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Die Flüchtende

Die Flüchtende

Titel: Die Flüchtende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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hungrig und erschöpft ihren Stolz hinunterschluckte, zu Hause anrief und um Hilfe bat. Um Verzeihung bettelte und bat, wieder nach Hause kommen zu dürfen.
    «Wir schicken dir Geld. Wie lautet deine Adresse?»
    Sie bekam einen Kloß im Bauch, als sie daran dachte. Wie viele Male sie das hatte ungeschehen machen wollen! Es war unerträglicher als alles andere, was sie durchgemacht hatte. Dass sie, als sie das letzte Mal mit ihrer Mutter gesprochen hatte, noch einmal um Entschuldigung gebeten hatte.
    Doch von da an war Geld gekommen. Es hatte ihr im Bodensatz der Gesellschaft einen gewissen Status verschafft, und wegen dieses Geldes und ihres Dialekts war sie die Königin von Smäland geworden.
    Dann begannen die verschwundenen Jahre. In denen sie ihre ganze Energie darauf verwandte, den Rausch am Leben zu erhalten, damit nichts eine Rolle spielte. Solange das Gehirn abgeschaltet war, ließ sich alles ertragen. Es gab sogar etwas, was man in all dem Verfall für Geborgenheit halten konnte. Es war alles akzeptiert und keiner stellte irgendetwas in Frage. Langsam, aber sicher kam sie auch mit den verächtlichen Blicken zurecht, die ihr vom vorbeigehenden Normalvolk zugeworfen wurden. Als Quittung für ihr Außenseitertum. Und für ihre Zugehörigkeit zu den anderen.
    Sechs Jahre vergingen. Sechs Jahre außerhalb der Zeit.
    Doch dann kam der Wendepunkt. Als sie bei Slussen unter einer Bank verkatert und verkotzt in ihrem eigenen Kot aufwachte und eine total verwunderte Kindergartengruppe um sich stehen hatte.
    «Fräulein. Warum liegt die da?»
    «Warum stinkt die so?»
    Eine Wand aus Kinderaugen, die voll Erstaunen ihren ersten Einblick in die Kehrseite des Lebens erhielten, bevor die beschützende Kindergartentante, eine Frau in ihrem Alter, sie von dort wegjagte.
    « Guckt da nicht hin!»
    Und dann die entsetzliche Einsicht, dass ihr Sohn eins dieser Kinder sein könnte.
    Dass sie selbst den lebenden Beweis dafür lieferte, wie richtig die Wahl ihrer Mutter gewesen war.
    Sie drehte sich wieder um und betrachtete ihren neu gewonnenen Zimmergenossen. Offenbar hatte er am Ende doch einschlafen können. Sie kroch aus ihrem Schlafsack, ging zu ihm und legte ihm ihre Jacke über. Er war auf dem Rücken eingeschlafen und hatte, um sich zu wärmen, die Arme um sich geschlungen.
    So jung.
    Alles noch vor sich.
    Irgendwo war auch ihr Sohn fast so groß geworden.
    Sie ging zu ihrem Platz zurück und kroch wieder in ihren Schlafsack.
    Sie konnte nicht länger auf diesem Dachboden bleiben. Noch sin paar Tage und sie würde wahnsinnig werden.
    Als sie diesen Gedanken formulierte, wurde ihr klar, dass im Laufe des Abends etwas in ihr geschehen war. Etwas Gutes. Sie drehte den Kopf und sah ihren Nachtgast an. Er hatte etwas mitgebracht, als er kam. Nicht nur Spareribs und Coca-Cola, sondern etwas Wichtigeres. Eine Art Ehrfurcht und Respekt vor ihr als Mensch. Aus einem unerforschlichen Grund war ausgerechnet er hier auf dem Dachboden aufgetaucht. Durch seine unverhohlene Bewunderung war auf unerklärliche Weise jener Trieb wieder erweckt worden, den sie seit Tagen verloren geglaubt hatte.
    Der Wille weiterzumachen, trotz allem.
    Das schlimmste Dunkel hatte sich verzogen und sie war bereit, wieder zu kämpfen.
    Ha! Sie würden sie auch diesmal nicht kleinkriegen.
    Sie fragte sich, ob sie immer noch nach ihr suchten.
    Morgen musste sie sich eine Zeitung besorgen.
    U nd ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde vergingen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren, bereitet wie eine geschmückte Braut ihrem Mann. Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron, die sprach:
    «Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott, wird mit ihnen sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.»
    Und der auf dem Thron saß, sprach:
    «Siehe, ich mache alles neu! Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss! Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von dem Brunnen des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein. Der feigen Verleugner aber und Ungläubigen und Frevler und

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