Die Formel (Ein Fall für Die Nachtfalken - Band 1) (German Edition)
die Ausfahrt ‚Landshut-Nord’. Die Jeans klebte ihm durchnässt an den Beinen, die Stiefel waren durchgeweicht. Seine klammen Finger spürte er schon seit einer ganzen Weile nicht mehr.
Drei Wochen war er durch Italien gefahren, hatte die Sonne am Strand von Santa Maria di Castellabate ganz im Süden genossen, den m editerranen Flair von Lucca und Siena in sich aufgenommen und die Cinque Terre bewundert. Doch kaum hatte er auf der Rückfahrt München erreicht, hatte ihn das deutsche Wetter wieder eingeholt. Trostlos. Er wollte nur noch nach Hause ins Trockene, Warme. Zwar würde er auch dort alleine sein, aber das war er inzwischen gewohnt. Meistens jedenfalls. Normalerweise nahm ihn seine Arbeit genug in Anspruch, dass er für Grübeleien keine Zeit hatte. Doch in den letzten drei Wochen hatte ihn seine Einsamkeit mit voller Wucht getroffen. Zwar hatte er im Urlaub ein paar Frauen kennengelernt, die, solo oder auch gebunden, gerne mehr Zeit mit ihm verbracht hätten. Doch keine von Ihnen hatte ihn wirklich interessiert. Mit einer rassigen Rothaarigen war er nach einer gemeinsam geleerten Flasche Wein im Bett gelandet, nur um am nächsten Morgen festzustellen, dass dadurch die Leere noch größer geworden war.
Wütend schüttelte er den Kopf. Wenn er sich weiter seinen trüben Gedanken hingab, würde er sich noch wegen Depressionen diens tuntauglich schreiben lassen müssen. Wenn es so etwas wie Dienstuntauglichkeit in seinem Job gab, überlegte er grimmig. Als ihm dann auch noch seine ehemalige Partnerin, mit der ihn eine tiefe Freundschaft verbunden hatte, in den Sinn kam, hätte er schreien können.
Endlich tauchte vor ihm das Hinweißchild für die Ausfahrt Landshut-Nord auf. Erleichtert reihte er sich zwischen zwei LKWs ein und verließ die Autobahn. Keine zehn Minuten später erreichte er die schmale Straße am Ortsrand von Ergolding, hinter der sich Getreidefelder und ein Waldstück ausbreiteten. Die dicken R egenwolken schienen fast die Hausdächer zu berühren, Pfützen füllten jede Unebenheit im Teer. Er parkte seine Dukati vor einem Vier-Parteien-Haus am Ende der Straße. Mit tauben Fingern öffnete er die Haustür und fischte seine Post aus dem überquellenden Briefkasten. Ein kurzer Blick zeigte ihm, dass es wie immer fast ausnahmslos für die Papiertonne war. Seinen Rucksack geschultert, stieg er die Treppe nach oben zu seiner Wohnung im ersten Stock. Kühle, abgestandene Luft schlug ihm entgegen, als er die Tür öffnete. Staubflocken tanzten im Licht des Halogenstrahlers im Flur.
Er warf seinen Rucksack, die Lederjacke und den Helm im Flur auf den Boden und ging in die Küche. In der Spüle stand noch schmutziges Geschirr, eine dünne Staubschicht bedeckte die Arbeitsplatte. Er öffnete den Kühlschrank und fand tatsächlich noch ein Bier. An die Arbeitsplatte gelehnt trank er es in wenigen Zügen leer.
Dann wanderte er ins Wohnzimmer hinüber. Alles war wie immer. Links die cappucchino-farbene Couch und der Couchtisch, darauf ein paar Zeitschriften und Bücher. In der Mitte des Raumes hing sein Boxsack von der Decke. Der Fernseher auf dem breiten Bord an der rechten Wand schwieg schon seit Monaten. Gerade wollte er den Raum wieder verlassen, als er im Augenwinkel das Lämpchen am Anrufbeantworter blinken sah, der neben dem Fernseher stand. Normalerweise rief ihn nie jemand am Festnetz an, er hatte es bisher nur aus Faulheit nicht abgemeldet.
Er drückte auf den Knopf, um die Nachricht abzuhören. Die monotone Stimme der Maschine teilte ihm mit, dass die Nachricht an diesem Abend um acht Uhr aufgezeichnet worden war. Dann knarzte die Stimme seines Großvaters aus dem Lautsprecher. „Lukas, ich würde mich freuen, wenn du dich bei mir melden könntest. Ich möchte dir etwas mitteilen. Es geht um das neue Medikament, von dem ich dir erzählt habe. du hattest wohl recht, als du mich gewarnt hast. Leider muss ich befürchten, dass ich mit einem Interessenten Probleme bekommen könnte. Ich hoffe, bald von dir zu hören.“
Nachdenklich löschte Luke die Nachricht. Er musste daran denken, seinem Großvater bei Gelegenheit seine neue Handynummer zu geben.
Er ging in den Flur, kramte sein Handy aus der Innentasche seiner Jacke und versuchte, den alten Herrn zu erreichen. Doch es klingelte und klingelte, nicht einmal der Anrufbeantworter sprang an.
Er warf das Handy auf den Garderobenschrank und ging ins Bad. Gleich morgen früh würde er es wieder versuchen, aber jetzt musste er erst einmal aus
Weitere Kostenlose Bücher