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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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antreten konnten. Was anfangs noch gesittet ablief, artete immer mehr in ein Gefecht aus, bei dem wir gegenseitig versuchten, uns vom Gewinnen abzuhalten, indem wir uns leichte Rempler verpassten, einander aus dem Gleichgewicht brachten oder einfach nur in die Seite stießen, um die Konzentration des jeweils anderen zu brechen. Bald schon saßen wir außer Atem und lachend auf dem Boden, während wir noch immer versuchten, unseren Kampf auf dem Bildschirm auszufechten. Als Skyler merkte, dass er im Boxen keine Chance gegen mich hatte, nahm er mich kurzerhand in den Schwitzkasten und begann mich zu kitzeln, bis ich den Controller fallen ließ.
    Lachend japste ich nach Luft, und als ich den Kopf hob, waren sich unsere Gesichter plötzlich ganz nah. Sein Arm lag um meiner Taille, unsere Beine hatten sich ineinander verheddert und unser Atem vermischte sich in der Luft zwischen uns. Der Geruch seines Aftershaves stieg mir in die Nase, und für einen Moment war ich versucht, die Augen zu schließen und mich fallen zu lassen. Dann sah ich, wie sich seine Lippen den meinen näherten.
    »Du hast mit unlauteren Mitteln gespielt.« Die Situationhatte ihre spielerische Leichtigkeit verloren, trotzdem bemühte ich mich, mein Lachen beizubehalten, als ich ihn von mir schob und aufstand.
    Ich sah die Enttäuschung in seinen Blick, und für den kurzen Moment, bevor meine Angst vor zu viel Nähe die Überhand gewann, empfand ich dasselbe. Die letzten Tage hatte ich so viel Zeit mit ihm verbracht, dass sich seine Gesellschaft inzwischen vollkommen normal anfühlte. Verflucht, ich hatte sogar meine üblichen Treffen mit Mercy und den anderen abgesagt oder Skyler mitgeschleppt, nur um in seiner Nähe zu sein. Dabei hatte ich doch nur Zeit mit ihm verbringen wollen, um ihm klarzumachen, dass er gar nicht mit mir zusammen sein wollte.
    Aus Angst vor einem weiteren innigen Moment hob ich meinen Controller auf und drückte ihn Skyler in die Hand. »Ich muss noch etwas erledigen«, sagte ich und verließ fluchtartig den Raum.
    Auf dem Gang stieß ich mit Kim zusammen. Sie hatte einen Becher Kaffee in der Hand und verschüttete einen Teil davon über ihre Bluse.
    »Pass doch auf!« Dann erkannte sie mich und ihre ohnehin wütende Miene wurde eisig. »Hast du überhaupt eine Ahnung, was so eine Bluse kostet, du blöde Kuh?«
    »Tut mir leid.« Ärger mit Kim hatte mir jetzt gerade noch gefehlt. »Hör mal, ich muss sowieso meine Wäsche machen, warum gibst du sie mir nicht und ich kümmere mich um den Fleck?«
    »Spinnst du? Das ist reine Seide! Die vertraue ich doch nicht einem Trampel wie dir an! Alles, was du bekommst, ist die Rechnung der Reinigung.«
    »Meinetwegen.«
    »Das stört dich wohl nicht«, ätzte sie. »Die reichen Pflegeeltern werden schon bezahlen, was? Du widerlicheSchmarotzerin! Schämst du dich eigentlich nicht, dich ins gemachte Nest zu setzen?«
    Bevor ich mich zu einer wütenden Antwort hinreißen lassen konnte, ließ ich sie stehen.
    »Ich frage mich, was mit dir nicht stimmt, dass deine Eltern dich nicht haben wollten«, hörte ich sie hinter mir rufen. »Ach nein, die sind ja tot. Die haben dich wohl auch nicht mehr ertragen.«
    Nur mit Mühe konnte ich mich dazu zwingen, nicht kehrtzumachen und ihr eine zu verpassen. Den Blick starr geradeaus gerichtet, ging ich weiter. Erst als ich den Gang verließ und durch eine Tür das Treppenhaus betrat, bemerkte ich, dass meine Hände schmerzten. Ich hatte sie so fest zu Fäusten geballt, dass ich Mühe hatte, meine Finger wieder zu öffnen.
    Um mich von meinem Zusammenstoß mit Kim und dem etwas andersgearteten Beinahe-Zusammenstoß mit Skyler abzulenken, war Wäschewaschen genau die richtige Beschäftigung. Ich schnappte mir den Wäschekorb und machte mich auf den Weg. Auf dem Gang traf ich Lily.
    »Hey, Raine, denkst du an Tys Zimmerparty?«, rief sie mir im Vorbeigehen zu. »Bring Skyler mit. Der ist niedlich.«
    Meine Antwort bestand aus einem unverständlichen Laut, der von Ja über Nein , bis Fahr zur Hölle alles bedeuten konnte. Zum Glück hakte Lily nicht weiter nach. Ich packte meinen Wäschekorb fester und ging zum Haupthaus hinüber. Bis zum Abendessen würde ich zumindest eine Maschine schaffen und vielleicht hatten sich meine Nerven bis dahin so weit beruhigt, dass ich mich wieder in der Öffentlichkeit blicken lassen konnte. Zum Beispiel bei Tys Party.
    Ich war die Einzige in der Waschküche, einem feuchten Raum mit niedriger Decke im Keller des Haupthauses,

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