Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
Sie! Arbeiten Sie! Etwas anderes bleibt Ihnen nicht übrig!« Und anschließend ging er mit langsamen Schritten zwischen den Reihen der Schüler hin und her, die in ihre Lateinarbeiten vertieft waren. Sie lächelten, ohne den Kopf zu heben, und dieses heimliche Lächeln war wie ein leises Plätschern, wie ein Echo der in die kalte Luft der Klasse gerufenen schroffen Worte, und dann kehrte wieder die stetige Ruhe des Klassenzimmers ein: das Knistern von Papier, das Kratzen der Federn, das leise Hochziehen einer Nase und manchmal ein unterdrücktes Husten.
Oder er sagte: »Mehr als dieses Wissen werden Sie nicht erhalten.« Oder auch: »Wenn alles zu Ende ist, werden Sie die Aufgeklärten in diesem Europa von Rohlingen sein; diejenigen, die wortlos die Geschäfte ihres Herren verwalten.«
Er führte das nie weiter aus. Griff nie etwas von dem auf, was er gesagt hatte, wiederholte es nie. Man kannte Fobourdons Sätze, die Angewohnheiten eines Lehrers. Die Schüler wiederholten sie, ohne sie zu verstehen, sammelten sie, um darüber zu lachen, erinnerten sich aber auch voller Bewunderung an sie.
Sie lernten, dass Arbeit im alten Rom nicht gewürdigt wurde; man überließ das Wissen und die Techniken den Sklaven und den Freigelassenen, während Kriegsführung und Machtausübung den freien Bürgern vorbehalten waren. Selbst in Freiheit löste sich der Freigelassene nicht von seiner niederen Herkunft, seine Tätigkeit verriet ihn stets: er arbeitete und er war kompetent.
Sie lernten, dass im Hochmittelalter, als alles in den Wirren des allgemeinen Kriegs unterging, der Gebrauch der Schrift in den Klöstern bewahrt wurde, wie auf Inseln, und dass die Mönche durch die tiefe meditative Stille der Arbeit in Zurückgezogenheit die Erinnerung daran aufrechterhielten. Sie lernten.
Als daher im Frühjahr ein Mann in schwarzer Uniform in ihre Klasse kam, um mit ihnen über die Zukunft zu sprechen, empfanden sie das als eine überraschende Störung. Er trug eine schwarze Fantasieuniform, die in keiner existierenden Armee getragen wurde. Er stellte sich als Mitglied einer jener neuen Organisationen vor, die in dem Land entstanden. Er trug Stiefel, die aber schöner waren als die der Deutschen und die Form von Gummistiefeln hatten; er trug die glänzenden Schaftstiefel der französischen Kavallerieoffiziere, was ihn ohne Zweifel in die Tradition nationaler Eleganz einreihte.
»Die Grenze Europas ist die Wolga«, begann er in schneidendem Ton. Er hatte beim Sprechen die Hände auf dem Rücken verschränkt und die Schultern hochgezogen. Pater Fobourdon kratzte sich an der Kehle und ging einen Schritt zur Seite, um sich vor die an der Wand aufgehängte Landkarte zu stellen. Er verdeckte sie mit seinen breiten Schultern.
»An dieser Grenze schneit es, es herrschen minus dreißig Grad, der Boden ist so vereist, dass man die Toten nicht vor dem Sommer begraben kann. An dieser Grenze kämpfen unsere Truppen noch gegen jene der roten Gefahr. Ich sage unsere Truppen, so muss man das sagen, denn es sind die unsrigen, die europäischen Truppen, die jungen Männer aus zehn Nationen, die in kameradschaftlicher Verbundenheit kämpfen, um die Kultur vor dem bolschewistischen Einfall zu retten. Der Bolschewik ist die moderne Form des Asiaten, Messieurs, und für den Asiaten war Europa schon immer eine bevorzugte Beute. Damit ist es vorbei, denn wir verteidigen Europa. Zurzeit ist Deutschland den anderen voraus auf dem Weg zu einer neuen Gesellschaftsordnung und befehligt daher diese Erhebung der Nationen. Das alte Europa muss Deutschland vertrauen und ihm folgen. Frankreich war krank und hat sich geläutert, doch jetzt findet es seinen ureigenen Geist wieder. Frankreich hat die Nationale Revolution eingeleitet, es wird seinen Platz im neuen Europa einnehmen. Und um diesen Platz zu erobern, gibt es keinen anderen Weg als den Krieg. Wenn wir einen Platz im Europa der Siegermächte haben wollen, müssen wir unter den Siegermächten sein. Messieurs, Sie müssen sich unseren Truppen anschließen, die an unseren Grenzen kämpfen. Sie werden bald eine Einberufung zu den Chantiers de Jeunesse erhalten, in deren Rahmen Sie die erforderliche Ausbildung erhalten werden. Anschließend werden Sie der neuen Armee zugeteilt, die unseren Platz in der Welt sicherstellen wird. Wir werden durch das Blut neu erstehen.«
Die verblüffte Klasse hörte stumm zu. Dann stammelte ein Schüler mit offenem Mund, ohne um das Wort gebeten zu haben, in klagendem Ton: »Und
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