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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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einzuwerben. Schweren Herzens schloss sich Helmut Kohl dem Vorschlag seiner Frau an. Peter Kohl beschreibt es in seinem Buch etwas anders: »Während des letzten Januarwochenendes trifft sich die Familie Kohl in Oggersheim, um über die schwierige Lage, in der sich Helmut Kohl befindet, und mögliche Gegenmaßnahmen zu sprechen. […] Nach diesem Gespräch wird beschlossen, von einer Reihe von Persönlichkeiten Spenden für die CDU in Höhe dieses Betrages zu sammeln.« Wer auch immer die Urheberschaft an der Idee hat, Hannelore alleine oder die Familie, damit begann eine einmalige Aktion, die Hannelore fast alleine »durchzog«. Tagelang telefonierte sie von Ludwigshafen aus mit potenziellen Helfern, Gönnern und Spendern. Obwohl es ihr unendlich schwerfiel und ihr Gesundheitszustand ihr unglaublich zu schaffen machte, bat sie um Geld, bettelte um Spenden. Es kostete sie riesengroße Überwindung, Menschen telefonisch zu beknien, Gelder locker zu machen. Denn diesmal ging es nicht um Spenden für ihre Stiftung, sondern darum, den Schaden wiedergutzumachen, den ihr Ehemann eindeutig allein verschuldet hatte. Sie schämte sich wie in den Jahren nach dem Krieg dafür, von der Hilfe anderer abhängig zu sein. Hannelore musste Absagen herunterschlucken, Weigerungen zur Kenntnis nehmen und Enttäuschungen verarbeiten. Ihr Mann bekam unter der Woche überhaupt nicht mit, was sich Hannelore bei den Bettelgesprächen anhören musste, wie negativ vermeintliche Freunde reagierten und sie selbst immer wieder mit den Tränen kämpfen musste. Hannelore bemühte sich tapfer, ihre Schamgefühle zu unterdrücken und weiterzumachen, bis die Wiedergutmachungsaktion erfolgreich abgeschlossen war. Am Ende ihres Einsatzes waren tatsächlich 6,3 Million D-Mark zusammengekommen, die Anfang März 2000 an den Schatzmeister der CDU überwiesen werden konnten. 700 000 D-Mark hatten die Kohls aus privaten Mitteln beigesteuert, indem sie den Ludwigshafener Bungalow mit einer Hypothek in Höhe von 500 000 D-Mark belasteten und den Rest aus Ersparnissen beisteuerten.
    Als nach der Veröffentlichung der Liste mit diesen Spendern einige großzügige Helfer mit harscher Kritik überzogen wurden, verschlug es Hannelore die Sprache. Es war ihr unbegreiflich, warum die Geldgeber wegen der Überweisung versteuerter Spendengelder in aller Öffentlichkeit diffamiert wurden. Dass Menschen deshalb geradezu gehasst wurden und auf starke Ablehnung stießen, konnte sie nicht nachvollziehen, die Situation versetzte sie in tiefe Traurigkeit.
    Am 8. Februar 2000 berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel in einer Vorabmeldung, dass die Bonner Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung der Kohl-Wohnungen in Ludwigshafen und Berlin sowie der Wohnungen von Juliane Weber und Ecki Seeber beabsichtige. Diese Hiobsbotschaft erreichte das Ehepaar Kohl in Ludwigshafen und brachte Hannelore an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Für sie war die angekündigte Hausdurchsuchung besonders demütigend. Jahrelang hatte sie sich als Frau des Ministerpräsidenten, als Frau des Bundeskanzlers in den Dienst des Landes gestellt, das offenbar keinerlei Interesse daran hatte, der Demontage des Altkanzlers und seiner Familie etwas entgegenzusetzen. Befreit und dankbar nahm sie schließlich die Ankündigung der Bonner Staatsanwaltschaft zur Kenntnis, auf die Hausdurchsuchung verzichten zu wollen, weil Der Spiegel vorab darüber berichtet hatte.
    * * *
    Eigentlich hatte man Helmut Kohls 70. Geburtstag ordentlich feiern wollen. Die Planungen dafür waren jedoch frühzeitig in Berlin und Ludwigshafen eingestellt worden. Die Spendenaffäre schloss eine große Feier aus. Hannelore spürte tagtäglich, wie tief die Familie Kohl im Ansehen gesunken war, was die Spendenaffäre für ihren Mann, für die Kinder und vor allem für sie selbst angerichtet hatte. In wenigen Monaten war der Kanzler der Einheit in seiner Popularität auf einen Tiefpunkt gesunken und von einer wichtigen Person der Zeitgeschichte zur Unperson geworden. Am 3. April 2000 belagerten zahlreiche Fernsehteams und Zeitungsreporter das Haus in Oggersheim. Mit hoher Geschwindigkeit und zugezogenen Vorhängen verließ der Dienst-Mercedes die Garage, gefolgt von Kamerateams. Gemeinsam mit Fritz und Erich Ramstetter fuhren die Kohls ins elsässische Restaurant »Au Cheval Blanc« in Niedersteinbach zu Madame Zink. Hannelore stand der Sinn überhaupt nicht nach Feiern. Nur mit Mühe konnte sie ihre Tränen unterdrücken, das

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