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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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sie.
    Quilla legte einen Arm um ihre Hüfte. Zusammen gingen sie hinein.
     
    Quilla strich sich das Haar aus dem Gesicht und sah betroffen in den Regen hinaus. Der Frühling, den Mish gespürt zu haben glaubte, hatte sich noch nicht gezeigt. Wenn man dem Wetter trauen konnte, schien es immer noch Eiret Tapan zu sein, was bedeutete, daß man noch drei Monate auf den Frühling warten mußte. Dem kasirischen Kalender zufolge war es nun Tov Pel ke’Biant, und eigentlich hätte der Himmel nun warm und wolkenlos sein müssen. Daß dem nicht so war, fügte Quillas Mißmutliste einen weiteren Punkt hinzu.
    Sie hatte die vergangenen drei Wochen zusammen mit Mish im Büro verbracht. Sie hatten die Aerie-Kennerin-Konten geprüft und alte Unterlagen ausgegraben, die Mish ununterbrochen beschäftigt hielten. Jetzt, da sie im Besitz einer Voll-Lizenz waren: Hatten sie überhaupt genug Profit gemacht, um ihrer Flotte ein fünftes Schiff hinzufügen zu können? War das überhaupt nötig? Hatten sie nicht schon genug? Sie gaben zuviel Geld für die Kommunikation aus. Man sollte sich überlegen, ob es nicht wirtschaftlicher war, ein eigenes Kom-Netz zu installieren, irgend etwas, das zwischen Aerie und den Schiffen – und möglicherweise auch Althing Green – die Verbindung aufrechterhielt. Und was war mit Albion-Drake? Jetzt, da Drake nicht mehr lebte, war es vielleicht nicht unmöglich, sich in die Firma einzukaufen. Es wäre nicht schlecht, alle Fäden der Saftproduktion in der Hand zu halten. Quilla hatte alles getan, um die entsprechenden Zahlen zusammenzubekommen. Sie hatte unermüdlich gearbeitet, nachgeschlagen und aufgelistet. Nun träumte sie nachts von Zahlen. Aber endlich, heute, sah es so aus, als sei die Arbeit beendet. Mish hatte bekanntgegeben, daß sie mit dem, was sie auf Aerie getan hatte, zufrieden war. Außerdem hatte sie verfügt, daß Quilla alle weiteren Geschäfte führen sollte, während sie sich wieder auf den Weg machte, um Hetch im All zu unterstützen. Das sagte sie jedenfalls. Es sei viel zu tun dort draußen, und obwohl Jes inzwischen allerhand Erfahrungen gesammelt habe, benötige er noch ein bißchen mehr. Was Jes anging, so dachte Quilla, war er inzwischen voll ausgebildet. Mishs Wunsch, in den Raum zu gehen, bestand aus dem einfachen Verlangen, dem Planeten fern zu sein, auf dem Jason gestorben war. Quilla wußte auch dies, aber sie schwieg dazu. Jes akzeptierte das Diktum seiner Mutter ebenfalls stillschweigend und verbrachte einen Großteil seiner Zeit mit Meya im Dorf der Kasiren. Quilla beneidete sie darum. Sie hätte sich auch gerne dort aufgehalten.
    Hetch, der an diesem Morgen angekommen war, hatte sich nach dem Essen in den Regen hinausbegeben, um Jasons Grab zu besuchen. Nun kehrte er wieder zurück. Quilla hörte ihn, wie er in den Korridor kam, sich die Stiefel auf der Matte reinigte und die schwere Regenkleidung auszog. Als sie seinen Namen rief, kam er zu ihr ins Büro. Er schien abgenommen zu haben, war aber immer noch rund und kahlköpfig. Sein Gesicht sah älter aus. Er küßte sie auf die Wange, seufzte und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    „Mish ist noch nicht unten? Gut. Als ich das letztemal zu spät kam, hat sie mich zur Schnecke gemacht.“
    „Diesmal bist du sicher. Der Tee ist noch heiß. Willst du einen?“
    „Da fragst du noch?“
    Sie gab ihm eine Tasse. Hetch umfaßte sie mit seinen klobigen Händen und sah sie durch den Dampf an.
    „Es tut mir leid wegen deines Vaters“, sagte er. Quilla winkte besänftigend ab. „Ich habe ihn seit … nun, siebenundzwanzig oder achtundzwanzig Jahren gekannt und seitdem mit ihm zusammengearbeitet. Er war ein guter Mann.“ Hetch machte eine Pause. „Ich komme mir vor, als sei alles meine Schuld.“
    „Das war sie nicht, Hetch.“ Quilla nahm ihre eigene Tasse und blies in den heißen Tee. „Die Nachforschungen haben das völlig klargestellt. Du hast weder Schuld an der Sache, noch hättest du sie auf irgendeine Weise verhindern können.“
    Hetch nippte an seinem Tee und nickte unglücklich.
    Quilla stapelte die letzten Blätter aufeinander, legte sie zusammen mit einigen Spulen in einen Kasten und leerte den Schreibtisch für Mishs Konferenz mit Hetch.
    „Ich glaube, sie wird sich das Essen hierherbringen lassen“, sagte sie. „Sie wird wahrscheinlich keinerlei Zeit verlieren wollen.“
    „Das kann ich mir vorstellen“, sagte Hetch.
    In seinem Kopf schien sich allerlei zu bewegen. Dann entspannte sich sein Gesicht.

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