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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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lege großen Wert darauf, dass du wieder auf die Beine kommst.«
    Er kniff ihm in die Wange und schüttelte sie heftig, legte ein großes, in Leinen gebundenes Heft auf sein Bett und ging hinaus, die Hände in den Taschen seines weißen Kittels vergraben und um den Hals das hin und her schwingende Stethoskop.
    Die Nachmittagssonne drang durch die schrägen Ritzen der hölzernen Fensterläden und hinterließ parallele Lichtstreifen auf Wänden und Bett. Victorien hörte das ununterbrochene Getöse des Krankenhauses, die Lastwagen, die Schreie, all die Leute auf den Fluren, das Treiben im Hof. Euridice kam, um seinen Verband zu wechseln, sie brachte auf einem Metalltablett Verbandszeug, Desinfektionsmittel, Watte und nagelneue Sicherheitsnadeln, eine ganze, auf Englisch beschriftete Schachtel. Sie hatte ihr Haar sehr straff zurückgekämmt und ihren Kittel bis oben hin zugeknöpft, doch Victorien brauchte nur einmal mit den Wimpern zu zucken und die Lippen zu bewegen, um sich ihren Körper nackt vorzustellen mit allen seinen Rundungen und der lebendigen Haut. Sie stellte das Tablett ab, setzte sich aufs Bett und küsste ihn. Er zog sie an sich, sein verwundetes Bein, das er nicht anwinkeln konnte, störte ihn, aber er spürte in seinen Armen und seiner Zunge genug Kraft, um sich ihrer zu bemächtigen. Sie legte sich neben ihn, und ihr Kittel rutschte dabei an ihren Schenkeln hoch. »Jetzt brauchst du nicht mehr zu warten«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Sie presste ihr Bein ganz fest an seinen verwundeten Schenkel, ihr Schweiß vermischte sich, draußen ließ der Lärm ein wenig nach, denn es war die heiße Nachmittagszeit. Victoriens Glied war noch nie so dick gewesen. Er spürte es nicht einmal mehr, wusste nicht, wo es begann und wo es aufhörte, es war geschwollen, empfindlich und sehnte sich nach Euridices empfindsamem Körper. Als er in sie eindrang, spannte sie einen Augenblick die Muskeln an und seufzte dann; Tränen rannen ihr über die Wangen, sie schloss die Augen und öffnete sie dann wieder, sie blutete. Victorien liebkoste sie mit seinem Glied von innen. Sie bewegten sich beide im Gleichgewicht, bemühten sich, nicht vom Bett zu fallen, blickten sich unentwegt fest an. Das Glücksgefühl, das sie überkam, kannten sie noch nicht. Die Bewegungen und die Anstrengung öffneten Victoriens Wunde wieder. Er blutete. Ihr Blut vermischte sich. Sie blieben lange eng aneinandergeschmiegt liegen und betrachteten die parallelen Lichtstreifen, die ganz langsam über die Wand wanderten und über den Spiegel strichen, der glänzte, ohne etwas widerzuspiegeln.
    »Ich wechsele jetzt deinen Verband. Deshalb bin ich hergekommen.«
    Sie umwickelte sein Bein nicht mehr ganz so fest, reinigte ihre Schenkel, küsste ihn auf die Lippen und verließ den Raum. Er spürte das Pochen der Wunde auf seinem Schenkel, aber sie hatte sich wieder geschlossen. Der leichte Schmerz hielt ihn wach. Ein Moschusgeruch ging von ihm aus, der nicht nur der seine war, oder aber ein Geruch, wie er ihn bis dahin noch nicht an sich bemerkt hatte. Er schlug das schöne Heft mit den weißen Blättern auf, das Salomon ihm mitgebracht hatte. Er malte leichte Flecken, geschmeidige Striche. Er versuchte mit der Tusche die weichen Laken wiederzugeben, ihre unendlich verdrehten Falten, ihren Geruch, die parallelen Lichtstreifen, die der Spiegel auf die Wand zurückwarf, die einschmeichelnde Wärme, den Lärm und die Sonne draußen, und sich selbst in diesem schattigen, zentralen und zugleich verborgenen Raum, ein pochendes Herz in einem großen glücklichen Körper.
    Er genas, aber nicht so schnell wie der Krieg voranschritt. Die motorisierten Zuaven setzten ihren Weg nach Norden fort und ließen ihre Verwundeten im Krankenhaus zurück. Als Salagnon wieder laufen konnte, wurde er mit einem mittleren Dienstgrad in einem anderen Regiment aufgenommen, und sie setzten ihre Reise bis nach Deutschland fort.
    Das Wetter im Sommer ’44 war schön und heiß, und die Menschen hielt nichts in ihren Häusern: alle nach draußen! Die Männer trugen zu weite, an der schmalen Taille mit einem Ledergürtel zusammengeschnürte kurze Hosen und ein bis zum Bauch aufgeknöpftes Hemd. Es wurde viel geschrien. Auf den überfüllten Straßen kam es zu Menschenansammlungen, es gab Aufmärsche, es wurde geklatscht, die Leute verfolgten gemächlich den Siegeszug. Militärlastwagen fuhren im Schritttempo durch die sich langsam teilende Menschenmenge, besetzt mit Soldaten, die eine

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