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Die Frau am Tor (German Edition)

Die Frau am Tor (German Edition)

Titel: Die Frau am Tor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Worthmann
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vorbei, als er im Eilschritt die Straße überquerte und auf das Tor zu stürzte. Aber zum Glück schienen ihn die beiden nicht weiter zu beachten.
    Julia hatte ihn offenkundig am Fenster erwartet, denn sie machte ihm die Haustür auf, noch bevor er geschellt hatte. Ihr Anblick versetzte ihm einen leisen Schock. Gegenüber den letzten Malen, als er sie gesehen hatte, war sie kaum wiederzuerkennen in ihrer formlosen grauen Latzhose und dem nicht mehr sauberen T-Shirt, mit ihrem ungekämmten Haar, dem übernächtigten, angespannten, ungeschminkten Gesicht und den Ringen unter ihren Augen, deren Blick verriet, was mit ihr los war. Sie wirkte in jeder Hinsicht aufgelöst.
    “ Danke, dass du gekommen bist. Dieser Mann, er hat wieder angerufen, ich zittere immer noch am ganzen Leib”, sagte sie kraftlos und schloss die Tür hinter ihm. Sie blieben in der Diele.
    Er hatte sich einiges zurechtgelegt, das er ihr – eindeutig und ein für alle Mal – zu verstehen geben wollte, um sie endlich zur Raison und davon ab zu bringen, ihn weiterhin zu behelligen. Doch als er sie so sah, wusste er sofort, dass er es nicht schaffen würde. Nicht jetzt. Nach Lage der Dinge war dies wohl tatsächlich nicht der passende Moment.
    “ Was hat er denn gesagt?”
    “ Er hat gesagt, dass er Bescheid weiß, über mich. Und dass er bisher der Polizei nichts gesagt hat, weil...weil er...” ihre Stimme stockte und erstickte fast...”weil er der Ansicht sei, dass wir die Sache vielleicht auch anders regeln könnten. Oh Gott, ich weiß nicht mehr aus noch ein.”
    “ Und sonst hat er nichts gesagt?”
    “ Nein, sonst nichts. Nur, dass er sich wieder melden will. Am Montag, Montagmittag, will er wieder anrufen.”
    “ So, jetzt hör mir gut zu”, sagte er, “ich werde Montag herkommen und dabei sein, wenn er wieder anruft. Du stellst den Apparat auf laut und ich höre mir das mit an, und dann sehen wir weiter. Und bis dahin versuchst du einfach, die Nerven zu bewahren. Klar?”
    Sie nickte fügsam.
    “ Und noch etwas. Bitte ruf mich bis dahin nicht an und komm vor allem nicht noch einmal bei mir vorbei, hörst du? Du bringst nicht nur mich in Schwierigkeiten, sondern letzten Endes auch dich selbst.”
    “ Ja, ich weiß, das war dumm von mir”, sagte sie. “Und bitte entschuldige mein Benehmen gestern morgen und meine Anrufe. Ich verspreche dir, dass ich mich bessern und vernünftig sein werde. Ich bin jetzt erstmal erleichtert, dass du Montag kommen wirst. Danke.”
    “ Ja ja, schon gut. Aber jetzt muss ich schnell wieder weg. Es war überhaupt schon riskant genug, jetzt um diese Zeit herzukommen. Sicher wird doch dein Mann gleich nach Hause kommen.”
    “ Ach, so früh kommt der nicht”, entgegnete sie nach einem kurzen Zögern.
    Dann schaute sie an sich herunter und warf einen Blick in den Garderobenspiegel.
    “ Schrecklich, wie ich aussehe. Ich konnte mich heute einfach zu nichts aufraffen. Und dann noch dieser Anruf, der hat mir den Rest gegeben. Ich muss mich jetzt erstmal frisch machen und umziehen, sonst kriegt Frank einen Schlag, wenn er mich sieht.”
    “ Ja, das wäre wohl ganz gut”, sagte er.
    Zum Abschied berührte sie ihn kurz an der Schulter.
    Nur Sekunden, nachdem er wieder in seinen Wagen gestiegen war, kam ihm ein schwarzer Fünfer-BMW mit einem Mann am Steuer entgegen, und er konnte im Rückspiegel verfolgen, wie er in die Garageneinfahrt einbog. Sein Magen krampfte sich leicht zusammen bei der Vorstellung, dass er ihm um Haaresbreite in die Arme gelaufen wäre. Doch der Wagen setzte zurück, wendete und fuhr in langsamem Tempo ein Stück in die entgegengesetzte Richtung, um dann anzuhalten. Er war drauf und dran, seinerseits zurückzufahren und sich den Wagen und den Mann darin näher anzusehen, ließ es aber.
    Kessler, verstrick Dich nicht in Hirngespinste, ermahnte er sich – bleib erstmal selber ruhig, statt diesen Rat dauernd nur einer anderen Person zu erteilen. Aber das war leichter gedacht als getan. Er hatte das Gefühl, von einem bösen Schatten der Ungewissheit verfolgt zu werden.

13.
    Er hatte es mit der Wahrheit immer sehr genau genommen, sowohl wenn es darum ging, von Berufs wegen die nicht auf den ersten Blick erkennbaren Seiten der Realität ans Licht zu bringen, als auch im Umgang mit den Menschen, die ihm nahestanden. Dass er dabei hin und wieder gegenüber denen, die ihm nicht nur nicht nahe, sondern im Wege standen, das Mittel der Unwahrheit verwendet hatte, stellte in seinen Augen keinen

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