflucht bei uns suchen.« Zu ihrer Schwester gewandt fügt siehinzu: »Und wenn Farbranch keine Zuflucht ist, Schwester, was dann?«
    »Ich spreche nicht von den beiden«, sagt Francia und verschränkt die Arme. »Sondern von der Armee, die ihnen folgt.«

18
    Farbranch
    »Armee?«, sage ich. Bei diesem Wort verkrampft sich mein Magen. Viola spricht das Wort zur selben Zeit aus wie ich, aber diesmal ist es ernst.
    »Welche Armee?«, fragt Hildy stirnrunzelnd.
    »Gerüchte erreichen uns, dass sich auf der anderen Seite des Flusses eine Armee sammelt«, antwortet Francia. »Männer auf Pferden. Prentisstown-Männer.«
    Hildy schürzt die Lippen. »Wohl wahr, fünf Männer auf ihren Pferden«, sagt sie. »Keine Armee. Das ist nur der Spähtrupp, den man unseren beiden Frischlingen hinterhergeschickt hat.«
    Francia wirkt nicht sonderlich überzeugt, ich habe noch nie so energisch verschränkte Arme gesehen.
    »Eine Brücke über die Schlucht gibt’s nicht mehr«, fährt Hildy fort. »Es wird also so schnell keiner nach Farbranch gelangen.« Sie wirft uns einen Blick zu. »Eine Armee«, sagt sie kopfschüttelnd. »Also wirklich.«
    »Wenn es eine Bedrohung gibt, Schwester«, sagt Francia, »dann ist es meine Pflicht ...«
    Hildy verdreht die Augen. »Erzähl mir nichts von deinen Pflichten, Schwester«, sagt sie und geht an Francia vorbei zur Tür. »Schließlich habe ich diese Pflichten eingeführt. Kommtschon, ihr zwei, jetzt werden wir euch erst einmal ins Haus bringen.«
    Viola und ich rühren uns nicht vom Fleck. Francia macht keine Anstalten, uns hineinzubitten. »Todd?«, bellt Manchee zu meinen Füßen.
    Ich hole tief Luft und gehe die Stufen hinauf. »Wie geht’s, Midim?«, frage ich.
    »Madam«, flüstert Viola mir von hinten zu.
    »Wie geht’s, Madam«, sage ich ungerührt. »Ich bin Todd. Das ist Viola.« Francias Arme sind immer noch so fest verschränkt, als bekäme sie einen Preis dafür. »Es waren wirklich nur fünf Männer«, versichere ich ihr, obwohl das Wort »Armee« noch in meinem Lärm nachhallt.
    »Und das soll ich dir glauben?«, sagt Francia. »Einem Jungen, der gesucht wird?« Sie blickt zu Viola hinunter, die am Fuß der Treppe verharrt. »Wohl wahr, ich kann’s mir schon denken, weshalb sie hinter dir her sind.«
    »Jetzt hör endlich auf, Francia !«, mischt Hildy sich ein und hält die Tür für uns auf.
    Francia dreht sich um und schubst Hildy beiseite. »Vielen Dank auch, aber ich darf wohl noch selbst entscheiden, wer mein Haus betritt«, sagt sie. Zu uns gewandt fügt sie hinzu: »Na, dann kommt mal rein.«
    Und so erfahren wir doch noch die Gastfreundschaft von Farbranch. Kaum sind wir im Haus, fangen die Schwestern an zu streiten, wo Francia uns für die Dauer unseres Aufenthalts unterbringen kann. Hildy trägt den Sieg davon und Francia zeigt Viola und mir zwei nebeneinanderliegende kleine Kammern im Obergeschoss.
    »Dein Hund muss draußen schlafen«, erklärt Francia.
    »Aber er ist ...«
    »Keine Widerrede«, sagt sie und verlässt das Zimmer.
    Ich gehe ihr nach bis zum Treppenabsatz. Sie dreht sich kein einziges Mal um, als sie die Stufen hinabsteigt. Kaum ist sie unten, höre ich, wie sie und Hildy sich bereits wieder zanken, auch wenn sich die beiden offensichtlich bemühen, leise zu sein. Viola kommt aus ihrem Zimmer und hört ebenfalls zu. Wir stehen da und überlegen.
    »Was hältst du davon?«, frage ich sie nach einer Weile.
    Sie schaut mich gar nicht erst an. Dann ändert sie ihre Meinung und sieht mich doch an.
    »Ich weiß nicht«, sagt sie. »Was hältst denn du davon?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Sie scheint nicht sehr erfreut darüber zu sein, uns hier zu haben. Trotzdem fühle ich mich sicherer als zuvor. Hinter festen Mauern, du weißt schon.« Wieder zucke ich die Schultern. »Außerdem wollte Ben, dass wir hierhergehen.«
    Was ja auch stimmt. Was aber andererseits

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