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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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sich in ihr breitgemacht hatte, war daraufhin wieder vergangen: Nun fühlte sie sich wie ein Mittelding zwischen der unglücklichen Heranwachsenden aus dem Haus der Kennerins und der Erwachsenen, die die große, unbewohnte Ebene überwunden hatte. Die bewegungslose Stille war nun nicht mehr so einfach zu erreichen. Die Worte überwältigten die Einsamkeit. Quilla hatte sich dem Naheliegendsten ergeben: Tabor und der Liebe.
    Aber die Liebe, so schien es, machte auch nicht alles wieder gut. Entweder mußte sie in den Süden gehen – oder Tabor zu ihr in den Norden kommen. Wenn sie ihn nicht sah, verzweifelte sie; waren sie jedoch zusammen, spürte sie eine Leere, die sie mit Worten und Gesten auszufüllen versuchte. Dennoch ließ die Leere sich nicht vertreiben.
    Als sie sich diesmal bewegte, ließ er sie gehen. Quilla schwang die Beine aus der Wärme in die kalte Luft und zog sich rasch an. Sie hatte gehört, daß die Kasiren sich bereits im Stall am Fuß des Hügels versammelten. Blasses Licht drang durch die Vorhänge. Sie nahm auf dem Bettrand Platz, um ihre Stiefel anzuziehen, und Tabor wandte sich um und packte ihren Arm.
    „Heirate mich, Quilla.“
    Sie sah ihn überrascht an.
    „Ich meine es ernst. So kann es doch nicht weitergehen. Im Winter sehe ich dich einen Monat lang und dann im Sommer. Das genügt mir nicht. Quilla? Wir würden gut miteinander auskommen. Unsere Leiber mögen sich jedenfalls.“
    „Bist du extra von Cault hierhergekommen, um mich das zu fragen?“ Sie lächelte nervös. Plötzlich fühlte sich ihre Haut feucht an.
    „Du hast dich nicht gefreut, mich zu sehen?“
    „Natürlich habe ich mich gefreut.“ Sie starrte auf ihre Stiefel.
    „Deine Eltern würden sich freuen, wenn wir heirateten. Ich mag nicht gerne von dir getrennt sein. Wenn du willst, könnten wir auch hier wohnen. Ich muß nicht unbedingt im Süden sein.“
    „Du hörst dich an, als würdest du mir den Hof machen.“
    „Ich habe darüber nachgedacht.“ Sein Finger streichelte ihren Arm. „Ich liebe dich.“
    „Quilla!“ rief Laur von der Küche her. Quilla sprang auf und prallte mit dem Schienbein gegen einen Stuhl.
    „Später“, sagte sie. „Ich bin zu spät dran.“
    Sie floh beinahe aus dem Zimmer. Ihr Schienbein schmerzte.
     
    Meya verschüttete den Rest ihrer Milch auf der Tischplatte, patschte mit den Fingern darin herum und zeichnete die Umrisse vierflügeliger Vögel und schwangerer Luftblüten. Quilla verfolgte ihr Tun mit einem melancholischen Blick.
    „Nicht übel“, sagte sie. „Der Flügel hier könnte aber etwas höher stehen.“
    „Quilla, hör damit auf“, sagte Laur. Die alte Frau schwenkte drohend einen Löffel. „Meya soll so was nicht tun, also hör gefälligst auf, sie noch dazu zu ermuntern, verstanden? Jes, iß gefälligst dein Frühstück auf.“
    „Jawoll, mein Kapitän“, sagte Jes. Laur runzelte finster die Stirn und ging in die Küche zurück. Jes zwinkerte Quilla zu; sie lächelte zurück.
    „Was machst du heute?“ fragte sie.
    „Nichts Besonderes. Ich habe Dene versprochen, ihr bei dem neuen Kom-System zu helfen. Ved behauptet, daß es ständig vor sich hinsummt, aber wir können den verdammten Fehler nicht finden.“ Er schob sich das letzte Stück Wurst in den Mund. „Kann ich davon noch was haben, Laur? Danke.“
    „Beim Essen spricht man nicht“, sagte Laur.
    „Und da hab ich mir gedacht, ich könnte ihr ein wenig zur Hand gehen. Jetzt, wo die Ernte eingefahren und Tabor da ist, können wir vielleicht mal ein Duett spielen. Ist er schon aufgestanden?“
    „Er kommt wohl bald runter. Meya, du ißt schön weiter, ja?“ Quilla schüttete sich und Jes noch eine Tasse Tee ein. „Hat Ved dich gefragt, ob du heute abend eine Rede hältst?“
    „Ja, denn Hetch wird nicht da sein. Ved ist übrigens der einzige, den ich kenne, der eine Rede hält, um einen dazu zu überreden, selbst eine zu halten. Dabei weiß ich gar nicht, was ich sagen soll.“
    „Ganz einfach.“ Quilla schwenkte ihre Tasse. „Du sagst, wie geehrt du dich fühlst, das Objekt ihrer Verehrung zu sein und daß es an sich ’ne Kleinigkeit war, wenngleich es natürlich einen gewissen Mumm und eine gehörige Portion Cleverness erfordert hat; daß dir Aeries Heiligenschein über alles geht und man nun aber das Tanzbein schwingen und ein Bierchen kippen solle.“
    Jes lachte, dann schüttelte er den Kopf. „Ich hab so was Ähnliches schon vor ein paar Monaten mal verlauten lassen, Quil; darauf hat man

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