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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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erwischt zu werden, tendierte gegen null, weshalb ich mich auch hin und wieder dazu hinreißen ließ, einen aufgebrachten Lehrer zu besänftigen, damit er uns keine zusätzlichen Aufgaben auftrug, oder eine der Kantinenangestellten dazu zu bringen, mir einen zusätzlichen Pudding zu geben, einfach weil sie sich gerade so ausgeglichen fühlte. In dem Zustand, in dem Kim sich befunden hatte, wäre ich damit allerdings nicht weitergekommen. Ich hätte sie berühren und mich konzentrieren müssen, um etwas an ihrem Zorn zu ändern. Abgesehen davon, dass sie mich vermutlich aus den Schuhen hauen würde, sobald ich es wagen sollte, sie anzufassen, war das Risiko, dass sie bemerkte, wie ich die Schwingungen ihres Geistes manipulierte und sie ihren Zorn vergessen ließ, einfach zu groß. Viel größer, als bei der Ausführung eines Fluchs erwischt zu werden, für den ich mein Opfer nicht einmal ansehen musste.
    Das war es mir nicht wert.
    Das kurze Gefühl der Befriedigung hätte mir nicht einmal den Fluch wert sein dürfen.
    Ein Schatten legte sich über den Tisch und riss mich aus meinen Gedanken. Als ich aufsah, stand Max vor uns. Er begrüßte mich mit einem netten, fast schüchternen Lächeln.
    »Tut mir leid wegen Kims Auftritt heute Mittag«, sagte er.
    Ich zuckte die Schultern.
    »In Zukunft bist du sie garantiert los. Ich habe nämlich etwas, womit ich ihr ein für alle Mal beweisen werde, dass sie die Einzige für mich ist.«
    Es war wirklich erstaunlich. Kim mochte die zweite Wahl für ihn gewesen sein, doch aus irgendeinem Grund schien Max sie wirklich gernzuhaben.
    Vielleicht hätte ich etwas sagen sollen, doch mir wollten einfach keine passenden Worte einfallen. Mir stand weder der Sinn danach, Kims Verhalten herunterzuspielen, das hatte ich Skyler gegenüber schon getan, noch wollte ich irgendwelche Racheschwüre ausstoßen, die mir nur Ärger einhandeln würden. Also schwieg ich.
    Max wandte sich an Skyler. »Ein paar von uns spielen noch eine Runde Basketball. Inoffiziell, kein richtiges Training. Hast du Lust?«
    Skyler bedachte mich mit einem fragenden Blick. Als ich nickte, packte er seine Bücher zusammen und stand auf. »Wir sehen uns morgen.«
    »Sicher.« Oder aber du hast morgen bereits neue Freunde und ich bin dich los. Komisch nur, dass mir der Gedanke einen Stich versetzte.

 4 
    Am nächsten Morgen erwachte ich gerädert und wieder einmal viel zu früh aus dem üblichen Albtraum. Unausgeschlafen und mit dem Nachhall der Erinnerung im Kopf tappte ich ins Bad. Die kalte Dusche verscheuchte die letzten Echos meines Traums und ließ mich wacher werden, als jeder Kaffee es vermocht hätte.
    Als ich wenig später den Speisesaal erreichte, lehnte Skyler neben der Tür an der Wand. Den Rucksack locker geschultert, die Krawatte auf halbmast und das Haar noch vom Schlaf zerzaust, wirkte er unheimlich lässig. Auf jeden Fall sah er reichlich rebellisch aus, was für einen Neuling ziemlich mutig war.
    Sobald er mich sah, stieß er sich von der Wand ab und kam mir entgegen. »Guten Morgen.« Sein gut gelauntes Grinsen wich einem Stirnrunzeln, als er mich musterte. »Geht es dir nicht gut?«
    »Warum?«
    »Du bist blass und siehst irgendwie … zerknittert aus.«
    Na, vielen Dank auch. Immerhin erkannte ich meine Chance, ihn auf Abstand zu halten. Wenn ich ihm klarmachen konnte, dass ich ein Morgenmuffel war (auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entsprach), den man in den ersten zwei Stunden des Tages am besten in Ruhe ließ, würde ihn das vielleicht verjagen. »Nicht besser oder schlechter als an jedem Morgen.« Was nicht einmal gelogen war. »Falsche Uhrzeit. So früh bin ich noch nicht auf Betriebstemperatur.«
    »Dann halte ich wohl besser die Klappe. Komm, trinken wir einen Kaffee.«
    Wir betraten den Speisesaal, holten Kaffee, Toast undRührei und suchten uns einen freien Tisch. Zu meinem Erstaunen schaffte Skyler es tatsächlich, still zu sein. Die ganze Zeit über sagte er kein Wort, war aber aufmerksam genug, mir den Zuckerstreuer rüberzuschieben und meine Serviette aufzuheben, als sie mir herunterfiel.
    Das Schweigen war nicht unangenehm. Es war nicht die Art von Stille, bei der einen der Drang erfasste, sie unbedingt füllen zu müssen, trotzdem gab es etwas, das ich wissen musste.
    »Warum bist du nicht bei Max?«
    Skyler, der gerade von seinem Kaffee getrunken hatte, stellte die Tasse auf den Tisch zurück. »Warum sollte ich?«
    Ich zuckte die Schultern. »Um Männerfreundschaften zu

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