Die Formel (Ein Fall für Die Nachtfalken - Band 1) (German Edition)
zog die Schrauben wieder fest und sah dann selbst auf das Blatt. Er seufzte. „Ich hab langsam die Schnauze voll von dieser Schnitzeljagd. Ich wusste gar nicht, dass mein Großvater so ein Spaßvogel war. Was soll das denn jetzt wieder?“
„Da können wir uns später noch den Kopf drüber zerbrechen. Lass uns abhauen.“
Luke knuffte sie an die Schulter. „Du hast doch Schiss vor den bösen Geistern, hm?“
Sie zog einen Flunsch. „Quatschkopf.“
40
Sie waren gerade unterwegs zu einem 24-Stunden-Imbiss, als sie von der Einsatzzentrale zur Theatinerkirche beordert wurden. Pol izeihauptmeister Bernhard Kersting riss wütend an seinem Gurt. „Und ich hab solchen Hunger, verdammt.“
„Wir sehen uns das schnell an, vielleicht ist es ja ein Fehlalarm.“
Kersting sah Polizeiobermeisterin Karin Bernlochner von der Seite an. Sie trommelte mit den Fingern rhythmisch aufs Lenkrad und sah beneidenswert munter aus. Er ließ sich in seinen Sitz sinken.
Fünf Minuten später fuhren sie in den Innenhof der Theatinerkirche und stiegen aus dem Streifenwagen. Ein älterer Mann in Pyjama und Morgenmantel humpelte aufgeregt auf sie zu.
„Da sind Sie ja endlich. Sie sind noch drin. Ich habe die ganze Zeit aufgepasst.“
„Sie haben uns verständigt?“
„Ja, zwei finstere Gestalten sind hier rumgeschlichen und dann sind sie durch diese Tür verschwunden.“ Mit einem zittrigen Finger deutete er auf die Holztür auf der Rückseite der Kirche.
„Gehen Sie jetzt in Ihre Wohnung zurück.“
Brummend gehorchte der Alte.
Kersting ging mit Bernlochner auf die gezeigte Tür zu. Der Innenhof war von den Straßenlaternen nur unzureichend erhellt. Kersting zückte seine Taschenlampe und ließ den Strahl über die alte Holztür gleiten. Da wurde von innen die Klinke gedrückt.
Kersting schaltete die Taschenlampe aus. Er und Bernlochner traten zurück und legten die Rechte auf ihre Dienstwaffe.
Die Tür ging knarrend auf und ein junges Pärchen trat heraus. Kersting schaltete die Taschenlampe wieder ein und leuchtete in ihre erschrockenen Gesichter.
Sie schienen im ersten Moment flüchten zu wollen, blieben aber dann doch stehen.
„Nur die Ruhe. Wer sind Sie und was machen Sie hier?“
„Du blöde Kuh“, schrie der junge Mann die Frau an. Er war groß, über eins neunzig und wirkte unterschwellig bedrohlich. „Warum schleppst du mich hierhin mit? Jetzt haben wir die Bullen auf dem Hals. Und alles wegen deiner bescheuerten Mutter.“
Kersting beobachtete den Streit.
Die junge Frau hob abwehrend die Hände. Sie war relativ klein und zierlich. Aber sie schien keine Angst vor ihm zu haben, obwohl der Typ sie mit einem Schlag umbringen könnte.
„Aber ich muss sie doch finden. Wenn mein Vater kommt und sie ist nicht da ...“
„Dann verprügelt er dich, schon klar. Hast es vielleicht auch verdient.“
Kersting beendete genervt den Disput. Er hatte Hunger. „Wären Sie jetzt bitte so freundlich uns zu erklären, was Sie hier zu suchen haben?“, knurrte er die junge Frau an.
Sie rang die Hände und anscheinend auch mit den Tränen. „Meine Mutter! Sie ist verwirrt und ...“
Ihr Freund unterbrach sie. „Sie ist mal wieder stockbesoffen!“
„Nun ja, jedenfalls darf sie die Wohnung in dem Zustand nicht verlassen. Ich sollte auf sie aufpassen, solange mein Vater in der Arbeit ist. Und dann war sie plötzlich weg.“ Sie schluchzte auf. „Daddys Schicht ist bald zu Ende. Wenn er sieht, dass ich nicht gut genug auf sie aufgepasst habe, schlägt er mich wieder.“
Kersting runzelte die Stirn. Er hatte schon seltsamere Geschichten gehört. „Und warum suchen Sie sie in der Kirche?“
„Sie ist von Jesus besessen. Er soll sie retten. Sie ist jeden Tag hier in der Kirche und betet zu ihm.“ Sie rang die Hände. „Ich hatte Angst, alleine in die Kirche zu gehen. Darum hab ich Lukas gebeten, mitzukommen.“
„Und ich bin auch noch so dämlich, mitten in der Nacht in einer Kirche nach dieser versoffenen Wachtel zu suchen.“ Er trat nach einem unsichtbaren Stein.
„Und wie haben Sie die Tür aufbekommen?“
Die Frau sah ihn verwundert an. „Die war offen, sonst hätte ich Mutter hier ja gar nicht gesucht.“
Kersting nickte langsam. „Und Sie haben nichts mitgehen lassen?“
„Nein, bestimmt nicht.“
„Dann haben Sie sicher nichts dagegen, sich durchsuchen zu lassen?“
„An mir fummelt keiner rum“, knurrte der Mann.
„Wie sie wollen, dann müssen wir sie mitnehmen.“
„Nun lass doch.
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