Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
Vom Netzwerk:
freundlich geben, innerlich aber unfreundlich über uns denken. Und dann gehen wir wieder. Es wird immer monotoner.“
    Quilla lachte. „Du langweilst dich aber schnell, Palen.“
    „Es hat nichts mit Langeweile zu tun. Es ist eher so, daß wir merken, daß die Leute uns nicht mögen. Wir fühlen uns unwohl und merken, daß man uns nicht traut. Es liegt nicht an der Langeweile. Wir können das nicht ertragen.“
    „Sie werden euch doch nichts tun.“
    Palen zog einen Fuß in ihren Schoß und untersuchte die Sohle. „Bist du sicher?“
    „Ich weiß nicht. Sie sind mir genauso fremd wie dir.“
    „Aber sie gehören zu deinem Volk.“
    „Bedeutet das etwas?“ Quilla rollte sich auf die Seite und berührte Palens Fuß. „Hast du dich geschnitten?“
    „Nein, ich bin auf irgendwas getreten. Ich kann nichts erkennen.“
    „Zeig mal her. Und sitz still.“ Quilla legte Palens Fuß in ihren Schoß. Die Eingeborene legte sich ins Heu zurück und verschränkte ein paar ihrer Arme hinter dem Kopf.
    „Es ist Mittag, Quilla“, rief jemand von unten.
    „Prima. Machen wir eine Stunde Pause. Nach dem Essen kommen dann die beiden letzten Felder dran. Die Bewässerungskanäle müssen gereinigt werden. Wenn ich es schaffe, werde ich mich am Nachmittag darum kümmern.“
    Die Eingeborenen marschierten hinaus. Quilla beugte sich über Palens Fuß. Staubflocken tanzten im Sonnenlicht.
    „Du bist nicht recht bei der Sache“, sagte Palen.
    Quilla sah sie an. Die violetten Augen der Eingeborenen waren geschlossen. Das schnauzenähnliche Gesicht Palens ließ nicht erkennen, woran sie dachte.
    „Ja.“ Quilla zog erneut an ihrem Fuß. Zwischen Sohle und Ferse hatte sich etwas eingedrückt. Sie kratzte mit dem Fingernagel daran herum.
    „Willst du wieder auf Wanderschaft gehen?“
    „Ich weiß nicht.“ Quilla zog ein kleines Taschenmesser hervor und klappte es auf. Sie lachte. „Erinnerst du dich an unsere erste Begegnung? Als wir einander zu ertränken versuchten?“
    „Du hast einen komischen Humor, Albiana“, erwiderte Palen brummig. „Schneid mir bloß nicht den ganzen Fuß ab.“
    Sie waren sich zwei Tage nach Quillas Aufbruch von Cault nach Haven begegnet, und Quilla hatte angenommen, daß man ihr die große, junge Eingeborene nachgeschickt hatte, um sie auszuspionieren, für sie zu sorgen und zurückzuführen. Es hatte Quilla wütend gemacht, und Palen, die sich aufgrund eigener Probleme auf die Wanderschaft begeben hatte, stand ihr in nichts nach. Obwohl sie sich nicht hatten leiden können, waren sie zusammen weitermarschiert, hatten sich auf Kasiri über die kleinsten Kleinigkeiten gestritten und waren schließlich in einem der vielen Seen To’an Caults aufeinander losgegangen. Als sie nach Haven gekommen waren, hatten sie einander Blutsbrüderschaft geschworen. Palen behauptete, Quilla sei das einzige Lebewesen, das weniger Grips besäße als ein Vogel. Quilla war der Meinung, daß Palens Schweigen mehr aussage als ihre Worte. Wenn sie Probleme hatten, wanderten sie zusammen über die Insel. In den letzten drei Jahren waren sie nur selten voneinander getrennt gewesen.
    „Willst du wandern gehen?“ fragte Palen erneut.
    „Ich weiß nicht. Ich weiß es noch nicht.“ Quilla schob die Messerspitze unter den Stein. „Tabor will, daß ich ihn heirate.“
    „Ist das diese Albiana-Sache? Wo man sich aneinander bindet?“
    „Wie du es sagst, klingt es schrecklich. Hier, der Stein ist draußen.“
    Palen setzte sich und musterte ihren Fuß. „Danke. Es ist schrecklich. Was ihr macht, ergibt überhaupt keinen Sinn. Blute ich?“
    „Mit solchen Füßen? Komm, ich habe Hunger.“
    Quilla nahm die beiden Heugabeln, stellte sie in eine Ecke und kletterte an der Strickleiter zum Boden hinunter. Palen folgte ihr etwas langsamer. Sie benutzte gleichzeitig alle vier Arme, um nach unten zu gelangen. Sie murmelte vor sich hin. Die Kühle der Nacht war völlig vergangen; nun war es heiß. Die Luft schien stillzustehen.
    „Und wirst du es tun?“ fragte Palen, als sie an der Außenwand des Stallgebäudes saßen. Vor ihnen streckten sich die geordneten Felder der Farm aus. Dahinter lagen die dunklen, grünschwarzen Zimania -Gärten.Palen entnahm ihrem Beutel etwas zu essen und gab einen Teil davon Quilla.
    „Ich weiß es nicht. Man erwartet einfach, daß man sich verheiratet, weiß du? Meine Eltern sind es auch.“
    „Das beantwortet nicht meine Frage.“
    „Ich kann sie dir jetzt noch nicht beantworten.“ Quilla

Weitere Kostenlose Bücher