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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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stieß mich durch den entstandenen Spalt nach draußen.
    »Warte hier!«, fuhr er mich an und drückte mich gegen die Rückwand des Hauses.
    Ich ging hustend in die Knie. Gierig sog ich die frische Luft ein, versuchte mit jedem Atemzug, den Rauch und das Tränengas aus meinen Lungen zu treiben, während mein Blick Ravenwoods verschwommenen Umrissen folgte.
    Er hatte das hintere Ende der Hauswand noch nicht erreicht, als Skyler um die Ecke bog. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich noch einmal so sehr freuen würde, ihn zu sehen.
    Eine Pistole auf den Hexer gerichtet kam er näher. »Calder Ravenwood«, wie ein Donnerhall durchbrach seine Stimme die Stille. »Kraft meines Amtes als Ermittler der Einheit zur Aufspürung und Eindämmung magischer Auswüchse erkläre ich Ihnen im Namen des Ministeriums die Verhaftung. Hände an die Wand. Beine auseinander und keine Bewegung.«
    »Ein Sucher?« Ravenwood lachte. »Seit wann nimmt das Ministerium Kinder in seinen Dienst?«
    Dieses Kind würde ihm den Arsch aufreißen.
    Der Hexer dachte nicht daran, Skylers Aufforderung zu folgen. Statt sich zu ergeben, sprang er zur Seite. Der Lauf der Pistole folgte seiner Bewegung. Skyler drückte den Abzug. Ein Schuss knallte. Blut spritzte aus Ravenwoods Oberschenkel. Mit einem zornigen Brüllen riss er den Arm in die Höhe und feuerte einen Blitz auf Skyler ab.
    Dieser warf sich zur Seite. Der Blitz verfehlte ihn, traf jedoch die Waffe in seiner Hand. Skyler schrie auf und ließ sie fallen. Mit einem dumpfen Laut landete die Pistole im Gras. Selbst durch den Tränenschleier hindurch sah ich, dass sie qualmte und auf eigenartige Weise verformt aussah. Nutzlos.
    Ich streifte die Lederfesseln ab, die lose von meinen Handgelenken baumelten. Unentschlossen kniete ich im Gras, unsicher, ob ich bleiben und Skyler helfen oder die Gelegenheit zur Flucht nutzen sollte. Wenn Skyler den Kampf gewann, hatte ich eine Chance. Die Folie war noch immer unversehrt, ich brauchte sie nur wieder über den Chip zu legen und konnte untertauchen.
    Ravenwood würde sich nicht geschlagen geben. Er war niemand, der sich lebend fassen ließ. Wenn Skyler ihn tötete, war ich nicht nur ihn, sondern auch die Seele los, die mit seinem Tod im Nichts vergehen würde. Wenn der Hexer jedoch die Oberhand behielt …
    Bevor ich entscheiden konnte, was ich tun sollte, musste ich etwas gegen das Tränengas unternehmen. Solange ich kaum etwas sah und mehr hustete, als zu atmen, war ich niemandem eine Hilfe. Mir selbst am allerwenigsten.
    Während Skyler und der Hexer einander langsam umkreisten, verschaffte ich mir einen Überblick von der Umgebung. Das Haus stand auf einer großen Lichtung, deren Ränder eine dichte Front aus Eichen und Birken säumte. Von irgendwoher drang ein gedämpftes Plätschern an mein Ohr. Ein Bach. Genau das, was ich brauchte!
    Ohne den Männern weitere Beachtung zu schenken, rappelte ich mich auf und folgte dem Plätschern. Es führte mich um das Haus herum, dann sah ich ihn. Verschwommen zwar, aber deutlich genug, um meinen Weg zu finden. Ein schnell fließendes Gewässer, keine zwei Meter breit und nicht einmal zwanzig Meter von der Hütte entfernt.
    Ich stolperte über die Wiese und ließ mich am Ufer auf die Knie fallen. Mit den Händen schöpfte ich Wasser und versuchte mir damit die Augen auszuspülen. Ein ziemlich sinnloses Unterfangen, das nicht mehr brachte, als dass mein Gesicht sauber wurde. Um endlich die Reste des Gases aus meinen Augen zu bekommen, beugte ich mich nach vorne und tauchte den Kopf unter Wasser.
    Mit geöffneten Augen ließ ich das kühle Nass über mein Gesicht strömen, bewegte den Kopf mal zur einen und mal zur anderen Seite, um das Wasser aus jedem erdenklichen Winkel in meine Augen zu bekommen. Die Kälte linderte das Brennen. Ich verharrte noch ein paar Sekunden länger, bevor ich mich wieder aufrichtete.
    Das heißt: Ich wollte mich aufrichten.
    Ein plötzlicher Druck in meinem Nacken zwang meinen Kopf nach unten, hielt ihn unter Wasser gedrückt. Ich kämpfte dagegen an, versuchte die Finger abzuschütteln, diemich gepackt hielten. Meine Hände glitten durch die Luft, ohne jedoch auf etwas zu stoßen. Mein Kopf war schon viel zu lange unter Wasser. Ich brauchte Luft. Musste atmen. Panisch schlug ich um mich, versuchte mich zu befreien oder zumindest herumzuwerfen, um mein Gesicht aus dem Wasser zu bekommen.
    Meine Finger stießen auf etwas, doch es war keine feste Gestalt, sondern fühlte sich eher an wie eine

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