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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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Schlagzeilen. Hannelore entging nicht, dass der ungeheure Vorwurf der Bestechlichkeit im Amt ihren Mann unglaublich traf. Kohls Nachfolger als CDU-Bundesvorsitzender Wolfgang Schäuble und CDU-Generalsekretärin Angela Merkel forderten seit Tagen eine lückenlose Aufklärung der Spendenaffäre ohne Rücksicht auf Ansehen von Personen. Hannelore fühlte mit, wie sich der Ehrenvorsitzende der CDU einerseits in der eigenen Partei behaupten musste, andererseits gegenüber der Presse ständig gebetsmühlenartig dementierte, Kenntnis über ein solches Finanzgebaren gehabt zu haben.
    * * *
    Bei meinen Wochenendtrips im Spätherbst 1999 nach Ludwigshafen traf ich auf eine Hannelore Kohl, die ich so nicht kannte. Sie wirkte bedrückt, schien eine schwere Last zu tragen, berichtete über kaum zu ertragende Schmerzen und flüchtete bei unseren Gesprächen in Sarkasmus. Als Vertreter eines von ihr gehassten Berufsstandes ließ ich mich nicht ein auf Kollegenschelte, verteidigte die Funktion des Journalismus, Kritik und Kontrolle auszuüben. Als am 13. Dezember 1999 berichtet wurde, gegen Helmut Kohl käme ein Anfangsverdacht wegen Betrugs und Geldwäsche in Betracht und es würden bereits zehn Anzeigen gegen ihn vorliegen, rief sie mich empört an und wollte meine Meinung dazu wissen. Der Altkanzler dementierte zum gleichen Zeitpunkt die neuerliche Unterstellung, wonach beim Kauf der Leuna-Raffinerie durch die französische Elf-Aquitaine-Gruppe Schmiergelder in Höhe von 85 Millionen D-Mark gezahlt worden seien.
    Hannelore litt unter den schlimmen Verdächtigungen und der Hetzjagd, die kaum noch Privatsphäre zuließen. Zahllose Fernsehteams standen Tag für Tag vor dem Haus in Ludwigshafen und belagerten die Wohnung in Berlin. Es brodelte in der Partei, erste Rückzugsforderungen aus den eigenen Reihen wurden laut. Hannelore verstand die Welt nicht mehr und riet ihrem Mann, in die Offensive zu gehen. Auch das Berliner Büro unterstützte Kohls Absicht, sich vor einem Millionenpublikum zu verteidigen und dringend Aufklärung zu leisten. Am Abend des 16. Dezember 1999 räumte Helmut Kohl vor den Fernsehkameras des ZDF erstmals öffentlich ein, zwischen 1993 und 1998 Spenden in Höhe von 1,5 bis 2 Millionen D-Mark entgegengenommen zu haben. Gleichzeitig weigerte er sich, die Namen der Spender zu nennen, »weil sie mich ausdrücklich darum gebeten haben, nicht genannt zu werden. Dafür habe ich mich verbürgt und ihnen mein Ehrenwort gegeben«. Hannelore verfolgte in heller Aufregung die ZDF-Sendung, hörte aufmerksam zu und vernahm, wie ihr Mann sich für seine Fehler, die Spendenbeiträge am Rechenwerk der CDU-Schatzmeisterei vorbei in die Parteiarbeit gesteckt zu haben, entschuldigte. Sie war erleichtert und fand es gut, wie er seine persönliche Integrität unterstrich und deutlich machte, dass er nicht käuflich gewesen sei. Hannelore registrierte mit Genugtuung, dass ihr Ehemann den Vorwurf mit aller Entschiedenheit zurückwies, seine Entscheidungen als Bundeskanzler aufgrund von Schmiergeldzahlungen getroffen zu haben. Sowohl bei der Lieferung der Spürpanzer nach Saudi-Arabien als auch beim Verkauf der Leuna-Raffinerie an Elf-Aquitaine habe er ausschließlich im Interesse des Landes gehandelt. Hannelore nahm ihm das ab. Allerdings überkamen sie erstmals seit Beginn der Spendenaffäre leise Zweifel am Handeln ihres Mannes. Sie hegte Bedenken vor allem wegen seiner kategorischen Haltung, was die Preisgabe der Namen der Spender anging. Dass deren Anonymität die entscheidende Voraussetzung für eine Spende gewesen sein sollte, wie ihr Mann in verschiedenen Variationen immer wieder betonte, wollte ihr nicht einleuchten. Darüber zu diskutieren, ließ Helmut Kohl nicht zu, wie er überhaupt auf Hannelores Rat in dieser Spendenaffäre weitgehend verzichtete. Der Altkanzler blieb stur bei seinem eingeschlagenen Kurs und war keinesfalls bereit, sein gegebenes Wort zu brechen und die Namen der Spender zu nennen. Diese Haltung erläuterte er jedem, der es hören wollte. So auch der neuen CDU-Parteispitze um Wolfgang Schäuble und Angela Merkel.
    Was dann zwei Tage vor Heiligabend des Jahres 1999 geschah, verschlug nicht nur Hannelore die Sprache. In einem Meinungsartikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung distanzierte sich die CDU-Generalsekretärin Angela Merkel von ihrem langjährigen Förderer Helmut Kohl. Die Partei müsse laufen lernen, so die Autorin, müsse sich zutrauen, in Zukunft auch ohne ihr altes Schlachtross, wie

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