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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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kannte, musste er doch wissen, dass ich mir eher die Zunge abbeißen würde, als ihm etwas vorzuheulen. Ganz besonders nach allem, was zwischen uns geschehen war.
    Ich streckte meinen Geist nach Lavinia aus, versuchte ihre Gefühle zu erreichen, doch sie lachte nur. Ich weiß, was du vorhast, kleine Zauberin.
    Damit war mein Vorhaben gestorben. Gefühle ließen sich nicht beeinflussen, wenn das Opfer wusste, was ich tat. Falls es doch möglich war, war es eine Form, die ich nicht beherrschte.
    Skyler kam näher. Meine Finger klammerten sich fester um das Scheit, die Muskeln in meinem Arm zuckten, bereit, jeden Moment zuzuschlagen. In Skylers Rücken erhob sich Ravenwood. Ich wollte ihn warnen, doch noch immer gehorchten mir meine Stimmbänder nicht. Der Hexer wirkte geschafft und müde, womöglich zu müde, um weitere Magie einzusetzen. Meine anfängliche Erleichterung verflog jedoch schlagartig, als er den Athame zog, der erstaunlicherweise noch immer an seinem Gürtel steckte. Das Lichtfing sich in der langen Klinge und blendete mich, als er die Waffe hob.
    »Hältst du noch einen Moment durch?«, fragte Skyler. »Ich muss ihm nur noch Handschellen anlegen, dann kümmere ich mich um dich.«
    Verdammt, dreh dich um! Sieh nach hinten!
    Ravenwood kam näher. Ich kämpfte gegen die Vorherrschaft der Seele an, warf mich gegen die Mauer, hinter der sie mich in meinem eigenen Körper eingesperrt hatte, und versuchte sie zu durchbrechen.
    Der Hexer hatte Skyler fast erreicht.
    »Hinter …«, war alles, was mir über die Lippen kam, bevor mich die Seele kreischend zu Boden warf und meinen Willen zurück in das Gefängnis stieß, das sie mit ihrem Geist – vielleicht auch mit ihrer Magie – in meinem Innersten für mich errichtet hatte.
    Das eine Wort jedoch hatte genügt.
    Skyler reagierte sofort. Er fuhr herum, wich noch in der Drehung zur Seite aus, sodass ihn der Dolch, der von hinten auf sein Herz gezielt hatte, lediglich an der Schulter erwischte.
    Der Hexer riss die Waffe sofort wieder aus Skylers Fleisch und setzte nach. Skyler jedoch bekam ihn beim Handgelenk zu fassen und stoppte den Angriff noch in der Luft. Sie rangen jetzt um den Dolch. Immer wieder kam die Klinge Skylers Hals und Gesicht gefährlich nahe, ehe es ihm gelang, Ravenwoods Hand zurückzudrängen.
    Noch immer unter der Kontrolle der Seele war ich zum Zusehen verdammt. Lavinia hatte recht gehabt, die Runen konnten sie nicht aufhalten. Alles, was sie bewirkten, war, dass ich nicht länger in der Dunkelheit versank, sobald sie die Herrschaft übernahm. Stattdessen musste ich mit ansehen, was sie tat, ohne das Geringste dagegen ausrichten zu können.
    Ich begriff erst, dass sich meine Beine in Bewegung gesetzt hatten, als ich Skyler plötzlich immer näher kam. Wir kamen von hinten. Er bemerkte uns nicht. Meine Hand schloss sich fester um das Scheit. Ich versuchte die Muskeln zu lockern und sie dazu zu bringen, es fallen zu lassen. Ohne Erfolg. Da hatte ich eine Idee. Wenn ich nicht gegen den Willen der Seele ankam, dann würde ich ihn eben unterstützen. Ich sandte einen Impuls an meine Muskeln, befahl ihnen, fester zuzugreifen. Das schien Lavinia zu gefallen, zumindest hinderte sie mich nicht daran und ließ zu, dass ich den Griff um das Holzscheit weiter verstärkte.
    Wenn du glaubst, den Angriff auf Calder lenken zu können, irrst du dich , erklang ihre Stimme in meinem Geist.
    Und wenn sie glaubte, dass das mein Ziel war, irrte sie sich. Ich drückte zu, immer weiter und weiter, bis ich einen hässlichen ziehenden Schmerz in meinem Handgelenk verspürte. Die Muskeln zogen sich in heftigen Kontraktionen zusammen. Der Krampf zwang mich – uns –, das Scheit fallen zu lassen.
    Mit einem dumpfen Laut schlug es auf dem Boden auf.
    Du verdammtes Miststück!
    Ihr Zorn lenkte sie so weit ab, dass es mir gelang, die Oberhand über meinen Körper zurückzugewinnen. Ich sprintete los, lief so schnell ich konnte, um mein Ziel zu erreichen, ehe Lavinia erneut die Kontrolle übernahm.
    Mit langen Schritten stürmte ich auf das Haus zu, sprang durch das Loch, das Calder in die Wand getreten hatte, und lief in den Wohnraum. Mit dem Fuß fegte ich die Kerzen am Pentagramm zur Seite, dann griff ich mir die rote Farbe, mit der er die Zeichen auf den Boden angebracht hatte. Ich riss den Deckel herunter und schüttete den Inhalt über dem Pentagramm aus, während ich gleichzeitig darin herumlief und die Farbe so gut wie möglich über den Schriftzeichen

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