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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Raum hatte jemand als Studio benutzt, und wenn man die an der Südwand ordentlich aufgereihten leeren Bierflaschen als Anhaltspunkt nahm, musste es sich um Lehrlinge wie mich gehandelt haben   – oder um einen Zauberer mit einem schweren Alkoholproblem.
    In einer Ecke lehnten ein paar sorgfältig in Packpapier eingewickelte Leinwände. Es handelte sich um Öl-Stillleben und ein ziemlich amateurhaftes Porträt einer jungen Dame, deren Verlegenheit trotz der reichlich schlampigen Ausführung offenkundig war. Das nächste Gemälde war schon professioneller ausgeführt. Es zeigte einen Gentleman, offenbar zur Zeit König Edwards, der sich lässig in dem Korbsessel zurücklehnte, den ich gerade unter einem Staubtuch entdeckt hatte. Der Mann hielt einen Stock mit Silberknauf in der Hand, und auf den ersten Blick glaubte ich, es sei Nightingale, aber der Mann auf dem Bild war älter und seine Augen waren von leuchtendem Blau. Nightingale senior vielleicht? Das nächste Gemälde, wahrscheinlich vom selben Künstler, war ein Akt, und er schockierte mich derart, dass ich das Bild zum Oberlicht trug, um es genauer betrachten zu können. Aber ich hatte mich nicht geirrt: Das war Molly, die sich da bleich und nackt auf der Chaiselongue räkelte und mich von der Leinwand her mit verhangenem Blick anstarrte. Eine Hand tauchte in eine Schale Kirschen, die auf einem Tisch neben ihr stand. Zumindest hoffte ich, dass es sich um Kirschen handelte. Das Gemälde war impressionistisch, deshalb war schwer zu sagen, was sich in der Schale befand,aber was auch immer es sein mochte, es war kleinteilig und rot und hatte dieselbe Farbe wie Mollys Lippen.
    Sorgfältig wickelte ich die Gemälde wieder ein und stellte sie an ihren Platz zurück. Dann untersuchte ich den Raum flüchtig nach Anzeichen von Schimmel, Feuchtigkeit oder anderen Schäden, die dazu führen konnten, dass die Holzbalken morsch und gefährlich wurden. Ich entdeckte, dass sich am zum Innenhof gelegenen Ende des Raumes immer noch eine breite Ladetür befand, darüber ein Hebebalken. Vermutlich hatte er dazu gedient, Heuballen für die Kutschenpferde auf den Speicher zu hieven.
    Als ich mich hinauslehnte, um zu prüfen, ob er noch tragfähig war, sah ich Mollys blasses Gesicht hinter einem der oberen Fenster des Folly. Ich weiß nicht, was mir seltsamer vorkam: dass jemand sie dazu überredet hatte, aus ihren Klamotten zu steigen, oder dass sich ihr Aussehen seit siebzig Jahren nicht verändert hatte. Sie zog sich vom Fenster zurück, anscheinend ohne mich gesehen zu haben. Ich drehte mich um und ließ den Blick durch den Raum schweifen.
    Ja, dachte ich, das hier ist genau richtig.
    Die meisten Verwandten meiner Mutter hatten sich zu irgendeinem Zeitpunkt ihren Lebensunterhalt mit der Reinigung von Büros verdient. Der Job war für eine bestimmte Generation afrikanischer Einwanderer sogar gewissermaßen Teil ihrer Kultur geworden, so ähnlich wie die Beschneidung von Männern oder Fan von Arsenal zu sein. Auch meine Mutter hatte das früher einmal gemacht und hatte mich oft mitgenommen, um kein Geld für einen Babysitter ausgeben zu müssen. Und wenn eine afrikanische Mutter ihren Sohn zur Arbeit mitnimmt,dann erwartet sie von ihm, dass er mitarbeitet, deshalb hatte ich schon ziemlich früh gelernt, wie man mit Besen, Putzlappen und Glasreiniger umgeht.
    Am nächsten Tag kehrte ich nach meiner Übungsstunde in die Remise zurück, bewaffnet mit einer Packung Haushaltshandschuhe und dem Numatic-Staubsauger meines Onkels Tito. Ich kann Ihnen versichern, dass tausend Watt Saugkraft einen Riesenunterschied bei der Raumpflege ausmachen, und meine einzige Sorge war, dass ich einen Riss im Raum-Zeit-Gefüge des Universums verursachen könnte. Im Web suchte ich nach einer Fensterreinigungsfirma, und schon bald schrubbten zwei sich ständig zankende Rumäninnen das Oberlicht blank, während ich einen Flaschenzug am Hebebalken anbrachte. Gerade rechtzeitig zur Anlieferung des Fernsehers und des Kühlschranks.
    Allerdings musste ich eine Woche lang auf die Verlegung des Kabels warten. Das gab mir die Zeit, meinen Übungsrückstand aufzuholen und mehr über den Aufenthaltsort von Vater Themse herauszubekommen. »Finden Sie ihn. Das ist eine gute Übung für Sie«, hatte Nightingale gesagt. »Sie erhalten dabei zugleich einen tiefen Einblick in die Folklore des Themsetals.« Ich bat ihn um irgendeinen Anhaltspunkt für meine Suche. Er sagte, ich solle immer daran denken, dass Vater Themse

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