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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Krähen auslegen konnte. Und natürlich begann der Riesenbernhardiner der Beckers zu bellen, sobald Karen ausgestiegen war und die Autotür abschloß. Beruhigenderweise saß das Tier in Sicherheitsverwahrung, nämlich im Zwinger. Karen hielt die Nase in den Wind. Sie glaubte, feuchte Hundehaare und Hundekot zu riechen.
    Dann öffnete sie das Gartentor. Vor Pauls Haustür lagerten grauweiße Fellknäuel, die sich als vier Katzen entpuppten, die bei ihrem Anblick in alle Richtungen davonsprangen. Auf dem Gartentisch lag eine Rosenschere, davor stand ein Eimer mit verblühten Rosenköpfen. Bremer konnte nicht weit sein. Sie setzte sich auf die Bank in der Gartenecke. Sie würde auf ihn warten – und wenn sie die Blattläuse an der Kapuzinerkresse zählen mußte, bis er kam.
    Die Sonnenstrahlen brachen sich in den Zweigen des Apfelbaums. Bienen summten von Geißblattblüte zu Geißblattblüte. Eine Amsel kam vorbeigewandert und sah sie aus schwarzen Knopfaugen an. Karen lehnte sich zurück, blinzelte in den Himmel und schloß die Augen.
    Vielleicht sah sie das alles zu pessimistisch. Vielleicht kam es doch noch zu einer guten Zusammenarbeit mit Kollegin Kämpfer. Vielleicht wurde es Zeit, auch andere Dinge im Leben wichtig zu finden außer dem Beruf. Es gab Frauen, die hatten Männer oder Kinder. Oder, nach Erreichen der diesbezüglichen Altersgrenze, wenigstens kleine häßliche Schoßhunde.
    Als sie aufwachte, stand ein Mann vor ihr mit einem viel zu kleinen Anglerhut auf den dichten Haaren, eine Zigarette im Mundwinkel. Einen Moment lang wußte Karen nicht, wo sie war. Dann setzte sie sich auf. Sie saß in Bremers Garten, war in einer eher unbequemen Position eingeschlafen, und Paul war bis jetzt nicht zurückgekehrt.
    Nachbar Willi nickte. »Der ist fort«, sagte er.
    »Schon vor Stunden.«
    »Und wohin?«
    Willi hob die Schultern und breitete die Hände aus. »Keine Ahnung.« Er sah sie abwartend an, so, als ob er von ihr höhere Kombinationsgabe oder göttliche Eingebung erwartete.
    »Hmmm«, sagte Karen behelfsweise.
    »Und wie lange er weg ist, hat er auch nicht gesagt.«
    Karen nickte, als ob sie ihm folgen konnte.
    »Zur Hochzeit von Carmen will er auf jeden Fall hier sein.«
    »Hmmm«, sagte Karen und wartete, ob Willi ihr gnädigerweise auch mitteilen würde, wann Carmen in den heiligen Stand der Ehe trat.
    »Das wäre dann heute in einer Woche.« Willi nahm einen letzten Zug aus der Zigarette, ließ sie auf den Fußweg fallen und zermalmte den Stummel mit der Fußspitze. »Tja – da kann man nichts machen«, sagte er und legte zum Abschied die Hand an die Mütze.
    »Also…« Karen überlegte.
    »Ich kann Ihnen den Schlüssel zum Haus geben, wenn Sie wollen«, sagte er im Weggehen.
    »Hmmm«, machte Karen. In diesem Moment klingelte ihr Mobiltelefon.
    Leise fluchend wühlte sie sich durch die geräumige Handtasche, von Marion »Müllbeutel« genannt. Endlich hatte sie das blinkende, fiepende und dabei auch noch vibrierende Teil in der Hand.
    »Ja?« Nichts. Sie winkte Willi abwesend zu und rief »Wer ist da bitte?« Niemand. Schließlich guckte sie auf das Display. Sie hatte den falschen Knopf gedrückt, das Teil war stumm geschaltet. Irgendwann erwischte sie den richtigen.
    »Hallohallohallo«, sang jemand am anderen Ende.
    »Paul, verdammt. Wo bist du?«
    »Vor deinem Haus. Und du?«
    »Vor deinem Haus…«
    Paul wollte sich ausschütten vor Lachen. Willi hatte sich wieder zu ihr hingedreht und schien zuhören zu wollen. »Es ist Paul«, rief sie ihm zu.
    »Alles in Ordnung!« Verstand man sich in Klein-Roda auf die Sache mit den winkenden Zaunpfählen?
    »Willi«, sagte sie ins Telefon, »Willi hier sagt, du wärst fort, für mindestens eine Woche.«
    »Ach was. Aber ich habe vorhin bei dir angerufen, in deinem Laden.« Paul machte eine Pause. Karen merkte, wie ihre Laune wieder einbrach.
    »Dein Kollege Wenzel hat ein paar Andeutungen gemacht. Über eine neue Kollegin, die wohl einige Dinge anders sieht als du.«
    »Zum Beispiel?« Ihre Stimme klang selbst in ihren Ohren spitz. Hör dir doch zu, dachte Karen. Du klingst schon jetzt wie eine Kampfhenne.
    »Ich soll es dir wohl schonend beibringen. Sie will das Verfahren einstellen.«
    Die Frage erübrigte sich, welcher Fall gemeint war. Angelika Kämpfer war schneller als die Polizei erlaubt, dachte Karen und spürte einen bitteren Geschmack im Mund. Die Akte Eva Rauch konnte sie höchstens geröntgt, nicht aber gelesen haben.
    »Ich dachte – wir

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