Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
Wasser ausgeschüttet, es gab dort keine Fische mehr.
Man vertraute Salagnon junge Männer an, die aus Frankreich gekommen waren, Minderjährige, die gerade aus der Schule entlassen worden waren, soeben ihre Familie verlassen hatten und nun mit einem großen, grünen Seesack von Bord des Schiffes gingen; sie stiegen auf Lastwagen, die von wortkargen Fallschirmjägern in hautengen Kampfanzügen mit aufgekrempelten Ärmeln gefahren wurden, und durchquerten Algier nebeneinander auf den Bänken der Ladefläche; sie hatten ihre großen, unhandlichen, grünen Seesäcke zwischen die Beine geklemmt. Die meisten von ihnen hatten noch nie eine so geschäftige, schmutzige, überfüllte Hafenstadt gesehen, mit Straßen, auf denen sich Menschen in seltsamen Kleidern streiften, ohne einander zur Kenntnis zu nehmen, und überall waren Soldaten in unterschiedlichen Uniformen, bewaffnete Soldaten, die Wache standen, auf Patrouille gingen oder auf der Durchreise waren, zu Fuß, in Jeeps, in leichten gepanzerten Fahrzeugen oder in staubigen Lastwagen. Wenn sie an einem schönen Tag eintrafen, an dem die weißen Fassaden in der Sonne aufleuchteten, rief das einen nachhaltigen Eindruck hervor, und die ungesunde Spannung, die der sengend heiße, wie ein blau bemaltes Blech wirkende Himmel ausstrahlte, elektrisierte sie. Die Lastwagen fuhren in die mit spanischen Reitern und Sandsäcken verschanzte Kaserneneinfahrt und hielten auf dem Exerzierplatz. Neben dem Mast, an dem ganz oben die Flagge wehte, erwartete sie kerzengerade, den schönen Kopf auf seinem langen, schlanken Körper hochgereckt, Hauptmann Salagnon in getigertem Kampfanzug, breitbeiniger Haltung, die Hände auf dem Rücken verschränkt, das rote Barett leicht schräg sitzend; all die jungen Leute auf den Lastwagen wussten noch nicht, was die Farbe dieser Baretts bedeutete. Das und vieles andere würden sie noch lernen. Aber seltsamerweise waren die Farben der Barette und die der Uniformen einige der wichtigsten Dinge, die sie hier lernen würden, denn es war wichtig, nicht die blauen, grünen, roten und schwarzen Barette miteinander zu verwechseln und nicht die gleichen Gefühle für Soldaten mit unterschiedlichen Farben zu empfinden. Man ließ sie absteigen, begann zu schreien und ließ sie in einer Reihe stammstehen, das Gepäck zu ihren Füßen. Mit erhobenem Kinn harrten sie Hauptmann Salagnon gegenüber, der vor dem Fahnenmast stand. Die jungen Männer kamen aus Frankreich und waren noch nie so weit von ihrem Heimatland entfernt gewesen, sie waren alle Freiwillige. Ihren glatten Gesichtern ließ sich kaum ansehen, was sie waren. Sie hatten ihre Grundausbildung in Frankreich erhalten, hatten gelernt zu schießen, mit dem Fallschirm abzuspringen und jemanden zu tragen – das Fallschirmspringen, nur um zu sehen, ob sie es konnten, denn das würden sie hier nie zu tun brauchen; sie würden höchstens aus einem gerade gelandeten Hubschrauber springen, dessen Rotorblätter sich noch drehten. In ihrem klaren Blick, in dem Naivität und Härte, die beide noch aus der Kindheit stammten, miteinander stritten, versuchten sie eine kleine Flamme zu entfachen, um anzudeuten, dass sie bereit waren zu kämpfen. Als sich schließlich niemand mehr rührte und die Stille lastend wurde, richtete sich Salagnon mit lauter, klarer Stimme an sie. So würde man ab jetzt immer zu ihnen sprechen, laut, damit sie es hörten, und klar, damit sie es begriffen. »Meine Herren, ich werde Sie zu Fallschirmjägern ausbilden. Das ist etwas, dessen man sich würdig erweisen muss; das wird hart sein. Sie werden Soldaten sein, die Respekt einflößen; Sie werden hier stärker leiden, als Sie je gelitten haben. Man wird Sie bewundern, und man wird Sie verachten. Aber ich werde nie einen von denen, die mir folgen, im Stich lassen. Das ist alles, was ich Ihnen versprechen kann.«
Was das anging, hielt er Wort. Sie erwarteten nicht mehr; dafür waren sie hergekommen.
Ihr erstes Wiedersehen fand in einem kleinen Hotel in der Rue de la Lyre statt. Salagnon war etwas zu früh angekommen; er hatte sich aufs Bett gelegt und wartete auf sie. Die Einrichtung gefiel ihm nicht, die glanzlosen Tapeten, die veralteten, zu düsteren Möbel, der Spiegel, der ihn zur Hälfte und verzerrt wiedergab, die matten Vorhänge, der ständige Straßenlärm. Das würde auch ihr nicht gefallen. Er fragte sich, ob er nicht aufstehen und um ein anderes Zimmer bitten sollte, doch da klopfte sie schon, trat ein und legte sich sofort zu
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