Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau am Tor (German Edition)

Die Frau am Tor (German Edition)

Titel: Die Frau am Tor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Worthmann
Vom Netzwerk:
sie unterbrochen hatte. Ein Lesezeichen hatte er nicht eingelegt und musste erst nach der Stelle suchen. Aber dann merkte er bald, dass es ihm gar nicht möglich war, die notwendige Konzentration aufzubringen, die Buchstaben schienen wie sinnlose Zeichen vor seinen Augen zu tanzen. Und er ging zurück in sein Bett, wo er lange wach lag.
    Irgendwann musste er dann doch eingeschlafen sein. Am Morgen fand er auf seinem Nachttischchen einen Zettel, auf dem Eva ihm mitteilte, sie habe ihn nicht aufwecken wollen und werde sich später melden. Als gegen Mittag das Telefon im Flur klingelte, vermutete, ja hoffte er zuerst, sie sei es, ahnte aber schon seinen Irrtum, noch bevor er abgenommen hatte. Eva rief so gut wie nie über die Festnetznummer an.
     

7.
    “ Bitte, Sie müssen herkommen, ich muss unbedingt mit Ihnen reden. Es ist etwas passiert!”
    Sie klang noch drängender, flehentlicher als beim letzten Mal. Er fragte, was denn los sei.
    “ Da..da war so ein Anruf. Ein Mann war dran...oh Gott. Er hat mir gedroht. Es war so furchtbar. Bitte, können Sie nicht herkommen? Jetzt gleich? Ich halte das allein einfach nicht aus”.
    “ Nun beruhigen Sie sich doch”, sagte er und dachte, dass er diese Worte ihr gegenüber bereits bedenklich oft benutzt hatte. Außerdem dachte er, dass es mit seiner eigenen Ruhe inzwischen auch nicht mehr weit her war und dass es damit kaum besser werden würde, wenn er ihrem Wunsch nicht nachkäme.
    “ Ich...ich versuche es doch, wirklich”, sagte sie fügsam und dann drängend: “Aber ich muss mit Ihnen reden, nicht nur am Telefon. Bitte!”
    “ Gut, ich komme”, versprach er.
    Er duschte und rasierte sich und wählte eine weiße Jeans und ein enges schwarzes T-Shirt, dazu sandfarbene Slipper, da er fand, dass er in dieser Aufmachung besonders viril und vital wirkte. Handy, Brieftasche und Schlüssel brachte er in einem leichten Leinensakko unter, das er aber nur über die Schulter warf. Die Gründe, weshalb er auch und gerade jetzt solchen Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild legte, gestand er sich ungern ein, war sich ihrer aber zumindest unterschwellig bewusst.
    Obschon es nach dem nächtlichen Gewitter abermals ziemlich warm war, beschloss er, zu Fuß zu gehen. Er wollte kein unnötiges Risiko eingehen, zumal der Alfa ohnehin schon ziemlich auffällig war. Je mehr er sich dem Haus in der Kolbestraße näherte, desto häufiger schaute er sich um. Aber außer ihm war kein Fußgänger unterwegs. Autos kamen nur selten vorbei, und die Häuser wirkten um diese Zeit wie ausgestorben.
    Das Gartentor war nur angelehnt, und er trat rasch ein. Sein Puls schlug schneller, als er die Stufen der Terrasse hinaufstieg. Sie öffnete die Haustür sofort, nachdem er nur ein Mal geschellt hatte und schloss sie hastig hinter ihm. Sie trug kurze, enge, perfekt sitzende Jeans-Shorts, die nicht einmal bis zur Mitte ihrer schönen Oberschenkel reichten sowie ein kleines weißes Topp mit dünnen Trägern und darunter nichts, wie deutlich erkennbar war. Sie hatte sich leicht geschminkt und ihr Haar zu einem winzigen Dutt zusammengesteckt. Er fand, dass sie hinreißend aussah. Nur ihr Blick passte nicht ganz zu dem Rest, dazu lagen in ihren Augen zu viel Angst und zu große Verwirrung.
    Sie gab einen kleinen Seufzer der Erleichterung von sich, fasste ihn bei den Schultern, drückte sich kurz an ihn, sodass er ihre Brüste spürte, und zog ihn weiter ins Haus hinein, das ihm jetzt bei Tag verändert und fremd vorkam. Er versuchte, nicht auf jene Stelle zu schauen, an der der Tote gelegen hatte, doch das schaffte er nicht. Er versuchte, die Frau nicht anzuschauen und schaffte auch das nicht.
    “ Ich bin ja so froh, dass Sie gekommen sind. Wirklich“, sagte sie mit einer Wärme in der Stimme, die ihm einen kleinen Schauer über den Rücken kriechen ließ.
    Sie führte ihn diesmal in den anderen Wohnraum, dessen Ausstattung kaum Ähnlichkeit mit dem jenseits der Flügeltür hatte, in dem sie in der Nacht gewesen waren. Mit dem riesigen, antiken Bücherschrank, einer dazu passenden Vitrine sowie einer Kommode, dem dunklen Ledersofa, zwei dazu gehörigen Sesseln und dem Esstisch wirkte er auf eine etwas anachronistische Weise behaglich. Auch hier gab es mehrere große Bilder an den Wänden, die ähnlich bunt waren wie die in dem anderen Raum, jedoch dezenter anmuteten, aber vom selben Maler zu stammen schienen.
    Sie bot ihm einen Sessel an, er versank fast darin. Sein Sakko legte er über einen der

Weitere Kostenlose Bücher