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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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nie einen echten Verbrecher gesehen?«
    »Ach, jetzt komm. Hör auf, dich selbst zu geißeln.« Sie beugte sich zu ihm und drückte ihm einen Kuss auf die kalte, eingefallene
     Wange. »Ich bin so glücklich, dass du wieder da bist.«

3
    Eine Stunde später lag Frederick lang ausgestreckt in der Badewanne im Bad der Magisterwohnung. Das Wasser war so heiß, dass
     Dampfschwaden zur Decke stiegen, die herrlich nach Kampferöl dufteten. Nachdem er sich monatelang nur anhand einer Blechschüssel
     mit kaltem Wasser gewaschen hatte, fühlte er sich jetzt wie im siebten Himmel. Louise hatte in der Apotheke einen kräftigen
     Punsch aus Wein, Rum undGewürzen anmischen lassen, der jetzt in einem emaillierten Humpen auf dem Rand der Badewanne stand. Er trank in langen Zügen.
     Bald durchströmte eine feurige Welle seinen frierenden Körper, und die Kopfschmerzen, die ihn den ganzen Tag schon gequält
     hatten, ließen nach. Er hatte das Gefühl, dass mit jeder Minute, die er hier lag, all der Schmutz der vergangenen Monate aus
     seinen Poren floss, vom Dampf und dem Punsch aus seinem tiefsten Inneren an die Oberfläche getrieben.
    Eines freilich konnten weder heiße Bäder noch der Glühwein vertreiben, nämlich den trockenen Husten, der ihn immer häufiger
     quälte. Schon bevor der Gefängnisarzt die Diagnose gestellt hatte, hatte er gewusst, was dieser Husten und die ständige Schwäche
     anzeigten. Es würde seinen Tod bedeuten, im kaltfeuchten Hamburg mit seinem schmutzigen Nebel zu bleiben. Er hatte keine Wahl
     mehr. Wenn er überleben, vielleicht sogar wieder gesund werden wollte, musste er so rasch wie möglich ins heiße, trockene
     Afrika mit seiner klaren Luft. Aber würde Louise mit ihm kommen wollen? Und durfte er sie unter Druck setzen, indem er ihr
     mitteilte, warum es für ihn so wichtig war, seinen ursprünglichen Plan auszuführen?
    Er beeilte sich, nach dem Bad in das behagliche Zimmer zu kommen. Im Kamin prasselte ein Feuer, das Bett war frisch bezogen
     und duftete nach Lavendel. Eilig schlüpfte er in das knöchellange Nachthemd, das zum Anwärmen auf dem Kamingitter hing, kroch
     ins Bett und spürte mit Vergnügen, dass das Fußende von zwei in Flanell gewickelten Blechflaschen gewärmt wurde.
    Er war todmüde und döste ein, kaum dass er sich die Decke über die Ohren gezogen hatte. Durch das halb geöffnete Fensterströmte die eisig kalte Winterluft herein. Er hatte lange genug in Räumen gelebt, deren Fenster bloße Luken waren, klein wie
     Schießscharten und mit Stangen aus Stahl vergittert, deshalb wollte er jetzt, auch wenn die Luft schrecklich kalt war, um
     nichts in der Welt auf die frische Brise und das beruhigende Geplätscher des Regens verzichten. Die Tür hatte er nur geschlossen,
     aber nicht zugesperrt. Allein der Gedanke an eine versperrte Tür löste ein Gefühl der Beklemmung in ihm aus. Er bildete sich
     immer wieder ein, den schweren Schritt des patrouillierenden Wärters zu hören und den Knüppelschlag gegen die Zellentüren,
     der die Gefangenen ermahnte, dass sie von wachsamen Augen beobachtet wurden.
    Frederick erwachte erst am späten Vormittag aus dem Schlaf, als an die Tür geklopft wurde und Louise hereinblickte.
    Sie erschien ihm liebreizender denn je mit ihrem offenen kupferroten Haar, das sich über den Matrosenkragen eines eisblauen
     Kleides ringelte. Ein feiner Duft hing an ihr – der Geruch der Apotheke. »Nun«, fragte sie munter, »wie geht es dir? Kannst
     du schon ein Frühstück vertragen?« Und als er nickte, stellte sie ein Tablett mit Tee, Butterbrot und einem Stück süßen Haferkuchen
     auf die Nachtkommode.
    Frederick richtete sich im Bett auf und merkte gleich, wie schwach er noch war. Er schaffte es kaum aus eigener Kraft, sich
     aufzusetzen und gegen das dicke Kissen zu lehnen.
    Louise betrachtete ihn kritisch. »Gesund bist du zwar noch immer nicht, aber wenn ich daran denke, wie du gestern Abend ausgesehen
     hast   … Gott sei gedankt, dass der Fiebertrank so gut geholfen hat. Und jetzt trink deinen Tee, je heißer er ist, desto besser.«
     Sie stellte ihm noch ein kleines Fläschchen aus der Apotheke auf den Nachttisch. »Hier, eineStärkung für die nächsten Tage. Ein Gemisch aus vielerlei Kräutern. Es wird dir helfen, schneller wieder zu Kräften zu kommen.
     Ich habe es selbst zusammengestellt.« Sie lächelte stolz.
    Frederick konnte noch gar nicht alles aufnehmen, was Louise von sich gab. Aber er vertraute ihr und nickte nur. Auf

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