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Die Frau an Seiner Seite

Die Frau an Seiner Seite

Titel: Die Frau an Seiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heribert Schwan
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Tross auch auf zahlreichen Auslandsreisen. Die Fotogalerie in seiner Wohnung weist ihn als wichtigsten medizinischen Beistand in den langen Jahren von Helmut Kohls politischer Karriere aus. Im Jahr 1993 kam es zum Bruch zwischen der Kohl-Familie und dem getreuen Leibarzt. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Chirurg verdächtigt, Hannelore ein falsches Medikament mit beinahe tödlicher Wirkung verabreicht zu haben, das zu einem langwierigen Krankenhausaufenthalt führte. Der Mediziner weigert sich heute, darüber zu sprechen, hat aber offenbar gute Argumente dafür, nicht der Verursacher der lebensbedrohenden Krankheit gewesen zu sein.
    Woraus Hannelore indes kein Geheimnis machte, war ihre große Liebe zu Tieren. Von den Hunden »Dorli« und »Igo« und der zugelaufenen Katze wurde bereits berichtet. Als der Schäferhund 1972 starb, war die Trauer im Hause Kohl riesengroß. Die Söhne, die mit dem Tier aufgewachsen waren, weinten tagelang. Auch Hannelore trauerte um ihren treuen Begleiter, dessen Tod sie schmerzlich an ihren geliebten Dackel erinnerte, der in einer Leipziger Bombennacht zu Tode gekommen war.
    Während sie sich Menschen gegenüber reserviert verhalten konnte, ging sie auf Tiere mit großer Offenheit zu, vor allem auf Hunde. Mit Herrchen oder Frauchen konnte sie endlos über Rasse und Zucht von Vierbeinern plaudern. Alles, was ein dichtes Fell hatte, erregte ihr Interesse. Sie ließ sich sogar hinreißen, Löwenbabys zu taufen und übernahm für einen guten Zweck auch die Patenschaft. Vom Posieren mit Kühen oder Pferden während des traditionellen Sommerurlaubs in Österreich hielt sie indes wenig. Zum inszenierten Charakter der Bilder kam, dass Kühe in ihren Augen schlicht dumm waren. Ähnlich verhielt es sich mit Federvieh. Diese Frau, die Schlangen angstfrei anfassen und sich um den Hals legen lassen konnte, geriet beim Schwimmen im Wolfgangsee in Panik, wenn sich in weiter Entfernung ein Schwan näherte. Sie hatte große Angst, von einem solchen Tier angegriffen zu werden, was aber nie passierte, weil sie rechtzeitig aus dem Wasser floh.
    Hannelore Kohl liebte und fürchtete, mochte und mied. Das galt nicht nur für Tiere, sondern in besonderem Maße für die Menschen in ihrem Umfeld. Dabei spielten sicherlich auch die Meinungen und Gefühle ihres Mannes eine nicht unwesentliche Rolle. Im Mainzer Regierungskabinett ebenso wie in der Staatskanzlei gab es Mitglieder und Mitarbeiter, die sie schätzte und mochte und andere, die sie verachtete und ablehnte. Dieser auffällige Hang zur Schwarz-Weiß-Malerei war ihr ebenso eigen wie ihrem Mann. Dabei gab es zum Teil große Unterschiede, die sich meist in sehr persönlichen Einschätzungen zeigten. Bekanntlich interessierte sich die Ministerpräsidenten-Gattin nur begrenzt für geschichtliche Zusammenhänge. In politischen Analysen und Wertungen folgte sie blind ihrem Mann, ohne dabei große eigene Anstrengungen zu unternehmen. Politische Prozesse interessierten sie allerdings immer dann, wenn sie selbst – vor allem aber ihre Kinder – unmittelbar davon betroffen waren. Ein Beispiel war die Schulpolitik in Rheinland-Pfalz, später ging es um Wehrdienst und Studium. Beim Thema Schule ließ sie kein gutes Haar an Helmuts Kabinettsmitglied Hanna-Renate Laurien. Mit deren Schulpolitik war Hannelore überhaupt nicht einverstanden und legte sich mehrfach im direkten Gespräch mit Laurien an. Mit Bernhard Vogel, damals Kultusminister im Kabinett Kohl, stritt sie ebenso verbissen und erklärte ihm unverhohlen, er habe deshalb schon keine Ahnung von der Materie, weil er weder Frau noch Kinder habe. Hannelore hingegen erlebte den Schulalltag mit all seinen Schwächen und Unzulänglichkeiten nicht nur mittelbar durch ihre Söhne, sondern auch direkt durch ihre über 18 Jahre währende aktive Mitarbeit in Elternbeiräten. Sie verstand sich allein deswegen als Praktikerin, die den oftmals ministerialen Theoretikern Argumente liefern und mit Verve entgegenschleudern konnte, von denen diese in Form und Inhalt so noch nie gehört hatten. Natürlich hatte sie in den Elternbeiräten immer breite Unterstützung, weil man von ihr Reformen und Änderungen zum Besseren erhoffte, die sie als Gattin des Ministerpräsidenten vielleicht durchzusetzen vermochte. Und sie tat alles, was diesbezüglich in ihren Kräften stand. Überliefert wird, dass Helmut Kohl die Anregungen seiner Frau in der Schulpolitik in die Kabinettssitzungen einbrachte und darauf achtete, dass sie ernst

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