Die Frau des Diplomaten (German Edition)
Paul, als die Sanitäter ihn an Land gebracht haben. „Paul“, flüstere ich, aber er reagiert nicht.
„Wir müssen los“, sagt einer der Männer. Ich halte Pauls Hand fest und laufe weiter neben den Sanitätern her, die sich zu einem von zwei wartenden Krankenwagen begeben.
Ein Sanitäter öffnet die Hecktüren, dann dreht er sich zu mir um. „Der zweite Wagen ist für Sie.“
„Mir fehlt nichts, ich muss nicht behandelt werden.“
„Doch, das müssen sie. Wir haben keine Zeit, darüber zu diskutieren. Sie müssen ihn jetzt loslassen.“ Ich will etwas erwidern, überlege es mir aber anders. Jeder Einwand von meiner Seite führt nur dazu, dass Paul umso später versorgt wird. Ich ziehe meine Hand zurück und sehe mit an, wie seine Trage in den Krankenwagen geschoben wird. Als der Wagen Augenblicke später losfährt, sinke ich schluchzend zu Boden.
25. KAPITEL
„Marta“, ruft mich eine Stimme aus der Dunkelheit. Paul. Sind wir immer noch in Deutschland? „Marta.“ Da ist die Stimme wieder. Aber das ist nicht Paul. Das ist ein britischer Akzent.
Eine Hand berührt mich am Arm, schüttelt mich leicht. Widerstrebend schlage ich die Augen auf. Simon steht über mich gebeugt und sieht mich besorgt an.
„Simon“, flüstere ich. Simon, nicht Paul. Ich frage mich, ob ich in unserem Bett liege und alles nur geträumt habe. Tränen steigen mir in die Augen.
„Mein Schatz“, sagt Simon und streicht über meine Wange, da er fälschlich glaubt, das seien Freudentränen. „Du bist wieder zu Hause und in Sicherheit.“
Aber ich bin eigentlich nicht zu Hause, wie mir klar wird, als ich mich in dem kargen, fremden Zimmer umsehe. Plötzlich erinnere ich mich, wie ich in diesem Laderaum neben Paul gelegen habe. „Wo bin ich?“
„Du bist im Krankenhaus. Im Außenministerium ging eine Nachricht ein, du seist mit einem Schiff auf dem Weg zurück nach England, und dann meldeten die Zollbehörden zwei blinde Passagiere an Bord der Bremen .“ Ich denke an die Sanitäter, wie sie Paul in den Krankenwagen schieben und die Türen schließen. Wo ist er jetzt? Geht es ihm gut? Simon redet weiter: „Du konntest den Zollbeamten sagen, wer du bist und mit wem sie sich in Verbindung setzen sollen. Aber dann bekamst du einen Anfall und wolltest dich von den Sanitätern nicht untersuchen lassen. Deshalb mussten sie dir ein Beruhigungsmittel geben. Wie fühlst du dich jetzt?“
„Gut“, erwidere ich und setze mich in meinem Bett auf. „Wie lange habe ich geschlafen?“
„Nur eine Nacht. Du warst völlig erschöpft und ausgetrocknet, aber davon abgesehen, scheinst du gesund zu sein.“
Ich schlucke. „Wir hatten kein Wasser mehr und …“ Ich atme tief durch, während ich überlege, was Simon über Paul weiß. „Der Mann, den sie mit mir vom Schiff holten … wie geht es ihm?“
„Ich weiß nicht“, antwortet er. „Er war in ziemlich schlechter Verfassung, als man euch beide fand. Soweit ich gehört habe, wurde er angeschossen und hatte viel Blut verloren.“
Es kostet mich Mühe, die Ruhe zu bewahren. „Haben sie gesagt, wer er ist?“
„Wohl ein amerikanischer Agent. Michael … irgendwas.“
Er hat Pauls neuen Namen genannt, wie ich erleichtert feststelle. Dann weiß er nicht, dass er der Mann ist, mit dem ich vor meiner Hochzeit verlobt war. „Kann ich zu ihm? Ich möchte ihm danken.“
„Das wird leider nicht gehen. Sie haben ihn für die Operation in ein Militärkrankenhaus verlegt.“ Mein Magen verkrampft sich. „Soll ich für dich nachfragen, wie es ihm geht?“
„Ja, bitte.“ Auf einmal bemerke ich einen Strauß Schnittblumen in der Vase auf dem Nachttisch. „Hast du die mitgebracht?“
„Nein, die sind vom stellvertretenden Minister. Er ist zutiefst dankbar und gratuliert dir zu deiner hervorragenden Arbeit.“
Ich sehe Simon an. „Dann war die Mission erfolgreich?“
„Ja. Die Sanitäter fanden den Dechiffrierer bei dir, als du hier eingeliefert wurdest, und übergaben ihn mir. In diesen Minuten wird die Liste entschlüsselt. Marcelitis hat bereits mit der Botschaft Kontakt aufgenommen und hilft uns, die zentralen Kontaktleute in Osteuropa zu identifizieren. Und die Amerikaner sind ganz begeistert, mit uns an dieser Sache zu arbeiten.“ Er verstummt und legt den Kopf schräg. „Wie bist du eigentlich auf diesen … diesen Michael gestoßen?“
Er ist auf mich gestoßen. In einer Zelle in Dachau. „Das ist eine lange Geschichte“, sage ich stattdessen. „Würde es dir etwas
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