Die Frau an Seiner Seite
Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Ludwigshafen, Dr. med. Werner Arens, den sie seit Jahren kannte und dessen Urteil sie sehr schätzte. Arens riet ihr, Professor Dr. Dr. Klaus Mayer, den Ärztlichen Direktor der Neuropsychologischen Abteilung und Neurologischen Poliklinik der Universität Tübingen in ihr Vorhaben einzubinden. Mayer gehörte damals zu den wenigen Forschern, die sich wissenschaftlich mit den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas und möglichen Reha-Maßnahmen beschäftigten. Der gebürtige Düsseldorfer hatte dazu zwei Memoranden abgefasst, in deren Mittelpunkt die Verbesserung der neurologischen Rehabilitation der Patienten stand. Genau in diese Richtung sollte auch Hannelores Initiative zielen. Die Kanzlergattin beließ es nicht bei Telefonaten, sondern vereinbarte einen baldigen Besuch bei dem prominenten Mediziner in Tübingen, an dessen Ende die Zusage des Forschers stand, Hannelores Bemühungen mit allen Kräften zu unterstützen. Aber bis die engagierte Kanzlergattin eine erlauchte Runde von Gründungsmitgliedern um sich versammeln konnte, sollten noch einige Monate vergehen. Am 21. Dezember 1983 wurde das »Kuratorium ZNS für Unfallverletzte mit Schäden des Zentralen Nervensystems« im Bonner Kanzlerbungalow gegründet. Neben Arens und Mayer hatte Hannelore den Bundesvorsitzenden des Bundes Deutscher Hirnbeschädigter (BDH), Karl Dahmen, für ihr Vorhaben gewonnen. Außerdem hatte sie den Schatzmeister und Justitiar des BDH von einer Mitarbeit überzeugen können. Zu den Gründungsmitgliedern zählte auch Robert Visarius, Leitender Direktor der Neurologischen Klinik in Vallendar. Schließlich konnte die Initiatorin den Kanzleramtsmitarbeiter Michael Wettengel überzeugen, als juristischer Berater das Kuratorium ZNS mit aus der Taufe zu heben. Gründungsmitglied ohne Funktion im Vorstand wurde Hannelores langjährige Kollegin und Freundin aus der gemeinsamen BASF-Zeit Maria Fischer. Auf der Gründungsversammlung wurde Hannelore Kohl zur Präsidentin des »Kuratoriums ZNS« ernannt. Der Anfang war gemacht, die Satzung verabschiedet, nun mussten Taten folgen.
Als Hannelore ihre Initiative der kritischen Bonner Presse vorstellte, reagierten die meisten Medienvertreter überrascht. Ihre Vorgängerin Loki Schmidt hatte sich mit ihrem »Kuratorium zum Schutz gefährdeter Pflanzen« einen Namen gemacht und damit bis zu ihrem Tod 2010 große Erfolge erzielt. Hannelore ging einen anderen Weg. Sich für »Bekloppte« – wie Betroffene oft abwertend betitelt wurden – einzusetzen, war lobenswert, aber nicht sonderlich populär. Dass sich das mit den Jahren änderte, war maßgeblich der Verdienst Hannelore Kohls. Als sie 2001 starb, verzeichnete die Buchführung rund 30 Millionen D-Mark Spendengelder auf dem Konto ihres Lebenswerkes für Unfallverletzte mit Schäden des zentralen Nervensystems.
Die frisch gebackene Präsidentin sah es nach der Gründung 1983 als ihre wesentliche Aufgabe an, um Spendengelder zu werben und mit ihrer Prominenz das lange Zeit tabuisierte Thema »Hirnverletzung« in die Öffentlichkeit zu tragen. Nachdem die Gründung des Kuratoriums reibungslos vonstattengegangen war, mussten nun noch weiteres Personal und vor allem Räumlichkeiten gefunden werden, um einen langfristigen Erfolg zu sichern. Hannelore ließ in der Bonner Regionalpresse eine Anzeige schalten, in der eine Büroangestellte für eine neu gegründete Organisation gesucht wurde. Die Bewerberinnen erfuhren erst bei ihrer Vorstellung beim Schatzmeister des Kuratoriums, um was es eigentlich ging. Eine Duisburgerin aus dem Rhein-Sieg-Kreis, Amalie Barzen, Mutter von vier Kindern, machte das Rennen. Seit März 1984 verfügte das Kuratorium auch über eine eigene Geschäftsstelle in der Bonner Humboldtstraße 30. In der ersten Etage eines wunderbaren Altbaus, der dem Bund Deutscher Hirngeschädigter (BDH) gehörte, mietete das Kuratorium eine 80 Quadratmeter große Wohnung an, die aus zwei Räumen und einer zusätzlichen Dachkammer bestand. Wenig später konnten zwei weitere Bürokräfte eingestellt werden. Für alle galt es zunächst, sich eine vollkommen fremde Welt zu erschließen und sich nach den Vorgaben der Gründungsmitglieder einzuarbeiten.
Die Präsidentin und ihre wichtigste Stütze Amalie Barzen begegneten sich von Anfang an »auf Augenhöhe«. Für das Kuratorium war sie ein großer Gewinn und fast 17 Jahre lang Teil eines äußerst erfolgreichen Teams, das getragen war von Loyalität
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