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Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition)

Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition)

Titel: Die Formel des Lebens: Von der Zelle zur Zivilisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrico Coen
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Embryos. 31 Nähern wir uns noch weiter dem Kopfende, so könnten wir erwarten, dass der Birnengehalt weiter und weiter ansteigt. Doch die Anzahl der Bindestellen für Äpfel ist begrenzt, die Äpfel beginnen also um die wenigen noch freien Stellen zu konkurrieren. Schließlich sind alle Apfelstellen belegt, es besteht also eine Obergrenze für die Birnenproduktion. Das erklärt, warum die Birnenkurve zum Kopfende hin abflacht.
    (23) Das Protein Bicoid (Äpfel) bindet an den Regulationsbereich des Hunchback -Gens und steigert damit dessen Aktivität sowie die Konzentration des Proteins Hunchback (Birnen).
    Wieder haben wir es mit denselben Parametern der Musterumwandlung zu tun wie zuvor. Wir gehen aus von einer Population von Apfelproteinen, die im Embryo diffundieren und an den dafür vorgesehenen Stellen binden. Es kommt zur Verstärkung, weil die Äpfel einander bei der Bindung an den vielen Bindeplätzen des Regulationsbereichs unterstützen. Zum Wettbewerb kommt es auf Grund der begrenzten Anzahl von Bindeplätzen für Apfelproteine. Und persistent sind die Muster, weil die Proteinbindung stabil und die Diffusion nicht so stark ist, dass die Verteilung von Birnen und Äpfeln aufgelöst würde. Insgesamt resultiert daraus die Umwandlung eines Musters in ein anderes, von einem Apfelgradienten in eine steilere Birnenkurve.
F ORMALE GEMEINSAMKEIT
    Allen Beispielen der Musterbildung, denen wir in diesem Kapitel begegnet sind, sind bestimmte Grundmerkmale gemeinsam. Alle lassen sich als verknüpfte Regelschleifen mit Verstärkung und Wettbewerb darstellen, die von einem Gleichgewicht zwischen Populationsvariabilität und Persistenz angetrieben werden. Die Gruppenbildung auf der Teegesellschaft, Turings Reaktions-Diffusions-System, die Definition der Teilungsebene einer E.-coli -Zelle, der molekulare Kampf um die Delta-Dominanz in Neuroblasten und der Aufbau des Bicoid-Gradienten beim frühen Fliegenembryo – sie alle beruhen auf derselben Grundformel. Ergebnis ist überall die Ausarbeitung von Mustern, so dass Aktivität in Clustern gruppiert oder eine Verteilungsgrenze geschärft wird. Würden wir weitere Beispiele der Musterbildung während der biologischen Entwicklung untersuchen, so stießen wir beständig auf immer dieselben Grundparameter. Welche Gene und Moleküle dabei jeweils im Einzelnen mitwirken, mag unterschiedlich sein, die Grundprinzipien aber wären dieselben. Warum also immer dieselbe Grundanordnung?
    Um ein molekulares Muster auszubilden, müssen nach einer koordinierten Definition bestimmte Komponenten gestärkt und andere reduziert werden. Verstärkung allein würde nur dazu führen, dass die Komponenten sich selbst zu immer höheren Konzentrationen fördern würden. Wettbewerb allein dagegen würde nur allgemein zum Verbrauch der Komponenten (der Substrate) führen, das heißt zur Hemmung, die überall greifen würde. Viel interessanter aber wird es, wenn Verstärkung und Wettbewerb verknüpft sind. Statt einer allgemeinen Zu- oder Abnahme besteht nun die Möglichkeit, dass einige Komponenten auf Kosten von anderen zunehmen. Berücksichtigen wir über molekularen Signaltransfer oder Diffusion noch die Folgen der Distanz, so lassen sich die Komponenten räumlich organisieren und in unterschiedlichen Bereichen ansiedeln. Bestimmte Komponenten können an einigen Stellen sehr stark zunehmen, an anderen Stellen aber nicht. So lässt sich ein Muster ausarbeiten, eine Grenzlinie schärfen oder ein Gen in einer bestimmten Auswahl von Zellen aktivieren.
    Das Zusammenspiel von Populationsvariabilität, Persistenz, Verstärkung und Wettbewerb ist dem vergleichbar, was wir in Kapitel 1 für die natürliche Selektion festgestellt haben. Bei der biologischenEntwicklung entsteht die Populationsvariabilität aus statistischen Wechselwirkungen zwischen sehr vielen Molekülen oder Zellen innerhalb desselben Individuums. Im Fall der Evolution beruht sie auf Mutationen, die in einer Population von Individuen ständig auftreten und vermischt werden. In beiden Fällen aber ist Populationsvariabilität eine notwendige Voraussetzung für den Wandel.
    Zu viel Variabilität dagegen ist ein Problem. Die Fluktuation muss begrenzt sein, damit sich die Veränderungen nicht auflösen, sobald sie Form angenommen haben. Bei der biologischen Entwicklung ergibt sich Persistenz aus der chemischen Stabilität und aus Grenzen, die der Vermischung der Moleküle gesetzt sind. Zum Beispiel verhindern Zellmembranen, dass sich der

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