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Die Formel der Macht

Die Formel der Macht

Titel: Die Formel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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Zug, in dem sie, Summer, zusammen mit ihnen gefahren war, hätte fahrplanmäßig eigentlich um zwanzig vor neun in
Penn Station
sein müssen. Tatsächlich hatte er zehn Minuten Verspätung gehabt. Das bedeutete, dass Olivia und Fernando den Zug um kurz vor neun verlassen hatten. Alles an ihrem Verhalten während der Fahrt hatte darauf hingedeutet, dass sich die beiden zu einem Stelldichein getroffen hatten, weshalb es nur logisch war, anzunehmen, dass Olivia mit Fernando ins
Carlyle
gefahren war.
    Höchstwahrscheinlich hatten sie keinen Verdacht erregen wollen, indem sie zusammen im Hotel ankamen, deshalb hatten sie, statt sich eine Limousine zu teilen, wahrscheinlich zwei Taxis genommen. Für die Fahrt würden sie mindestens fünfzehn Minuten gebraucht haben, vielleicht aber auch viel länger. Soweit Summer sich erinnern konnte, war der Verkehr nicht allzu dicht gewesen, aber Manhattan war Manhattan, und an einem Samstagabend mit Nieselregen mussten mindestens fünfzehn Minuten vergangen sein, bis Fernando das Hotel erreichte. Aber wo war Olivia gewesen, als Fernando unten anrief und ein Abendessen für zwei aufs Zimmer bestellte? War sie ebenfalls bereits eingetroffen? War sie schon in seiner Suite?
    Summer schüttelte in Gedanken den Kopf. Wenn es schon schwer war, sich vorzustellen, dass ihre Stiefmutter eine Affäre hatte, so war es schlicht undenkbar, dass sie die Absicht gehabt hatte, die ganze Nacht bei Fernando zu verbringen, wo es ihr nicht möglich war, Anrufe von ihrem Mann entgegenzunehmen. Und das bedeutete, dass ihre Stiefmutter sich ein eigenes Zimmer genommen haben musste. Unter ihrem eigenen Namen? Mit Sicherheit, entschied Summer. Olivia war dauernd in New York, um einzukaufen, und das
Carlyle
war ihr Stammhotel, deshalb hätte sie dort gar nicht unter falschem Namen absteigen können, weil jeder sie kannte. Aber wenn sie ganz offen im
Carlyle
übernachtete und das ihrem Mann auch vorher sagte, würde sich kein Mensch irgendetwas dabei denken, wenn zur selben Zeit auch Fernando da Pereira da war. Keiner würde eine Verbindung zwischen den beiden herstellen, selbst wenn sie kurz nacheinander ankamen.
    Dann hatte Olivia also entweder kurz vor oder kurz nach Fernando eingecheckt und war dann auf ihr Zimmer – wahrscheinlicher ihre Suite – gegangen, um sich ein bisschen frisch zu machen, während Fernando beim Zimmerservice für sie beide Abendessen bestellt hatte. Summer runzelte die Stirn. Zog sie falsche Schlüsse? Es war natürlich ebenso gut möglich, dass Fernando das Essen für eine andere Person bestellt hatte. Und doch … sie hatten so vertraut gewirkt im Zug und die Zeit war knapp, sodass sich der Schluss, dass ihre Stiefmutter die Person war, die Fernando zum Essen erwartete, geradezu aufdrängte.
    Summer, die vor plötzlicher innerer Anspannung vibrierte, stand auf und begann hin und her zu gehen. Irgendetwas an dem Szenario, das sie eben entworfen hatte, konnte nicht stimmen, entschied sie, während sie ein kleines Stückchen Eis zerkaute, das in ihrem Glas zurückgeblieben war. Es war nichts als eine wilde Spekulation, dass Olivia, nur weil sie mit Fernando in demselben Zug gefahren war, auch vorgehabt hatte, mit ihm zu Abend zu essen. Ihre Stiefmutter war eine berechnende Frau. Wenn sie beschlossen hatte, alle Vorsicht über Bord zu werfen und mit Fernando etwas anzufangen, dann würde sie genauso umsichtig vorgehen wie sonst auch. Sie würde nie ihre Ehe aufs Spiel gesetzt haben, indem sie ganz offen mit ihm reiste. Ganz gewiss hatte sie, Summer, die Situation im Zug falsch interpretiert. Wahrscheinlich waren Olivia und Fernando nur befreundet, und dafür, dass sie zusammen im Zug gewesen waren, gab es bestimmt eine ganz harmlose Erklärung. Summer wurde klar, dass sie die letzte halbe Stunde damit verbracht hatte, auf einem viel zu wackligen Grund ein riesiges Verdachtsgebäude zu errichten.
    Sie merkte, dass sie immer noch auf Fernandos Foto in der Zeitung starrte. Verdammt, Olivia
hatte
aber mit Fernando geflirtet. Vielleicht hatten sie ja geglaubt, in einem Zug vor Entdeckung sicherer zu sein als in einer Limousine. Gleichviel ob sie Olivias Chauffeur genommen hätten oder Fernandos, die Tatsache, dass sie zusammen verreisten, wäre ihren Angestellten bekannt geworden. Während man in einem Zug mit ein bisschen Glück vollkommen anonym bleiben konnte.
    Ohne ihre Wanderung durchs Zimmer zu unterbrechen, grübelte Summer darüber nach, ob sie ihre Stiefmutter mit dem, was sie

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