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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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Anzeichen sah, daß er seinen Plan geändert hatte, ging ich mühsam zum Stall hinunter und stellte mich neben ihn, während er im Heu herumkroch und am Rumpf des Bootes herumbastelte.
    „Ich sehe nicht ein, daß du das tun mußt“, sagte ich.
    „Ich will wissen, ob es dort drüben Farmland gibt“, erwiderte er mit einem Mund voller Nägel. „Unsere Bevölkerung wird wachsen, und da können wir mehr Platz gebrauchen.“ Als er nach dem Hammer griff, tätschelte er leicht meinen Bauch.
    „Hier ist Platz genug. Eine Forschungsreise kannst du auch im nächsten Jahr machen – oder im Sommer, wenn die Saat im Boden ist.“ Nachdem mein Baby geboren ist, dachte ich, aber er schien vergessen zu haben, wie er meine Signale aufnehmen sollte. Er zuckte die Achseln und brachte einen Nagel in Position.
    „Es ist besser im Frühling“, sagte er und schlug ihn ins Holz. „Dann ist das Wetter günstiger.“
    „Dann geh im nächsten Frühjahr … oder im übernächsten. Ich brauche dich hier.“
    „Es sind genug Leute (Peng!) hier, die das Säen übernehmen (Peng!) können. Niemand wird dir (Peng!) Schwierigkeiten machen (Peng!). Außerdem ist Hoku ja da (Peng!). Du brauchst dir also keine (Peng!) Sorgen zu machen.“
    Peng!
    Ich will aber nicht Hoku, dachte ich bitter, sondern dich. Jason verfolgte seine Arbeit weiter, und ich verließ den Stall, ging an den Halaeabaum und hielt mich an ihm fest.
    Am ersten Tag des Pel ke’Biant fuhr Jason ab und nahm den Anwalt Ved Hirem, den Brauer Ped Kohl, die Bildhauerin Medi Lount und eine bunt zusammengewürfelte Gruppe jüngerer Leute mit, von denen jeder einzelne voller abenteuerlicher Erwartungen war. Ich stand am Ufer und hielt meinen Bauch, während das Baby um sich trat und die Vorräte in das selbstgebaute Boot geschleppt wurden. Ich war sicher, daß die derb zusammengezimmerte Badewanne, sobald sie in die Strömung kam, mitsamt ihrer Ladung und den zehn an Bord befindlichen Kindsköpfen sinken würde, aber zu meiner Überraschung hielt sich das Boot oben, und Jason winkte mir glücklich zu, als die Riemen durch die helle Frühlingsluft schnitten und sich wie auf ein Kommando in das Wasser senkten. Ich winkte ihm wütend zurück und ging, noch bevor das Boot außer Sichtweite war. Er hatte versprochen, in zwei Wochen zurück zu sein – vor der Geburt des Babys. Ich wußte nicht, ob ich ihm glauben sollte.
    Eine Woche später kehrten drei der jungen Leute mit dem Boot zurück und berichteten, daß es der Expedition ausgezeichnet gehe. Man werde allerdings später zurückkehren als geplant. Mit ihnen zusammen verließen vier weitere Leute das Dorf, um nach To’an Betes zu gehen. Zwölf Tage danach kehrte ein anderer Kurier zurück, nahm Vorräte mit, erzählte mir, daß es den Forschern gutgehe, daß sie immer noch beschäftigt seien, und verschwand wieder mit nochmaliger Verstärkung. Vor meinem geistigen Auge sah ich Jason und seine Argonauten, wie sie nach Harpyien Ausschau hielten, sie erschlugen und versuchten, das Goldene Vlies zu stehlen. Aus meiner ursprünglichen Besorgtheit wurde nach und nach ein nörgelnder, fressender, unerfreulicher Ärger, den ich, ohne Unterschiede zu machen, an meiner Umgebung ausließ. Die Kinder fingen an, mich zu meiden, Laur ließ mich völlig in Ruhe, und Mim sah mir aus Ecken und Winkeln nach und fragte sich unzweifelhaft, in die Dienste welcher Irren sie da geraten war. Ich erwachte jeden Morgen mit der Erwartung, die ersten Wehen zu verspüren, und erhob mich mühsam, um das aus Fisch und Früchten bestehende Riesenfrühstück zu verzehren, auf dem Hoku bestand und das mir jeden Morgen unweigerlich wieder hochkam. Mein Rücken schmerzte. Ich schleppte mich in den Stall oder den Ort, hörte Auseinandersetzungen zu, unterdrückte meine Launen, versuchte aus ungefähr zweihundert Stadtmenschen Farmer zu machen, bevor die Saatzeit endete und wir einem erneuten mageren Winter gegenüberstanden.
    Obwohl die Kasiren uns während des Winters ihre Freundlichkeit bewiesen hatten, mißtrauten die Aeriten ihnen und wollten sie nicht auf den Feldern arbeiten lassen. Die Dray-Klone, die Hetch uns auf Kredit verkauft hatte, waren nicht voll ausgewachsen, und außerdem beschwerte man sich über die Pflügearbeit. Jedermann, so schien es, fühlte sich von der Feldarbeit überfordert. Man beschwerte sich über seine Nachbarn, die Unterkünfte, die Arbeit, die Kinder, das Wetter, die Kasiren, die Saat, das Land, die Pflügerei und das Essen, bis ich

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