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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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schwarzen, breitrandigen Filz tief in die Stirn gedrückt, dicht neben ihnen stand und die Hand gegen die mit Peitschen Bewaffneten ausstreckte. – »Wer hat hier ein Urteil zu vollziehen, das ich nicht gefällt habe?«
    »Ich sprach das Urteil!« sagte Georgine mit fest auf ihn gehefteten Augen, indem sie die noch immer gegen die Männer ausgestreckte Hand ergriff. »Ich verurteilte ihn, weil er den Knaben ermordet hat. Das Kind, das ich aufgezogen und gepflegt habe, hat er mit seinen teuflischen Händen erwürgt, und du darfst mich nicht hindern, ihn zu strafen, du darfst es nicht« und sie zischte die letzten Worte mit leiser, vor innerer Aufregung fast erstickter Stimme, »wenn du nicht selbst als ein Teilnehmer jenes Mordes erscheinen willst.«
    »Bindet den Neger los!« lautete des Kapitäns ruhiger, den Einwand gar nicht beachtender Befehl. – »Bindet ihn los, sage ich; die Tat soll untersucht werden!«
    »Sie ist untersucht, Mann!« rief Georgine, sich heftig und wild emporrichtend. – »Ich trete gegen ihn auf und rufe den allmächtigen Gott zum Zeugen an, daß er den Mord verübt hat. Willst du ihn jetzt noch schützen und befreien?«
    »Bindet ihn los, sage ich«, wiederholte Kelly mit finsterer, drohender Stimme. – »Zurück da, Georgine! – Dein Platz ist nicht hier. – Willst du alle meine Befehle übertreten?«
    Georgine wandte sich erbleichend ab, der Eberzahn aber rief, sich trotzig gegen den Gebieter kehrend: »Ei, zum Henker, Sir, der Bursche hier hat Hand und Zähne an einen weißen Mann gelegt, und verdammt will ich sein, wenn er nicht dafür hängen soll. Subordination ist ganz gut, muß aber auch nicht zu weit getrieben werden. Wir sind freie Amerikaner, und die Majorität entscheidet sich hier für Strafe. Nichts für ungut, aber den Neger binde ich nicht los.«
    Schneller zuckt kaum der zündende Blitz aus wetterschwangerer Wolke in den stillen Wald, als Kellys schweres Messer in seiner Hand blitzte, zurückfuhr und dem trotzigen Gesellen im nächsten Augenblick mit fürchterlicher Sicherheit das Herz durchbohrte. Er blieb noch mehrere Sekunden mit stieren, entsetzt vor sich hinstarrenden Augen stehen, schlug dann die Arme empor und stürzte, eine Leiche, nach vorn auf sein Gesicht nieder. Die anderen sprangen wild empor; Kelly aber, unbewaffnet die Gefahr verachtend, warf sich ihnen entgegen und rief zürnend: »Rasende, wollt ihr euch selbst verderben? Verrat umgibt euch von allen Seiten; – unsere Insel ist entdeckt; – Spione von Helena durchziehen nach allen Richtungen hin den Strom; – unser Leben und das, was wir mit saurem Schweiß erbeutet haben, steht auf dem Spiele, und ihr hier, in wahnsinnigem Übermut, frönt dem eifersüchtigen Trotz eines Weibes und schlagt gegen die Hand an, die allein imstande ist, euch zu retten. Toren und Schufte, die ihr seid, an eure Posten! Ein fremdes Boot ist hier gelandet, und sein Besitzer liegt vielleicht nur wenige Schritte von uns versteckt, um unser Treiben zu belauschen. Er darf die Insel nicht wieder verlassen. Fort! – In Bachelors' Hall erwartet meine Befehle. – Ich bin im Augenblick bei euch. – Bindet den Neger los, sage ich, und ihr beiden – schafft den Leichnam hinaus aus dem Lager und begrabt ihn. – Der Bursche kann froh sein, noch so aus dieser Welt hinausgeschickt zu sein; er hatte Schlimmeres verdient. Er war in Helena schon einen Kontrakt eingegangen, um uns zu verraten. Nur die Gier, noch höheren Lohn zu erhalten, hatte ihn bis jetzt daran gehindert. Fort mit ihm, und du, Bolivar, erwartest mich hier, bis ich zurückkehre!«
    Die Männer gehorchten schweigend den Befehlen, Kelly aber folgte Georgine in ihre Wohnung, wo sie ihn mit kaltem, mürrischem Trotz empfing.
    »Wo ist die Kranke?« fragte er, als er, in der Tür stehenbleibend, mit seinen Blicken den kleinen geschmückten Raum überflog »Wo ist das Mädchen, das du hier bei dir behalten und bewahren wolltest?«
    »Wo ist der Knabe?« rief Georgine jetzt, vielleicht noch durch das Bewußtsein eigener Schuld gereizt, wild und heftig dagegen auffahrend. »Wo ist der Knabe, den jener teuflische Afrikaner auf deinen Befehl erschlug? Wo ist das Kind, das ich mir aufgezogen hatte, das einzige Wesen, das mit wahrer, aufopfernder Liebe an mir hing und dessen alleinige Schuld nur die Treue gegen mich gewesen sein konnte. Kelly, du hast ein entsetzliches Spiel mit mir gespielt, und ich fürchte fast, ich bin das Opfer einer gräßlichen Bosheit geworden.«
    »Du

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