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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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geübten Handgriffen zieht sie den Infusionsschlauch aus der Kanüle auf meinem Handrücken, hängt einen neuen Beutel an die Stange. Diesmal ist die Flüssigkeit violett und diese Farbe assoziiere ich aus unerklärlichen Gründen mit dem Tod.
    „Nein, bitte nicht diese Infusion!“, rufe ich und verberge meine Hand unter der Bettdecke. „Violett erinnert mich ans Sterben.“
    „Wieso reden Sie vom Sterben, Frau See?“ Noori zieht ihre glatte gewölbte Stirn in Falten. „Das ist eine farblose Lösung, mit der Sie wieder zu Kräften kommen!“
    Sie hat tatsächlich recht, die Flüssigkeit ist farblos und die violette Farbe kommt von den Blüten eines großen Strauchs, dessen Äste draußen bis ans Fenster reichen.
    „Es hat so täuschend echt ausgesehen!“, stammle ich und spüre, dass ich ganz rot im Gesicht werde. „Es tut mir ja so leid!“
    „Ist schon gut, Frau See!“ Noori sieht mich mit ihren großen samtenen Augen skeptisch an. Was hat ihr Dr. Mertens über mich erzählt? Das ich komplett verrückt bin? Dass sie vor mir auf der Hut sein muss, da ich im Begriff bin, auszurasten. Das ich am Rande des Abgrunds balanciere und jederzeit abstürzen kann?
    Du brauchst keine Angst vor mir zu haben Noori, denke ich. Ich bin völlig klar im Kopf, denn jetzt habe ich ein Ziel. Jetzt muss ich dieses Mädchen mit dem Tinkerbell-Tattoo finden. Dann kann ich beweisen, dass Talvin Singh existiert hat. Dann werde ich auch erfahren, ob ich eine Mörderin bin!

11. Freitag - abends

    Die Klinik von Dr. Mertens ist ein Ort des Schreckens. Alle Wände sind weiß, die Türen lassen sich nur von einer Seite öffnen und die Fensterscheiben sind aus flexiblem Kunststoff, der sich nicht zerbrechen lässt. Das Licht ist ständig gedimmt und aus versteckten Lautsprechern kommt unablässig Computermusik, die den Puls verlangsamen soll. Doch an alle diese Dinge gewöhnt man sich und kann sie daher auch akzeptieren. Niemals gewöhnt man sich jedoch an das permanente Verständnis der Ärzte, Schwestern und Pfleger und an die wohlwollende Herablassung der Psychiater.
    Da Dr. Mertens der Leiter der Klink ist und ich seine Patientin, bin ich privilegiert. Ich habe ein Einzelzimmer und mit Noori eine eigene Krankenschwester, die sich ausschließlich um mich kümmert. Aber Nooris Aufgabe ist es auch, mich nicht aus den Augen zu lassen, um zu verhindern, dass ich aus der Klinik flüchte. Sie gibt sich zwar immer unglaublich freundlich, so als würde sie mich verstehen, aber ich muss mich vor ihr in Acht nehmen.
    Im Moment sitze ich auf einer weißen Toilette, die ich nicht versperren kann und höre die Schritte von Noori, die bedächtig vor der Tür auf und ab geht. Ich habe einen Erstickungsanfall vorgetäuscht und Schleim gespuckt, um aus meinem Zimmer zu gelangen. Doch jetzt fehlt mir der Plan, wie ich unbemerkt aus der Klinik flüchten kann. Ein Handy summt diskret. Es gehört Noori. Sie spricht leise und vollkommen unverständlich, wahrscheinlich in ihrer Landessprache.
    „Beeilen Sie sich Frau See! Ich warte draußen!“, ruft sie mir zu und flüstert dann wieder in ihr Handy. Ihre Stimme wird leiser, sie hat die Toilette verlassen, ist hinaus auf den Korridor gegangen, um ungestört telefonieren zu können. Vorsichtig öffne ich die Tür, sehe dann hinaus auf den Korridor. Weißer Boden, weiße Decke, weiße Bilder an den Wänden. Das Einzige, was sich von diesem weißen Horror abhebt, sind Nooris schwarze Haare und ihre kaffeebraune Haut. Noori wendet mir den Rücken zu, telefoniert noch immer. Da sich mein Zimmer im Erdgeschoss befindet, bin ich auch sofort bei der Rezeption, wie die Aufnahmestation hier genannt wird. Durch die hohen Glastüren sehe ich die Luxuslimousinen auf dem Parkplatz verführerisch glitzern.
    Lautlos hält auf der Straße außerhalb des Klinikgeländes ein Autobus und Fahrgäste steigen aus. Das normale Leben ist keine hundert Meter Luftlinie von mir entfernt, für mich aber unerreichbar. Für mich befinden sich diese Menschen auf einem anderen Stern. Die Rezeption ist im Augenblick unbesetzt und jetzt wäre es durchaus möglich, schnell den Türöffner zu betätigen und einfach zu verschwinden. Aber das funktioniert natürlich nur in meiner Fantasie, denn ich habe keine Ahnung, wo sich der Türöffner befindet und außerdem sind überall in den oberen Ecken Kameras installiert und links und rechts vom Eingang blinken die matten Strahler von Bewegungssensoren. Die Klinik ist wie der Hochsicherheitstrakt

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