Die Fluchweberin
ich die Worte über meine Lippen bringen sollte. Als ich es versuchte, machte sich meine trockene Kehle erneut bemerkbar. Ich begann zu husten.
Skyler sparte sich jede weitere Frage. Er hob mich auf seine Arme und trug mich aus der Waschküche. Ich hätte laufen können, zumindest vermutete ich das, doch wann immer ich versuchte etwas zu sagen, meldete sich der Hustenreiz zurück. Deshalb ließ ich zu, dass er mich aus dem Haupthaus hinüber in das Wohnheim der Mädchen trug. Der Weg zog wie im Nebel an mir vorüber, alles, worauf ich mich konzentrieren konnte, war die Luft auf meinem Gesicht und die Wärme von Skylers Händen unter meinem Körper. Nur am Rande nahm ich wahr, dass es bereits dunkel war. Und dass niemand Anstalten machte, Skyler aufzuhalten, als er mich den Gang entlang nach oben zu meinem Zimmer brachte. Die Flure waren verlassen und nur noch von der nächtlichen Notbeleuchtung erhellt. Hinter den Türen war Stille eingekehrt.
»Wie lange …?«, brachte ich hervor.
Wir hatten mein Zimmer erreicht. Skyler stellte mich vorsichtig auf die Beine, öffnete die Tür und führte mich zu meinem Bett. Sobald ich saß, sah er sich um. Auf meinem Nachttisch stand eine Wasserflasche. Er griff danach, schraubte sie auf und gab sie mir in die Hand.
Dankbar trank ich. Und trank. Und trank. Bis sich meine Kehle nicht länger wie ein Reibeisen anfühlte und ich das Gefühl hatte, wieder sprechen zu können. »Wie lange war ich fort?« Meine Stimme klang heiser, aber immerhin schmerzte das Sprechen nicht mehr. »Wie hast du …?«
Skyler war vor mir stehen geblieben und musterte mich besorgt. »Geht es dir gut? Soll ich einen Arzt rufen?«
Ich horchte in mich hinein. Mein Hals schmerzte, ebenso meine Hände, mit denen ich gegen die Tür getrommelt hatte, doch abgesehen davon, dass ich noch immer zitterte und den Nachhall der Panik in mir verspürte, schien mir nichts weiter zu fehlen. Und selbst wenn, würde ich keinen Arzt an mich heranlassen. Seit sie mich damals auf Magie getestet hatten, war ich nicht mehr in die Nähe eines Weißkittels gekommen. Die Angst, dass einer die Magie in meinem Blut entdecken könnte, hielt mich davon ab. Ich schüttelte den Kopf. »Ich will nur wissen …« Wieder musste ich husten und konnte erst aufhören, nachdem ich noch mehr Wasser getrunken hatte. Skyler setzte sich neben mich auf das Bett und legte mir einen Arm um die Schultern. Seltsamerweise half es gegen den Husten. Vielleicht tat seine Nähe auch einfach nur gut.
»Du willst wissen, wie ich dich gefunden habe?«
Ich nickte.
Seine Hand strich über meinen Arm. Ich schloss seufzend die Augen und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. »Du warst nicht beim Abendessen. Niemand, den ichgefragt habe, wusste, wo du steckst. Dann bin ich Lily begegnet und sie hat mir gesagt, dass sie dich mit einem Wäschekorb gesehen hat.« Er zuckte die Schultern. »Als ich in die Waschküche kam, war das Licht aus. Ich wollte schon wieder gehen, als ich ein Geräusch hörte. Aus der Putzkammer. Und da fand ich dich.«
Außerdem hatte er mein Zimmer gefunden. So zielsicher, als wäre er schon einmal hier gewesen. Vermutlich hatte er am Nachmittag jemanden danach gefragt, als er mich gesucht hatte. »Danke.«
»Jederzeit wieder. Obwohl es mir lieber wäre, wenn wir einfach so zusammen sein könnten, ohne dass du dich vorher einsperren lassen musst.«
»Die Tür ist hinter mir zugefallen«, sagte ich lahm.
»Ach ja? Und der Schlüssel hat sich von selbst herumgedreht?« Er hob den Kopf und sah mich an. »Das war Kim, oder?«
Ich sagte nichts, doch das war auch nicht nötig. Skyler schien die Wahrheit in meinem Gesicht ablesen zu können.
»Dieses Miststück. Ich werde sie …«
Ich löste mich aus seinen Armen und schüttelte den Kopf. »Du wirst gar nichts. Das ist sie nicht wert.«
»Nicht wert? Sieh dich an! Du bist vollkommen …«
Verängstigt , dachte ich.
»… durch den Wind«, sagte er und griff nach meiner Hand. Seine Finger strichen über meinen Handrücken und einen Herzschlag später trafen sich unsere Augen. Seine Augen waren voller Wärme und sein Blick so fesselnd und intensiv, dass ich mich nicht davon lösen konnte. Er schien gar nicht zu bemerken, dass er meine Hand noch immer streichelte. Langsam näherte er sein Gesicht dem meinen an.
Er würde mich küssen.
Und wenn nicht ein Wunder geschah, würde ich es dieses Mal geschehen lassen.
Das war der Moment, auf den es die ganze Woche hinausgelaufen war. All
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