Die Frau an Seiner Seite
Hannelore darin, Ärzten das Potenzial zu vermitteln, das in computergestützten Reha-Maßnahmen lag. Heute werden Computer gezielt im neurologisch-pädagogischen Bereich eingesetzt, damals war das etwas völlig Neues. Durch zahlreiche Symposien gelang es dem Kuratorium ZNS, diese Computertherapie bundesweit publik zu machen. Für Hannelore war die Förderung der Unfallverletzten oberstes Prinzip – eine Förderung durch Fordern. Das war ihr immer wiederkehrendes Schlagwort, das war der wichtigste Slogan für sie und ihre Mitarbeiter. Auch nach dem Tod des Unternehmensgründers Heinz Nixdorf 1986 wurde das Programm »Computer helfen heilen« erfolgreich fortgesetzt und von den Nachfolgern in Nixdorfs Sinne weiter ausgebaut.
Die Präsidentin zog aus ihrem unermüdlichen Engagement eine große Befriedigung. Die Kinder waren längst aus dem Haus und studierten inzwischen im Ausland, sodass sie ihre ganze Kraft auf das Projekt ZNS konzentrieren konnte. Was sie für das Kuratorium leistete, war sichtbar, überprüfbar und allenthalben spürbar. Sie besuchte Kliniken, spendete Betroffenen Trost und bemühte sich, auch mit Angehörigen von Hirnverletzten ins Gespräch zu kommen. Ihnen wollte sie Orientierungshilfen für die neue, fordernde Lebenssituation geben. Solche Begegnungen mit Angehörigen konnten oftmals wichtiger sein als der Händedruck mit einem Schwerverletzten, der seinen Zustand noch gar nicht begriffen hatte. Die Eltern, die Familie, die Freunde müssen mit völlig neuen Belastungen umgehen lernen, die sie in der Regel überfordern. Diesen Menschen Hilfe anzubieten, ihnen Zuversicht zu vermitteln, das war Hannelores Sache. Dabei entwickelte sie eine sehr hohe Sensibilität, fand die richtigen Worte. Aber das Wichtigste war – und das wurde zu ihrem Markenzeichen – ihre Fähigkeit, geduldig zuhören zu können.
Mit den ZNS-Gründungsmitgliedern verfügte sie über einen hoch qualifizierten Beraterstab, deren Meinungen und Ansichten sie sehr schätzte. Niemals entschied sie selbstherrlich über Fördergelder, niemals unterstützte sie Reha-Kliniken im Alleingang. Nie machte sie Förderungsprojekte abhängig von politischen Überzeugungen oder gar parteipolitischen Überlegungen. Dennoch kam ihr die Stellung als Gattin des amtierenden Bundeskanzlers natürlich zugute. Ihre Popularität bei den Mächtigen in Wirtschaft und Industrie, bei Gönnern aus der Mitte der Gesellschaft verhalf ihrem Kuratorium maßgeblich zum Erfolg. Geschickt spielte sie mit den Medien und setzte sie gezielt ein, um ihre Arbeit für Hirnverletzte einer breiten Öffentlichkeit publik zu machen. Sie gewann bekannte Künstler für Benefizveranstaltungen und scheute sich nicht, auch bei gesellschaftlich hochrangigen Veranstaltungen Menschen anzusprechen und zuweilen überfallartig mit ihrem Ansinnen zu »belästigen«. Wer sich in ihre Nähe begab, musste damit rechnen, für ihre gute Sache eingespannt zu werden. Manchmal schien es ihrem unmittelbaren Umfeld beinahe peinlich zu sein, wie sie unerbittlich um Geld warb und nicht locker ließ, bis sie die Zusage für eine ansehnliche Spende erhalten hatte.
Hannelore und ihr Geschäftsführer Rolf Wiechers wussten, dass die Ziele des Kuratoriums ohne ausreichende Spendengelder nicht zu verwirklichen waren. Mitte der Achtzigerjahre hatte die Zahl der Betroffenen die Marke von 200 000 überschritten. Um effektiv helfen zu können, musste der Kreis der Förderer ständig erweitert werden. Für eine erste Benefizveranstaltung im Februar 1985 konnte Hannelore die international bekannte deutsche Sopranistin Edda Moser gewinnen. Die glänzende Sängerin, die in Salzburg unter Herbert von Karajan in Wagners Ring des Nibelungen mitgewirkt hatte, später an der Wiener Staatsoper, der Metropolitan Opera in New York und im Ensemble der Oper Frankfurt gesungen hatte, war die richtige Wahl für einen vollendeten Musikabend in Karlsruhe. Mit ihrer Verpflichtung hatte Hannelore einen Coup gelandet.
Um die breite Bevölkerung für ihr Anliegen zu interessieren, war das Fernsehen ein unverzichtbares Medium. Mit Auftritten bei verschiedenen Sendungen in ARD, ZDF und den Dritten Programmen erreichte Hannelore das größtmögliche Publikum. Dabei überließ sie nichts dem Zufall, spielte Interviewfragen und deren Beantwortung mit ihrem Geschäftsführer durch und bestand darauf, nur zu ihrem sozialen Engagement Stellung zu beziehen. Politische Fragen lehnte sie ebenso ab wie solche, die ihr Privatleben
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