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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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umgekommen waren und es unmöglich ein Unfall sein konnte.«
    »Wer hat noch davon gewusst?«, fragte Narraway mit bebender Stimme.
    »Niemand«, gab Sandeman zurück. »Garrick hat die Sache vertuscht, und der Imam hat die Toten beisetzen lassen. Sie wurden in Tücher gewickelt, wie es bei den Moslems Brauch ist, dann hat er die üblichen Gebete gesprochen.«
    »Und was hat Ihrer Ansicht nach Stephen Garrick in den Wahnsinn getrieben?«, fragte Narraway. »Sein Schuldbewusstsein oder die Angst, dass eines Tages jemand kommen und die Tat rächen würde?«
    »Sein Schuldbewusstsein«, sagte Sandeman ohne zu zögern. »In seinen Alpträumen hat er den Vorfall immer wieder durchlebt. Die von uns getöteten Männer und Frauen haben ihn verfolgt.«
    Narraway sah ihn aufmerksam an. »Und werden Sie von ihnen ebenfalls verfolgt?«
    »Nein«, sagte Sandeman und sah ihn mit seinen tief in den Höhlen liegenden Augen ruhig an. »Ich habe mich ihnen gestellt und meine Schuld eingestanden. Ich kann zwar die Tat nie ungeschehen machen, werde aber den Rest meines Lebens dazu nutzen, anderen etwas zurückzugeben. Sollte, wer auch immer Lovat getötet hat, mir gleichfalls nach dem Leben trachten, wird er mich hier finden. Wenn er mich tötet, lässt sich daran nichts ändern. Ich werde auch keinen Widerstand leisten, wenn Sie mich jetzt verhaften wollen. Zwar denke ich, dass ich hier nützlicher sein kann als am Ende eines Stricks, aber ich werde mich nicht sperren.«
    Charlotte spürte einen solchen Schmerz in ihrer Brust, dass sie kaum noch atmen konnte.
    »Gott ist Ihr Richter, nicht ich«, sagte Narraway schlicht. »Für den Fall aber, dass ich Sie noch einmal brauche, wäre es klug von Ihnen, hier zu sein.«
    »Das werde ich«, erwiderte Sandeman.
    »Und sagen Sie niemandem auch nur ein Wort von dem, was Sie uns berichtet haben«, fügte Narraway hinzu. Mit einem Mal klang seine Stimme schroff, und es schwang sogar eine Drohung darin mit. »Es empfiehlt sich nicht, mich zum Feind zu haben, Mr
Sandeman. Wenn Sie auch nur zu einem Menschen über diese Geschichte sprechen, spüre ich Sie auf. Im Vergleich mit dem, was Ihnen dann blüht, dürfte es Ihnen ausgesprochen verlockend erscheinen, am Ende eines Stricks zu hängen.«
    Mit geweiteten Augen sagte Sandeman: »Der Herr bewahre mich! Glauben Sie wirklich, dass ich davon aus freien Stücken noch einmal berichten würde?«
    »Ich hatte schon mit Leuten zu tun, die ihre Verbrechen immer wieder erzählen, weil sie wollen, dass man sie ihnen vergibt«, entgegnete Narraway. »Sofern diese Geschichte bekannt wird, könnte das tausend Mal mehr Menschenleben kosten, als Sie und Ihre Kameraden auf dem Gewissen haben. Denken Sie daran, wenn Sie das Bedürfnis empfinden sollten, sich mit einer Beichte Erleichterung zu verschaffen.«
    Ein Ausdruck von bitterer Ironie, der wie ein Messer ins Herz schnitt, legte sich auf Sandemans Züge. »Ich glaube Ihnen«, sagte er. »Vermutlich ist das der Grund, warum Sie mich nicht festnehmen.«
    Narraways Gesicht wurde eine Spur weicher, Doch nur für einen Augenblick. »Nun ja ... und auch Gnade«, sagte er. »Oder vielleicht Gerechtigkeit? Was könnte Ihnen jemand antun, was Sie mehr trifft als die Aufrichtigkeit, mit der Sie sich selbst bestrafen?«
    Er wandte sich um und ging langsam zum Ausgang. Pitt nahm Charlottes Arm und folgte ihm. Sie löste sich kurz und warf Sandeman zum Abschied einen Blick und ein Lächeln zu. Als sie sicher sein durfte, dass er beides gesehen und verstanden hatte, ließ sie sich hinausführen.
    Keiner von ihnen sprach, bis sie die Säule mit den sieben Sonnenuhren erreichten, denen Seven Dials seinen Namen verdankte. Von dort aus bogen sie in die Little Earl Street ein, die zur Shaftesbury Avenue führte.
    Schließlich fragte Charlotte in das Schweigen hinein: »Zwischen dem Mord an Lovat und dieser Geschichte besteht doch sicher ein Zusammenhang?« Sie sah die beiden Männer an.
    Mit ausdruckslosem Gesicht erklärte Narraway: »Obwohl jede andere Lösung unglaubhaft wäre, ist mit dem, was wir jetzt wissen, noch nicht eine unserer Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt. Im Gegenteil gewinnt die Sache dadurch eine so unvorstellbare Dimension, dass es besser wäre, man ließe zu, dass Ryerson gehängt wird ...« Er hielt inne, weil ihn Pitt am Arm gefasst und so scharf herumgedreht hatte, dass Charlotte beinahe mit den beiden zusammengestoßen wäre.
    Narraway löste Pitts Hand mit einer Kraft, die diesen verblüffte und

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