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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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jeden
     Fall schlief er, gleich nachdem er das Frühstück verzehrt und von dem Fläschchen genommen hatte, wieder ein und wachte erst
     spät am Nachmittag wieder auf, als es draußen schon dämmerte. Der Drang, auf den Abort zu gehen, hatte ihn aus einem traumlosen
     Schlaf geweckt.
    Als er wieder zurückkam, wartete Louise in seinem Schlafzimmer auf ihn. Sie saß auf dem Bettrand. Er schlüpfte unter die Decke,
     und sie sagte leise: »Ich möchte dir etwas zeigen. Hier.« Mit bebenden Händen stellte sie eine schmale, samtbezogene Schachtel
     vor ihn auf die Bettdecke. »Sieh dir an, was darin ist.«
    Er zögerte. Nur mühsam überwand er die Beklemmung, die ihn erfasst hatte, löste das Band, mit dem die Schachtel verschlossen
     war, und hob den Deckel ab. Ein getrockneter und gepresster Veilchenstrauß sowie ein zusammengefaltetes Dokument lagen darin.
     Als er es öffnete, sah er, dass es zugleich Geburts- und Totenschein war.
    »Deine Tochter«, flüsterte Louise. »Ich wollte sie haben, aber ich konnte sie nicht halten.«
    Er blickte sie fassungslos an. »Du hättest mein Kind bekommen, auch wenn man mich aus Deutschland für immer fortgejagt hätte?«
    »Umso lieber, denn dann wäre es eine lebende Erinnerung an dich gewesen. Ach, Frederick   … Glaub nicht, dass ich eine Heldin bin! Ich hatte scheußliche Angst, und manchmal warich nahe daran, Dr.   Thurner recht zu geben und für das Kind eine Pflegemutter zu suchen. Aber dann dachte ich, euch beide zu verlieren sei mehr,
     als ich ertragen könne. Und als es tot zur Welt kam, dachte ich, dass es nun doch so gekommen sei und ich tatsächlich euch
     beide verloren hätte. Damals war ich nahe daran, alles aufzugeben.«
    Bestürzt packte er ihre Hand. »Du wolltest doch nicht   …«
    »Nein, das Leben nehmen wollte ich mir nicht. Ich kaufte eine Fahrkarte nach New York, um dort ein ganz neues Leben anzufangen.
     Niemand wusste etwas davon. Ich wollte einfach verschwinden. Aber als ich an Bord des Schiffes war, drängte es mich mit Gewalt
     wieder zurück, und ich sprang in aller Eile aufs Ponton der Landungsbrücken. Nur wenige Augenblicke später legte das Schiff
     ab. Meine Koffer machten die Reise nach New York allein.« Sie drückte seine Hände an ihre Brust. »Wäre ich an Bord geblieben,
     hätte ich nie erfahren, dass du in Deutschland bleiben darfst, und wir hätten einander niemals wiedergesehen.«
    Am nächsten Morgen fühlte Frederick sich bereits weitaus besser, obwohl Louise darauf bestanden hatte, dass er im Bett blieb.
     Er blickte auf, als die Tür geöffnet wurde und die filigrane, in eine schwarze Soutane gekleidete Gestalt des Abbé Maxiant
     erschien. Der alte Mann lächelte ihn an. »Nun, wie fühlen Sie sich?«, fragte er, während er sich auf einen Hocker setzte.
     »Sie haben eine harte Zeit hinter sich, nicht wahr?«
    »Ja, das kann man wohl sagen. Aber dank meines Anwalts und unseres gnädigen Kaisers hat sie nicht so lange gedauert, wie ich
     befürchtete.«
    »Und nun, da Sie wieder da sind, werden Sie wohl bald heiraten? Louise liebt Sie sehr.«
    Frederick seufzte. »Ich weiß, dass sie mich liebt, aber kann ich ihr das antun, einen Mann zu heiraten, der im Zuchthaus war?
     Die ganze Stadt wird vor uns ausspucken.«
    »Es wäre sicher besser, wenn Sie nicht hierblieben, wo alle Sie kennen, aber das sollte Sie nicht daran hindern, zu heiraten.«
    »Ich selbst wollte längst in die Kolonien Südwestafrikas auswandern.« Er beugte sich vor, und nachdem er sich vergewissert
     hatte, dass der Geistliche sein Geheimnis bewahren würde, flüsterte er: »Ich muss nach Afrika. Ich bin lungenkrank. Aber das
     will ich Louise nicht sagen; ich will nicht, dass sie sich gezwungen fühlt, mit mir auszuwandern. Sie hängt so sehr an der
     Apotheke, sie will nicht fort.«
    »Frau Paquin hängt viel mehr am Beruf der Apothekerin als an der Löwenapotheke. Ich habe sie oft sagen hören: Krank werden
     die Leute in aller Welt, und in den Kolonien ist die Konkurrenz gering und die Achtung vor Frauen groß. Sie beide sind wohlhabend.
     Sie könnten in Südwestafrika jederzeit ein solches Geschäft aufmachen.«
    »Und Sie meinen wirklich, sie würde das aus freiem Willen tun?«
    Das bleiche, faltige Gesicht des Abbé verzog sich zu einem schelmischen Lächeln. »Mein lieber junger Mann, muss ich alter
     Mönch Ihnen erklären, dass Frau Paquin Sie aus ganzem Herzen liebt und alles für Sie tun würde? Sie hatte schon Pläne geschmiedet,
     Ihnen

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