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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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verstummte. Die Lichtfinger erloschen mit einem Schlag.
    Die Entwarnung ließ nicht auf sich warten, und der Onkel lockerte den Griff.
    »Komm, wir gehen nach unten. Pass auf, dass du nicht ausrutschst. Das Einzige, was du riskiert hast, war ein Sturz vom Dach. Dann hätte man dich unten aufgesammelt und in das Sammelgrab für Opfer aus unbekannten Ursachen geworfen, niemand hätte etwas von deiner Unabhängigkeit erfahren. Komm.«
    In dem nun wieder erleuchteten Treppenhaus begegneten sie Familien in Schlafanzügen. Nachbarn riefen sich etwas zu und trugen in Körben das Abendessen hinauf, das sie nicht hatten beenden können. Die Kinder spielten noch und nörgelten, dass sie in die Wohnung zurückkehren mussten, mit ein paar Ohrfeigen wurden sie ins Bett geschickt.
    Victorien folgte seinem Onkel. Seine Anwesenheit genügte, um lästige Fragen zu vermeiden, selbst wenn er kein Wort über die Sache verlor. Als er ihnen den Sohn zurückbrachte, sagten die Eltern nichts, und alle begaben sich gleich zu Tisch. Seine Mutter hatte ein hübsches Kleid angezogen und sich die Lippen geschminkt. Ihr roter Mund war ständig in Bewegung, sie lächelte beim Reden. Sein Vater las mit lauter Stimme das Etikett einer Flasche Rotwein vor und zwinkerte, als er den Jahrgang nannte, nachdrücklich dem Onkel zu.
    »Davon gibt es so gut wie keine mehr«, versicherte er. »Die Franzosen kommen nicht daran. Vor dem Krieg haben die Engländer ihn uns weggetrunken, und jetzt beschlagnahmen ihn die Deutschen. Aber ich habe ihnen einen anderen andrehen können, sie verstehen nichts von Wein. Auf diese Weise habe ich ein paar Flaschen von diesem behalten.«
    Er schenkte erst dem Onkel und dann sich selbst ein großes Glas ein, anschließend bediente er nicht ganz so großzügig Victorien und dessen Mutter. Der Onkel war nicht sehr geschwätzig und aß ziemlich gleichgültig, während die Eltern sich rings um seine Bockigkeit herum zu schaffen machten. Sie plapperten, lieferten der Unterhaltung mit gespielter Begeisterung Stoff, wechselten einander ab, um Anekdoten und bissige Bemerkungen zum Besten zu geben, die beim Onkel ein vages Lächeln hervorriefen. Sie wurden immer oberflächlicher, spielten sich derart auf, dass sie wie aufgeblasene Ballons ziellos durch den Raum zu schweben schienen, nur von der Luft angetrieben, die aus ihren Mündern strömte. Die Masse des Onkels änderte ständig die Anziehungskraft. Man wusste nicht, was er dachte, nicht einmal, ober er überhaupt etwas dachte, er begnügte sich damit, da zu sein, und das verzerrte den Raum. Man spürte, wie sich der Boden rings um ihn neigte, man konnte dort nicht mehr aufrecht stehen, glitt aus und musste lächerliche Bewegungen machen, um das Gleichgewicht zu halten. Victorien war fasziniert davon, er hätte gern das Rätsel dieses seltsamen Phänomens gelüftet. Wie soll man die Verzerrung der Atmosphäre jemandem erklären, der seinen Onkel nicht kannte? Er versuchte es manchmal mit folgender Erklärung: Er sagte, sein Onkel sei körperlich beeindruckend; aber da der Mann weder groß noch dick, noch stark, noch sonst irgendwas war, führte eine solche Beschreibung zu nichts. Victorien wusste nicht, wie er die Sache zu Ende führen sollte, er sagte nichts mehr. Er hätte es zeichnen müssen; nicht den Onkel, sondern den Raum, der ihn umgab. Die Zeichnung besitzt diese Macht, sie ist sozusagen eine Abkürzung, die zeigen kann, was Worte nicht auszudrücken vermögen.
    Unerschöpflich erzählte sein Vater von den gewundenen Pfaden der Kriegswirtschaft, begleitete mit einem Ellbogenstoß oder einem Augenzwinkern die Höhepunkte seines Berichts, wenn Angehörige der Besatzungstruppen von den Franzosen hereingelegt wurden, ohne es zu merken. Dass die Deutschen nichts merkten, löste tosendes Gelächter bei ihm aus. Victorien nahm an der Unterhaltung teil; da er sein Abenteuer auf dem Dach nicht erwähnen konnte, berichtete er ausführlich über den gallischen Krieg. Er geriet in Feuer, erfand präzise Einzelheiten, Waffengeklirr, Kavalleriegalopp, das Knallen von aufeinanderstoßendem Eisen; er erörterte die Schlachtordnung der Römer, die Kraft der Kelten, die Gleichheit der Waffen und die Ungleichheit der geistigen Verfassung, die Rolle der Organisation und die Wirksamkeit des Terrors. Der Onkel hörte mit liebevollem Lächeln zu. Schließlich legte er seinem Neffen die Hand auf den Arm. Daraufhin verstummte dieser.
    »Das ist zweitausend Jahre her, Victorien.«
    »Das ist

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