Die Fluchweberin
und Mercy lachten, auch Skyler musste grinsen.
»Ich sagte gerade, dass wir es vermutlich nie schaffen werden, dich dazu zu bringen, uns deine volle Aufmerksamkeit zu schenken.« Lily schüttelte den Kopf. »Irgendwie bist du mit deinen Gedanken immer woanders.«
Skyler bedachte mich mit einem zufriedenen Blick, der deutlich sagte, dass er sehr genau wusste, wo meine Gedanken waren. Allerdings irrte er sich dieses Mal. Nicht alles drehte sich um ihn. Trotzdem spürte ich, wie mein Gesicht warm wurde.
Ich seufzte. »Ich hänge mit dem Unterrichtsstoff hinterher«, behauptete ich, »und sortiere in Gedanken meine Zeitpläne, um herauszufinden, wann ich was lernen soll.«
»Kein Wunder, dass du so müde aussiehst.«
»Danke, Ty«, bemerkte ich trocken. »Du weißt wirklich, wie man das Herz eines Mädchens höherschlagen lässt.«
Er zerknüllte seine Serviette und warf sie nach mir. Skyler fischte sie aus der Luft, ehe sie in meine Reichweite gelangte, und beförderte sie zu Ty zurück, der sie lachend auffing. »Sieh an, da hat sich jemand einen Ritter geangelt.«
Mercy zog eine Augenbraue in die Höhe. »Ritter? Wirfst du wieder mit Fremdwörtern um dich, die du nicht verstehst, Ty?«
Zwei Sätze später waren die beiden in ein Wortgefecht verstrickt, dessen Inhalt wohl nur noch sie selbst verstanden. Wenn ihr Schlagabtausch einem Zuhörer etwas sagte, dann, dass hier zwei zugange waren, die das Stadium bloßer Freundschaft längst hinter sich gelassen hatten.
Lily verdrehte theatralisch die Augen und wandte sich ihrem Essen zu. Skyler murmelte etwas, das wie »hübsches Pärchen« klang, sah dabei aber nicht die beiden, sondern mich an.
Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich vollkommen entspannt. Tatsächlich wagte ich es sogar, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Skyler war toll und – ja, verflucht! – auch die Gesellschaft von Mercy und Co. kam mir nicht mehr wie eine bloße Zweckgemeinschaft vor, hinter der ich mich lediglich zu verstecken versuchte. Ich mochte die drei tatsächlich. Trotzdem nahm ich mir vor, nicht übermütig zu werden. Ganz bestimmt würde ich meine Vorsicht nicht über Bord werfen.
Ich hatte meinen Nachtisch aufgegessen und lehnte mich, meine Cola in der Hand, zurück. Wieder wurde mein Blick wie von selbst von Kim angezogen. Wenn ich ihr aus dem Weg gehen wollte, sollte ich mir das für die Zukunft tunlichst abgewöhnen. Nichts erregte Kims Aufmerksamkeit und ihre Angriffslust so sehr wie ein offener Blick.
Ich wandte meine Augen ab und sah geradewegs in Michelles geschminktes Gesicht. Überrascht, dass ich sie nicht an unseren Tisch hatte kommen sehen, zog ich eine Augenbraue in die Höhe. Das heißt, ich wollte eine Augenbraue in die Höhe ziehen, doch meine Gesichtszüge gehorchten mir nicht. Als mir bewusst wurde, dass ich nicht länger ein Glas in der Hand hielt und weder Skyler noch die anderen bei mir am Tisch saßen, klammerte sich eine eisige Faust um meinen Magen.
Einmal mehr war ich in Kims Geist gesogen worden und betrachtete die Welt durch ihre Augen. Jetzt nahm ich auch den dumpfen Schmerz hinter meiner – Kims – Stirn wahr. Kein Wunder, dass sie Tabletten schluckte, dieses Hämmern brachte einen ja um den Verstand!
Was mich im Augenblick allerdings mehr aus der Fassung brachte, war der Umstand, dass ich mich schon wieder in ihrem Kopf befand. Der Fluch existierte nicht mehr! Warum bestand dann die Verbindung zwischen uns noch?
»Es gefällt mir, wie du dein Haar heute trägst«, flötete Michelle gerade. Oh Mann, sie legte es wirklich darauf an, Kims Gunst zurückzuerobern. »Es sieht so viel weicher aus.«
So weich wie dein Hirn . Es war Kims Gedanke, den ich auffing. Entweder hatte sie auch in ihren typischen Kim-Zeiten keine sonderlich gute Meinung von ihren Freundinnen oder aber ihre Gedanken waren noch eine Nachwirkung meines Fluchs. Ich tippte auf Ersteres. Während Michelle weiterplapperte, wurde mir schwindlig, so schlimm, dass mir regelrecht übel wurde. Ich fühlte mich dermaßen schlecht, dass ich nicht mehr sagen konnte, ob das Kims Zustand war, der sich auf mich übertrug, oder ob es tatsächlich mein eigenes körperliches Befinden war. Obwohl ich noch immer in Kims Kopf gefangen war, tastete ich mit meinem Geist nach ihrer Aura. Es wollte mir nicht gelingen. Die Übelkeit überlagerte alles und machte es mir unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen.
Michelle redete und redete und nach einer Weile mischte sich auch Cin
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