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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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zu gucken. Ihr Haar sah frisch gewaschen und auf Hochglanz gebürstet aus, offenbar hatte sie sich sogar die Nägel lackiert. Über der Jeans trug sie ein weißes T-Shirt. Auf dem Tisch stand eine große Flasche Mineralwasser, ein Glas und eine Schale Eiswürfel.
    Plötzlich wünschte er, sie hätten beide Urlaub und müßten sich weder über die Justiz noch über unklare Todesfälle den Kopf zerbrechen. Es gab im Leben auch noch anderes als das Wohl und Wehe des Rechtsstaats. »Komm, wir fahren ans Meer«, hätte er am liebsten gesagt, ohne überhaupt nur zu erwähnen, was sie auf der Suche nach Alexa Senger gefunden hatten. Aber das würde sie ihm niemals verzeihen.
    Bremer ließ sich auf den Stuhl neben sie fallen. Das Verhör durch die beiden Gendarmen war oberflächlich, aber umständlich gewesen und hatte Zeit gekostet. Dabei war die Polizei erstaunlich schnell zur Stelle gewesen.
    Sie mußte ihm irgend etwas angesehen haben. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich in Sekundenschnelle. »Was ist los?«
    »Du hattest recht.«
    Sie zog die linke Augenbraue hoch. »Ist ja nichts Neues. Aber womit?«
    »Mehr oder weniger jedenfalls.« Denn die jüngste Leiche war keine Frau – sondern ein Mann.
    »Erinnerst du dich an den Kerl, der das Dorf mit Beethoven beschallte? Philipp Persson – er ist tot.« Dann erzählte er ihr die ganze Geschichte.
    Sie lehnte sich zurück und sah einer einschwebenden Ringeltaube hinterher. Ihre gelassene Reaktion wunderte ihn. Hatte sie nicht gestern noch einen weiteren Todesfall prophezeit, als ob die Pythia ihr Orakel verkündet?
    »Hmm«, sagte sie endlich und ließ die zusammengeschmolzenen Eiswürfel in ihrem Glas kreisen. »Erschossen, sagst du?«
    »Jedenfalls lag neben ihm eine Pistole.«
    »Pistole oder Revolver?«
    »Wo ist der Unterschied?«
    Sie biß sich auf die Lippen und sah zur Seite. Als er ihrem Blick folgte, sah er sie. Eine ältere Frau mit Sonnenbrille und breitkrempigem Hut, eine Zeitschrift auf dem Schoß.
    »Ich muß nachdenken«, sagte Karen und senkte die Stimme.
    »Hast du übrigens gesehen…« Sie deutete mit dem Kinn zum Nebentisch.
    »Das ist nebenbei nicht alles.« Bremer merkte, daß er sich über ihr Desinteresse zu ärgern begann. »Offenbar ist eine weitere Deutsche verschwunden, die in Beaulieu ein Haus hat. Alexa Senger – sagt dir der Name was?«
    Karen sah wieder zum Nachbartisch hinüber.
    »Ich hab’s doch gewußt, als ich sie gestern das erste Mal gesehen habe.«
    »Karen! Alexa Senger war…«
    »Erkennst du sie nicht?« Karen deutete mit dem Kinn zur lesenden Frau hinüber.
    Bremer wurde von Sekunde zu Sekunde wütender. »Hör mir endlich zu. Die Senger war…«
    »Das ist Dorothea v. Plato.« Karen senkte die Stimme auf konspirativen Flüsterton. »Und ich frage mich, was sie ausgerechnet in diesem Kuhkaff macht.«
    Paul sah ungläubig nach links. Die Frau hatte das richtige Alter, ohne Zweifel, und die richtige Figur. Aber nicht die richtige Kleidung. Die schlanken Beine steckten in einer kurzen Hose, wie sie wandernde Touristen bevorzugten, an den gepflegten Händen fehlten die Ringe und die schulterlangen blonden Haare waren unter dem Hut versteckt. Sofern sie schulterlange blonde Haare hatte. Sofern sie überhaupt Dorothea v. Plato war.
    »Wie zum Teufel kommst du darauf, daß die Frau da drüben…«
    »Weil sie mir aufgefallen ist. Und ich mich gestern schon gefragt habe, was sie hier will.«
    »Urlaub machen, was sonst!«
    » Hier? In diesem Hotel?«
    Unwahrscheinlich, in der Tat. »Aber was…«
    »Eva Rauch war 53 Jahre alt, Ada Silbermann war ebenfalls über fünfzig und die v. Plato – das käme hin…«
    Bremer sah sie an und schüttelte stumm den Kopf. Er wußte, daß Karen sich wie ein Terrier in einen Fall verbeißen konnte. Aber daß und wie sie eine ausgesprochen schwache Vermutung über den Zusammenhang zwischen einem Tod in einem Frankfurter Buchladen und dem in einem Naturschutzgebiet in Südfrankreich aufrechtzuerhalten versuchte, ohne auch nur einen Gedanken an einen anderen Tod zu verschwenden, nämlich den eines ortsansässigen Deutschen (mal abgesehen, dachte Paul, vom Verschwinden einer jungen Frau mit viel Geld und einer an Katastrophen reichen Vergangenheit) – das wollte ihm nicht in den Kopf.
    »Karen, ein Mann ist tot, Philipp Persson heißt er, und das scheint mir verdammt noch eins bedeutsamer zu sein als deine aktuellen Lieblingshypothesen über Serienmord an Frauen über fünfzig!« Er mußte laut

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