Die Formel der Macht
möglich wegbringen. Ich lade ihn irgendwo am Straßenrand ab. Er wird fuchsteufelswütend sein, aber er wird nicht zur Polizei gehen.”
Als Olivia ins Wohnzimmer stürmte, wurde ihr klar, dass ihre Ahnung sie nicht getrogen hatte. Sie erfasste die Situation auf einen Blick. Duncan war damit beschäftigt, Alonzo die Hände auf den Rücken zu fesseln. Joe lag bewusstlos auf der Couch. Und Gordon öffnete die Schublade ihres mit Einlegearbeiten verzierten Schreibtischs.
“Nein!” In ihrem Kopf war das Wort ein gellender Schrei, eine Nichtanerkennung all dessen, was ihr Mann in den letzten Jahren getan hatte und geworden war. Aber niemand schien sie zu hören.
Außer Gordon. Er fuhr herum. In seiner Hand lag wie befürchtet die Pistole. Gott, nein! Sie würde nicht rechtzeitig zu ihm kommen. Die Explosion des Schusses hallte im Zimmer und in Olivias Kopf wider. Sie schrie noch einmal.
Duncan stand auf, mit Blut an den Händen und weiß um die Lippen. Olivia hörte hinter sich, dass Summers klappernde Schritte abrupt verstummten.
“Allmächtiger Gott, Gordon, was hast du getan?”, fragte Duncan heiser, während er nach Alonzos Puls tastete.
“Ich konnte ihn nicht leben lassen”, sagte Gordon. “Du bist ein Idiot, wenn du glaubst, dass er geschwiegen hätte. In dem Moment, in dem ihn das FBI in die Finger bekommen hätte, hätte er ihnen einen Handel vorgeschlagen, und das wäre mein Ende gewesen.”
Summer ging auf Duncan zu und umklammerte seinen Arm, ohne das Blut zu beachten. Sie schaute auf Alonzo hinunter. “Ist er tot?”
“Ja. Der Schuss ging direkt ins Herz.” Duncan holte mühsam Atem. “Wir müssen die Polizei rufen.”
“Mach dich nicht lächerlich”, sagte Gordon. “Ich habe Alonzo da Pereira nicht getötet, damit du jetzt die Polizei rufst.” Er ging zur Couch hinüber und zielte mit der Pistole auf Joe Malones Kopf, aber seinen Blick richtete er auf Duncan. “Gib mir die Formel, Duncan, oder dein Freund Malone stirbt. Wenn ich schon nicht Präsident werden kann, werde ich mich zumindest als reicher Mann aus dem öffentlichen Leben verabschieden.”
“Du weißt, dass ich dir die Formel nicht geben werde”, sagte Duncan. “Es ist Zeit, das alles zu beenden, Gordon, und du hast es uns unmöglich gemacht, dir zu helfen, dich in Würde zurückzuziehen. Alles, was wir jetzt noch für dich tun können, ist es, deinen Anwalt anzurufen und dir zu raten, nichts mehr zu sagen, bis er hier ist.”
Zur Antwort schoss Gordon Joseph durch den Arm. “Dein Freund Malone hat ein paar harte Tage hinter sich”, sagte er und ließ die Pistole an seinem Finger herumwirbeln. “Ohne sofortige ärztliche Behandlung wird er sterben. Gib mir die Formel, Duncan, oder ich schieße ihn auch noch in den anderen Arm.”
“Gib ihm die Formel”, sagte Summer, die fieberhaft versuchte, den Blutstrom, der aus Joes Arm schoss, zu stillen. “Gott, Duncan, ich glaube, er hat einen Knochen zertrümmert. Gib sie ihm, sonst tötet er Joe noch.”
“Sie hat recht.” Gordon zielte. “Ich bin kein guter Schütze, aber aus dieser Entfernung treffe sogar ich. Bei drei …”
“Nein, tu es nicht! Hier, nimm die Formel, wofür auch immer.” Duncan griff in seine Jackentasche.
Olivia schrie, und diesmal war es wirklich ein gellender Schrei. War ihnen nicht klar, was passieren würde, sobald ihr Mann die Formel in Händen hatte? Dann würde nicht nur Joseph Malone sterben, so viel war sicher.
Gordon war für einen Sekundenbruchteil abgelenkt durch ihren Schrei. Olivia nützte die Gelegenheit, indem sie sich auf ihn stürzte und ihm die Pistole entwand. Sie stand ganz nah bei ihm, deshalb brauchte sie nicht zu zielen, sondern nur abzudrücken. Einmal, zweimal, dreimal. Der Rückschlag bewirkte, dass sie zurücktaumelte. Schießen ist gar nicht so einfach, wie es im Film immer aussieht, dachte sie betäubt.
Gordon gab einen gurgelnden Laut von sich. Er starrte sie völlig fassungslos an, bevor er in sich zusammensackte und zu Boden fiel.
Einen Moment lang standen alle wie erstarrt da. Dann rannten Duncan und Summer auf Gordon zu und knieten neben ihm nieder. Olivia ließ die Pistole fallen, aber sie rührte sich nicht von der Stelle.
“Ich kann keinen Puls finden”, sagte Summer. “Duncan, hilf mir!”
“Er ist tot”, sagte Duncan ein paar Momente später. Er fuhr Gordon mit der Hand übers Gesicht und drückte ihm die Augen zu. Dann griff er nach Summers Hand und zog sie von der Leiche ihres Vaters weg
Weitere Kostenlose Bücher