Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
alte Edgeworth auch noch, daß er sich nicht von bloßem Gesindel freizuhalten wüßte. Aber was ich noch sagen wollte, Mr. Smart, eine junge Frau hier, die von irgend jemandem erfahren haben muß, daß ich in Viktoria landen will, hat mich gebeten, sie und ihre Sachen mit an Bord dorthin zu nehmen, eine gewisse Mrs. – Mrs. – Everett, glaube ich. Sie will von Helena fortziehen, um sich, wenn ich nicht irre, in Viktoria niederzulassen. – Ist das eine ordentliche Frau?«
»Ei gewiß, Sir«, rief Smart eifrig, »ein braves wackeres Weib, dessen Bräutigam erst kürzlich im Flusse verunglückte; ich kaufte sein Land. Ich habe ihr alle nur mögliche Hilfe angeboten, sie weigert sich aber hartnäckig, auch nur die geringste Unterstützung anzunehmen. Und sie will wirklich nach Viktoria ziehen?«
»Ja, so sagte sie aus; doch ich muß wahrhaftig fort. Also, Good bye! Sollte ich Tom Barnwell verfehlen und er wieder hierher nach Helena kommen, so sagt ihm, er möchte nur gleich wieder zurückfahren. Werde ich mit dem Ausladen früher fertig, nun so warte ich auf ihn, bis er kommt.«
Damit warf sich der alte Mann die Büchse auf die Schulter, reichte dem Wirt noch einmal die Hand zum Abschied und schritt zum Flusse hinab, wo eben auf einer sogenannten Dray, einer Art zweirädrigem Güterkarren, die wenigen Habseligkeiten Mrs. Everetts angefahren kamen. Die junge Frau ging neben ihnen her. Es war eine schlanke, schöne Gestalt, von Kopf bis zu Fuß in Schwarz gehüllt, aus dem das bleiche, gramgedrückte Schmerzensantlitz gar traurig mit den großen blauen Augen herausblickte. Das hellkastanienbraune Haar quoll ihr dabei in vollen Locken aus dem enganschließenden Kopftuch hervor, und manchmmal noch fuhr sie sich wie verstohlen über die blassen Wangen nach den rotgeweinten Augen hinauf, als ob sie da jede ungehorsame Träne, die sich trotz allen festen Willens unter den langen Wimpern vorstehlen wollte, gleich auf frischer Tat zu ertappen und fortzunehmen gedenke.
Der Karren hielt an der Flatbootlandung, dicht vor Edgeworth' Boot, und der Mann, der Peitsche und Hut zu Boden warf, wollte eben einen Teil seiner Ladung über die schmale Planke an Bord tragen, als sich ihm hier Bill, der Steuermann, in den Weg stellte, und ihn mit einem herzhaften Fluche fragte, was er da noch für Packen und Passagiere an Bord bringe; – sie hätten keine Fähre und brauchten keine Gesellschaft weiter.
»Laßt's nur sein, Bill!« sagte Edgeworth, der gerade oben von der Uferbank herabschritt. – »Wir setzen die Lady in Viktoria an Land. – Es ist schönes Wetter, und die Sachen können oben an Deck bleiben.«
Der Steuermann trat brummend beiseite; der Fluß schien aber seine Aufmerksamkeit jetzt mehr in Anspruch zu nehmen als das Land. Den Mississippi herunter trieben gerade sechs oder sieben Ohioboote – als was sie das geübte Auge der Bootsleute bald erkannte –, und dem ruhigen Aussehen der an Bord Befindlichen nach mußten sie auch gar nicht gesonnen sein, hier zu landen. Oben an Deck ausgestreckt lagen die meisten der Männer höchst behaglich in der ziemlich heiß niederbrennenden Sonne, und nur an der hintersten langen Steuerfinne lehnte der Lotse, beide Arme rechts und links hinausgelegt über das baumlange Holz, und schaute gemächlich nach der kleinen Stadt hinüber.
»Nun, da finden wir Gesellschaft«, meinte Edgeworth. »Schnell, Ihr Leute, nehmt die Sachen an Bord! Wenn wir uns ein bißchen scharf in die Ruder legen, können wir die da drüben wohl noch einholen.«
Damit schien aber der Steuermann nicht besonders einverstanden und meinte, sie hätten nicht gar zu weit von Helena eine Insel mit ziemlich schmalem Fahrwasser zu passieren, durch das sie aber wohl acht Meilen Biegung abschnitten. Wären dann viele Boote beisammen, so geschähe es nicht selten, daß sie einander auf versteckte Snags trieben. Sie wollten deshalb die Boote immer vorausfahren lassen, und wenn sie nicht ganz vortreffliche Lotsen an Bord hätten, gedächte er ihnen vor Viktoria den Weg schon wieder abzuschneiden.
Blackfoot stimmte ihm darin bei, und die Leute trugen eben die letzten Sachen an Bord, denen Mrs. Everett gerade folgen wollte, als diese auf eine ebenso unerwartete wie gewaltsame Weise daran verhindert werden sollte.
Mrs. Breidelford nämlich war die Mainstreet herabgekommen und erkannte dort die schwarzgekleidete Gestalt der jungen Witwe, die, wie sich nicht verkennen ließ, mit all ihrer Habe in Begriff war, Helena zu
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