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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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glauben Sie mir das.«
    Er wandte sich ab und ordnete das Abschleppen des Citroën an.
    Dieser Typ ist zehn Jahre jünger als ich, dachte Salagnon, und er beherrscht sein Metier. Wir bilden eine Generation von Kriegsingenieuren aus. Was sollen sie bloß anschließend tun?«
    »Als wir zu Ihrem Posten …«
    »Zum bordj , Herr Hauptmann, zum bordj« , unterbrach ihn Chambol. »Ich lege Wert auf dieses Wort. Es bezeichnet im Arabischen einen Turm, und es ist ein sehr starkes Wort in ihrer Sprache. Ein edles Wort, ein Signal in der Wüste.«
    »Also, als wir zu Ihrem … bordj hinaufgefahren sind, haben wir am Straßenrand die Kadaver von Eseln gesehen. Mehrere und in unterschiedlichem Verwesungszustand.«
    »Das ist eine Sperrzone, Hauptmann.«
    »Ist sie auch für Esel gesperrt?«
    »Die gesamte Bevölkerung dieser Region ist umgesiedelt worden, und der Zugang ist für alle verboten. Wir sorgen dafür, dass niemand mehr die Zone betritt und die Gesetzlosen keinerlei Nachschub mehr bekommen können. Damit sie Hunger leiden, ihr Versteck verlassen und sich dem Kampf stellen. Die Regel ist einfach, Hauptmann, sie ermöglicht uns das Land unter Kontrolle zu halten: das Gebiet ist eine Sperrzone, und jede Person, die dort angetroffen wird, wird für gesetzlos erklärt.«
    »Aber die Esel?«
    »Die Esel dienen in Algerien als Transportmittel. In der Sperrzone sind Esel daher ein feindlicher Konvoi.«
    Salagnon betrachtete Oberst Chambol verträumt, der mit vollem Ernst auf ihn einredete.
    »Bei mehreren Hinterhalten haben wir viele Esel getötet, sie transportierten Oliven oder Weizen. Das kann man als Fehler ansehen, aber das wäre ein Irrtum: Wir hungern die Rebellion aus.«
    »Haben Sie denn die Partisanen gesehen?«
    »Die Gesetzlosen? Niemals. Sie sind wohl noch nicht hungrig genug, um ihr Versteck zu verlassen. Aber wir warten auf sie. Wer am meisten Geduld hat, wird den Sieg davontragen.«
    »Oder aber hier sind keine Partisanen.«
    »Da muss ich Ihnen widersprechen. Wir haben einen Esel abgefangen, der Waffen transportierte. Er wurde von Frauen begleitet, die Männerschuhe trugen, und das hat uns misstrauisch gemacht. Wir haben sie sofort erschossen. Und als wir die Leichen untersucht haben, hat sich herausgestellt, dass es tatsächlich Männer waren, und in den Lastkörben transportierte der Esel unter Säcken mit Gries zwei Gewehre. Dieser tote Esel rechtfertigt alle anderen, Hauptmann. Wir sind auf dem rechten Weg.«
    »Ich nehme an, Sie stellen weiterhin den Eseln nach.«
    »Wir machen damit weiter. Wir geben nicht nach. Die Charakterstärke ist die beste Eigenschaft des Menschen. Sie ist viel wichtiger als Intelligenz.«
    »Ja, ich verstehe. Die Wahrheit ist ein langer, von toten Eseln gesäumter Weg.«
    »Was wollen Sie damit sagen, Hauptmann?«
    »Nichts, Herr Oberst. Ich versuche einen Sinn für all das zu finden.«
    »Und haben Sie ihn gefunden?«
    »Nein. Es wird wohl noch weitere Kollateralschäden geben, glaube ich«, sagte er lächelnd.
    Chambol blickte ihn verständnislos an, ohne zu lächeln.
    »Was haben Sie denn hier genau zu tun, Hauptmann Salagnon?«, fragte er schließlich.
    »Wir haben den Auftrag eine katiba abzufangen, die tatsächlich Waffen liefert.«
    »Und Sie meinen, wir wären nicht fähig, ihr den Weg zu versperren?«
    »Eine katiba , das sind hundertzwanzig durchtrainierte Männer, Herr Oberst, die genauso bewaffnet sind wie wir, und die wissen, wo sie uns finden. Wir werden zumindest nicht überflüssig sein.«
    »Wie Sie wollen. Aber Sie hätten sich die Reise sparen können.«
    Salagnon hielt es nicht für nötig, ihm darauf zu antworten. Die Fallschirmjäger ließen sich in Chambols Büro nieder, schafften Platz, richteten eine Funkbefehlsstelle ein, hängten eine Tafel an die Wand und entfalteten Karten; sie umringten Salagnon, der keinerlei Anordnung erteilte, sondern inmitten des Treibens reglos verharrte, bis alle Vorbereitungen fertig waren. Chambol stand mit verschränkten Armen in einer Ecke des Raums, er schäumte vor Wut; er war ganz offensichtlich nicht mit der Sache einverstanden.
    »Vignier, Herboteau?«
    »Ja, Herr Hauptmann?«
    »Welchen Weg würden Sie wählen, wenn Sie an ihrer Stelle wären?«
    Die beiden jungen Oberleutnants beugten sich über die Karte. Sie studierten sie mit großem Ernst, zeigten mit kleinen Zeichen ihre Konzentration, der eine rieb sich den Nasenrücken, der andere fummelte mit Daumen und Zeigefinger an seiner Lippe, dann legten der eine und

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