Die Frau des Diplomaten (German Edition)
draußen. Dichter Nebel ist aufgezogen, ich kann nur wenige Meter weit sehen. Ich stelle den Motor ab und lausche angestrengt in die Nacht, ob ich Geräusche wahrnehmen kann, die darauf hindeuten, dass der Täter in der Nähe ist. Nichts Verdächtiges ist zu hören, ich steige aus und drücke die Wagentür zu. Dann gehe ich zügig in Richtung Hotel, doch im Nebel verschwinden die Straßenschilder und markanten Punkte, wodurch mir die Stadt seltsam fremd vorkommt.
Unterwegs überschlagen sich meine Gedanken. Jemand hat Renata ermordet. Wie war es ihrem Mörder gelungen, so nah an sie heranzukommen, dass er ihr die Spritze verabreichen konnte? Vielleicht hatte er sich auf der Rückbank versteckt, bevor sie in den Wagen stieg. Oder sie kannte den Mann und hielt ihn für ungefährlich. Abrupt bleibe ich stehen. Wieder muss ich an Marek denken. Marek hat das Treffen auf der Brücke arrangiert, und es ist offensichtlich, dass es einen Zusammenhang zwischen diesem Treffen und dem Mord an Renata gibt. Hat Marek jemanden zu ihr geschickt, um sie zu töten? Oder war er selbst der Täter? Und wenn Marek ein Doppelagent ist, welche Rolle spielt dann Emma?
Ich blicke die neblige Straße entlang. Ich muss erst einmal ins Hotel zurück – wo sollte ich auch sonst hin? Natürlich ist das mit einem gewissen Risiko verbunden. Der Angreifer könnte wissen, wo ich wohne. Andererseits … wenn das der Fall wäre, hätte er mich schon längst in meinem Zimmer überfallen und den Umschlag an sich genommen, anstatt auf der Brücke auf mich zu warten. Ich werde zum Hotel gehen, mich umziehen und in Ruhe überlegen, was als Nächstes zu tun ist.
Zwanzig Minuten später erreiche ich die Straße, in der das Excelsior liegt. Unschlüssig bleibe ich stehen. Es herrscht seit Stunden Ausgangssperre, und ich bin von meinem Sprung in den Abfallbehälter gezeichnet. So kann ich unmöglich durchs Foyer gehen, ohne neugierige Blicke auf mich zu ziehen. Also laufe ich um den Block herum zum Hintereingang, doch die Tür ist verschlossen. Ich muss zurück in mein Zimmer! Plötzlich höre ich auf der anderen Seite der Tür Schritte, im nächsten Moment geht die Tür auf, ein Mann beugt sich nach draußen und stellt einen Sack mit Abfall in die Gasse. Ich warte, bis er wieder im Gebäude verschwunden ist, dann greife ich nach dem Türknauf, um zu verhindern, dass die Tür ins Schloss fällt. Ich warte eine Weile, dann schlüpfe ich hinein und schleiche durch das rückwärtige Treppenhaus nach oben.
Der Flur ist menschenleer. Zügig gehe ich zu meinem Zimmer, schließe auf und trete ein. Leise drücke ich die Tür zu und will gerade den Schlüssel im Schloss umdrehen, als ich hinter mir ein Geräusch höre. Ich fühle, dass ich nicht allein bin. Blitzschnell ziehe ich die Pistole aus meiner Handtasche und wirbele herum.
„Marta, nicht!“, ruft eine vertraute Stimme, und ich erstarre mitten in meiner Bewegung. Die Pistole rutscht mir aus den Fingern und landet auf dem Boden.
„Emma?“ Ungläubig starre ich sie an. „Was machst du hier?“ Sie antwortet nicht, sondern steht mitten im Zimmer, das Gesicht kreidebleich, die Augen weit aufgerissen. Erleichtert lasse ich mich gegen die Tür sinken. „Ich dachte schon, du wärst …“ In diesem Moment wird mir klar, dass Emma diejenige sein könnte, von der ich verraten wurde. „Was ist hier los?“, will ich von ihr wissen. Mir fällt auf, wie laut ich auf einmal rede, doch es ist mir egal, wer mich belauschen könnte. „Ich bin zu der Brücke gegangen, wie du es mir gesagt hast. Ein Mann wartete auf mich, der sich für Marcelitis ausgab. Aber er war es nicht.“
„Gut“, meint Emma leise.
Ich bin fassungslos. „Wie kannst du so etwas sagen? Ich wäre beinahe umgebracht worden!“
„So meine ich das nicht. Es ist gut, dass Marcelitis nicht hingegangen ist. Man hätte ihn sofort verhaftet … oder Schlimmeres. Meine Nachricht muss ihn rechtzeitig erreicht haben.“
„Ich verstehe nicht …“
„Oh, Marta!“ Plötzlich bricht Emma in Tränen aus. „Marek wurde festgenommen!“
„Wann?“, frage ich erschrocken. „Was ist passiert?“
„Nachdem wir uns im Park getroffen hatten, kam die Polizei in unser Haus und sagte, man würde ihn wegen Verrats verhaften. Vor mir und den Kindern haben sie auf ihn eingeprügelt! Und dann haben sie fast unser gesamtes Hab und Gut zerschlagen, ehe sie ihn mitnahmen.“
Ich lege eine Hand auf ihre Schulter, mein Argwohn ebbt ab. „Das tut mir
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