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Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Titel: Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Seidert
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Buchstabenreihen und innerhalb derer wiederum für eine ganze Reihe kartei- und listenmäßig erfasster Namen zuständig. Die ein- und ausgehende Korrespondenz eines davon Betroffenen gelangte damit zur Gänze immer zwangsläufig in die Hände seines ›Prüfers‹. Was gemäß der Richtlinien, die wir hatten, von uns als unverfänglich eingestuft wurde, durfte weiter seinen postalischen Weg gehen. Alles andere mussten wir melden.«
    Ady, auch Renée, gerieten ins Visier der Prüfstellen. Bis auf wenige Ausnahmen wurde von Beginn des Krieges an Auslandspost zensiert. Die Zensurstellen nannten sich daher in bestem Verwaltungsdeutsch »Auslandsbriefprüfstellen«, kurz ABP. Anfangs, bereits 1938, waren zwei Zensurstellen installiert worden, doch bald folgten weitere nach, der Kontrollzwang war zu groß, erst recht, als die Postberge anwuchsen mit immer mehr Postteilnehmern in den besetzten Ländern.
    Netjes Brief vom 28. 3. 1944 – blaue Pinselstriche gehen diagonal über die Schrift.
    Die ABP waren militärische Dienststellen des Abwehrdienstes der Wehrmacht. Jede ABP erhielt eine spezielle Nummer und war für Post aus und nach bestimmten Ländern zuständig. Druckschriften wurden gesondert von Gestapo-Zensurstellen bearbeitet.
    Für Post aus Schweden war die Postzensurstelle Berlin zuständig. Sie war die größte in Deutschland und beschäftigte auch etliche Spezialisten. Es gab eine ganze Reihe von Vorschriften für den Auslandsbriefverkehr, die der Entwicklung des Krieges jeweils angepasst wurden. Briefwechsel mit dem feindlichen Ausland wie Großbritannien oder dem unbesetzten Frankreich waren verboten. Italien war zuerst befreundet und daher erlaubt, später nicht mehr. Ansichtskarten und gefütterte Umschläge waren verboten, Innenfutter konnten geheime Nachrichten enthalten und wurden bei derPrüfung herausgerissen. Private Briefe duften nicht mehr als vier Seiten umfassen, die Schrift hatte deutlich zu sein. Kurz- und Geheimschriften waren selbstverständlich verboten.
    Vermutlich hat Netjes Art zu schreiben den Verdacht des Zensors erregt, verwundern würde es nicht.
    Bereits kontrollierte Briefseiten und Umschläge wurden mit Pinselstrichen in grauer, bräunlicher oder blauer Farbe gekennzeichnet. Bisweilen wurden Lösungen verwendet, die auf dem Papier als Striche unsichtbar blieben und erst später sichtbar wurden, wenn man den Bogen schräg gegen das Licht hielt. Meist blieben aber auch in diesen Fällen graue, braune oder bläuliche Striche erkennbar.
    Bei Netjes Brief wurde erst gar nicht der Versuch unternommen, den Strich, also die Kontrolle, zu verheimlichen.
    Der Brief weist noch eine weitere Besonderheit auf: dreimal wurde auf den beiden Bögen am oberen linken Rand mit Bleistift die Zahl 1573 vermerkt. Möglicherweise das persönliche Kürzel des Zensors?
    Über den harmlosen Inhalt wird der Prüfer oder die Prüferin enttäuscht gewesen sein. Schwer entschlüsselbar, wie alle Briefe Netjes, musste sich der Prüfer durch eine Endlosschleife verwandtschaftlichen Räsonierens kämpfen. Seine Ausdauer wurde nicht belohnt. Netjes Brief beschäftigt sich ausschließlich mit den alltäglichen Banalitäten einer Familie und Netjes ganz speziellen Klagen über die Wahl ihres Wohnortes, den sie gegen ihre Geburtsstadt Antwerpen eingetauscht hatte.
    Nein Ady ich kann mich da [in der schwedischen Kleinstadt Nässjö] nicht eingewöhnen denn wenn ich es gewusst hätte wäre ich nie weggegangen aber ich tat es hauptsächlich für Onkel Charley Mir fehlte es zuhause an nichts jetzt bin ich auch die ganze Zeit alleine und zuhause ist man manchmal doch jemandem begegnet oder hat mal im Laden jemanden gesehen Aber das ist hier nicht so Es ist hier ganz tot Ich hätte mal zuerst nach Göteborg oder nach Stockholm gehen sollen Da ist es ganz anders da ist es eher so wie bei uns.

Abschied von Antwerpen
    »Ich mache Sie, meine Arbeitseinsatzmänner, mit größtem Ernst darauf aufmerksam: Der Führer erwartet von uns und ich erwarte von Ihnen, dass die Transporte rollen. Von jetzt ab wird Ihre Arbeit nur noch gemessen und Ihre Bewährung nur noch gesehen an der Zahl der Tausenden Arbeiter, die täglich neu ins Reich kommen, denn das Reich hat sie notwendig.« Das sagte Fritz Sauckel, der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, in einer Rede vor Referenten und Arbeitseinsatz-Stableitern in Paris am 18. 3. 1944. Das Reich erhöhte den Druck auf die besetzten Länder, auch auf Belgien. »Wenn man 21 wurde,

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