Die Fluchweberin
anstellen?«
»Ich werde dich nächsten Sonntag in Mr Invisibles Zaubershow schleppen.«
Magiershows wurden von der Regierung zwar akzeptiert, aber nicht gerne gesehen, weshalb sie meistens in irgendwelchen alten Schuppen stattfanden und in der Öffentlichkeit wenig Beachtung fanden. Dass es überhaupt Menschen gab, die sich diese Shows ansahen, war vermutlich ihrer Faszination am Verbotenen und der Gefahr geschuldet. Natürlich wurde während dieser Shows keine echte Magie gezeigt, sondern lediglich mal mehr, mal weniger gut gelungene Taschenspielertricks, trotzdem war es für viele Menschen die engste Berührung, die sie je mit Magie haben würden. Es war ein aufregender und zugleich gefahrloser Zeitvertreib. Wenn es um diese Shows ging, gab es nur zwei Reaktionen: totale Ablehnung oder Begeisterung.
Skyler darum zu bitten, mit mir hinzugehen, war vollkommen ungefährlich, konnte mir aber vielleicht einen Hinweis auf seine wirkliche Haltung der Magie gegenübergeben. Seine Augen verengten sich, nur für einen kurzen Moment, dann jedoch trat der genießerische Ausdruck einer Katze, die eine Schüssel Sahne entdeckt hatte, in seine Züge. »Eine Zaubershow mit der zauberhaften Raine? Ich könnte mir nichts Besseres vorstellen.«
»Dann hast du dein Date.«
Er stieß sich von der Wand ab, machte einen Schritt von mir weg und griff nach meiner Hand. »Lass uns zusehen, dass wir in die Klasse kommen, sonst fällt unser Date noch ins Wasser, weil wir wegen Zuspätkommens nachsitzen, Sklavenarbeiten ausführen oder uns in den Keller sperren lassen müssen.«
Der Vormittag zog an mir vorüber, ohne dass ich viel davon mitbekam. Immerhin schaffte ich es, die richtigen Seiten im jeweiligen Buch aufzuschlagen, an den passenden Stellen zu antworten, wenn mich jemand ansprach, und nicht gegen Wände oder geschlossene Türen zu laufen, während meine Gedanken mit Skyler beschäftigt waren. Ich freute mich mehr auf dieses Date, als ich zugeben wollte. Natürlich verfolgte ich damit meinen Plan, mehr über ihn und seine Einstellung zur Magie herauszufinden, gleichzeitig aber fühlte ich mich wie ein normaler Teenager, dem bei dem bloßen Gedanken an das bevorstehende Date das Herz höherschlug. Ich war in Skyler verliebt. Auch wenn ich es nicht gewollt hatte, konnte ich es nicht länger leugnen. Allerdings war ich nicht verrückt genug, um mich noch einmal blind in eine Liebelei zu stürzen. Ich würde ihm erst die Wahrheit über mich sagen, wenn ich zu hundert Prozent sicher war, dass ich ihm vertrauen konnte. Nein, besser: zu tausend Prozent.
Am späteren Vormittag gelang es mir, mich aus meinen Grübeleien zu befreien. Um nicht sofort wieder darin zu versinken, richtete ich meine Aufmerksamkeit auf Kim. Wennmir vor einer Woche jemand gesagt hätte, dass ich mich einmal darüber freuen würde, zu sehen, wie sie andere anblaffte und sich eben benahm, wie Kim sich für gewöhnlich benahm, hätte ich demjenigen einen Vogel gezeigt. Heute war ich einfach nur erleichtert. Kim war ganz die Alte.
Michelle und Cin hatten sich ihrem Gefolge wieder angeschlossen, nachdem sie die beiden einige Male zurechtgewiesen hatte. Nur Tanya schien sich noch dagegen zu sträuben, ihre neue Rolle als Schulkönigin wieder abzugeben. Nachdem ihre beiden Zofen jedoch wieder zu Königin Kim übergelaufen waren, würde auch sie bald aufgeben.
Der Einzige, der mir bei der ganzen Sache leidtat, war Max. Für ihn musste es ziemlich verwirrend sein, dass seine Kurzzeitsamariterin jetzt wieder die Allzeitzicke war. Mehr als einmal erwischte ich ihn dabei, wie er Kim nachdenklich musterte. Als versuche er aus ihrem Verhalten schlau zu werden. Einmal ertappte er mich dabei, wie ich ihn beobachtete, und als sich unsere Blicke trafen, lächelte er. Es war ein merkwürdiges Lächeln, fast schon unheimlich. Als sei ihm etwas klar geworden.
Als wir später beim Mittagessen saßen, schluckte Kim zwei Aspirin. Ich hatte erwartet, dass ihre Kopfschmerzen ein Ende gefunden hatten, sobald ich den Fluch von ihr nahm, doch so wie es aussah, hatten sie nichts mit meiner Magie zu tun. Wahrscheinlich hatte sie sich eine Erkältung eingefangen, oder die tagelang unterdrückte Bosheit hatte sich ein anderes Ventil gesucht und sich mit hämmernden Schmerzen in ihrem Schädel eingenistet. Ich zuckte die Schultern. Was auch immer es sein mochte, es hatte nichts mit mir zu tun.
»Oder, Raine?«
Lilys Frage riss mich aus meinen Gedanken. Ich wandte den Kopf. »Was?«
Ty
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