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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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linke Seite des Wagens versteift hatte. Er wusste es nicht mehr, und das war auch unwichtig. Leicht beklommen gingen sie wieder zu ihrem Lager im Wald zurück.
    Nachts warf man ihnen Waffen ab; das Geräusch sich nähernder, unsichtbarer Flugzeuge war zu hören, sie zündeten Benzinfeuer auf der großen Wiese an, und plötzlich öffnete sich am Himmel eine ganze Reihe weißer Kronen. Die Feuer wurden gelöscht, das Geräusch der Flugzeuge verebbte, und die jungen Männer rannten los, um die ins Gras gefallenen Metallzylinder einzusammeln. Dann falteten sie sorgfältig die mit Tau benetzte Seide der Fallschirme zusammen. Im Inneren der Behälter fanden sie Kisten mit Material und Munition, Maschinenpistolen und Magazine, ein englisches Maschinengewehr, Handgranaten und ein tragbares Funkgerät.
    Und mitten in den Kronen aus weißer Seide, die inzwischen in sich zusammengesackt waren, sahen sie Männer stehen, die mit ruhigen Bewegungen ihre Gurte ablegten. Als sich die jungen Leute ihnen näherten, um sie besser sehen zu können, wurden sie in gebrochenem Französisch begrüßt. Sie führten sie zu der kleinen Scheune, die als Befehlsstelle diente. Im zitternden Schein der Petroleumlampe wirkten die sechs blonden oder rothaarigen englischen Kommandomitglieder, die man ihnen gesandt hatte, noch sehr jung. Die Franzosen umdrängten sie mit leuchtenden Augen, lachten beim geringsten Anlass, riefen sich gegenseitig laut etwas zu und lauerten gespannt darauf, welche Wirkung ihr Schwung und ihre lauten Schreie hervorriefen. Doch die jungen Engländer ließen sich nicht beeindrucken und erklärten dem Colonel das Ziel ihrer Mission. Ihre verwaschenen Uniformen standen ihnen ausgezeichnet, der verbrauchte Segelstoff passte sich all ihren Bewegungen an, sie lebten schon so lange darin, es war ihre zweite Haut. Die Augen in ihren jungen Gesichtern bewegten sich kaum und hatten einen seltsam starren Glanz. Sie hatten schon andere Dinge überlebt und waren hergekommen, um den Franzosen ganz neue Tötungstechniken beizubringen, die im Ausland entwickelt worden waren in den letzten Monaten, als die Franzosen in den Wäldern versteckt gelebt hatten, während anderswo gekämpft wurde. Die Engländer waren durchaus imstande, ihnen all das zu erklären. Sie stolperten in ihrem etwas holprigen Französisch manchmal über ein Wort, sprachen aber langsam genug, damit alle sie verstehen und sich sogar nach und nach vorstellen konnten, worum es sich im Einzelnen handelte.
    Sie saßen im Kreis auf dem Boden und lauschten den Erklärungen des Engländers. Der junge Mann mit den vielen Locken, die beim geringsten Luftzug in Bewegung gerieten, stellte ihnen das Messer für den Nackenstich vor, von dem sie eine ganze Kiste erhalten hatten. Es sah aus wie ein Taschenmesser mit mehreren Klingen. Man konnte es zum Picknick benutzen, die Klinge aufklappen, den Dosenöffner, die Feile, die kleine Säge, also all die nützlichen Gegenstände für das Leben im Wald. Aber man konnte auch aus dem Griff eine sehr feste Ahle ausklappen, die etwa fingerlang war. Die Ahle diente zum Nackendurchbohren, das hieß, wie ihnen der junge blonde Mann mit langsamen Worten demonstrierte, man musste sich von hinten dem Mann nähern, den man töten wollte, man legte ihm die Hand auf den Mund, damit er nicht schrie, und mit der rechten Hand, die das Messer hielt, entschlossen die Ahle in die kleine Höhlung im Nacken stechen, die sich an der Schädelbasis in der Mitte zwischen den beiden Stützmuskeln des Kopfes befindet; diese kleine Höhlung, die man mit dem Finger am Hinterkopf ertasten kann, scheint eigens dafür da zu sein, dass man sie durchbohrt, wie ein dafür angebrachter kleiner Deckel aus Haut. Der Tod tritt sofort ein, der Atem entflieht durch dieses Tor der Winde, der Mann fällt schlaff und stumm zu Boden.
    Dieser einfache Gegenstand verwirrte Salagnon. Er hielt ihn in der Hand wie ein Klappmesser, und seine vollkommene Form war der Beweis dafür, dass selbst die Industrie einen Sinn für das Praktische besaß. Ein Ingenieur hatte das Profil gezeichnet, die genaue Länge in Hinsicht auf den Gebrauch bestimmt, vielleicht hatte er einen Schädel auf seinem Zeichentisch liegen, um die Maße zu testen. Er musste sie mithilfe eines pfleglich behandelten Messschiebers übertragen, mit dem er niemand anders arbeiten ließ. Wenn seine Bleistifte vom Zeichnen stumpf geworden waren, spitzte er sie sorgfältig wieder an. Anschließend wurden die auf dem Plan

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