Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
gibt keinen günstigeren
     Zeitpunkt, es wird nie einen günstigeren geben.«
    Inaja betrachtete eine Weile schweigend die Seifenkugel, die sie in der Hand hielt. Sie hatte sie selbst hergestellt, indem
     sie weiße Asche und Rindertalg lange gekocht hatte. Schließlich bewegte sie die Kugel zwischen zwei Händen hin und her, dann
     fragte sie: »Was wird sein, wenn unsere Männer gefallen sind? Was wird dann aus uns? Und vor allem – was wird aus uns, wenn
     nicht Euer Gemahl, sondern Varus mit seinen Legionen siegt? Werden wir dann allesamt ans Kreuz geschlagen?«
    |242| Thusnelda erschrak. »Wie kannst du an so etwas denken?«
    »Man muss der Wahrheit ins Gesicht sehen«, entgegnete Inaja gleichmütig. »Euer Gemahl will gegen mehrere römische Legionen
     angehen. Da wird man doch daran denken dürfen, dass er möglicherweise unterliegt.«
    Thusnelda stieg aus dem Bottich, obwohl Inaja sie zurückdrängen wollte. »Ich bin noch nicht fertig, Herrin.«
    »Es reicht!« Thusnelda ließ sich von Inaja wieder ihre Liebesrune umbinden und dann in ein Wolltuch wickeln. »Ich will nicht
     mit dir über eine Niederlage reden. Arminius hat gesagt, der Sieg sei ihm sicher. Er wird die römischen Legionen angreifen,
     während sie sich durch den Sumpf quälen und genug damit zu tun haben, auf den Beinen zu bleiben. Sie kennen sich nicht aus
     im unwegsamen Gelände und können sich nicht formieren. Sie werden ihre Waffen verstaut haben und als Marschgepäck mit sich
     schleppen. Die germanischen Krieger sind dann im Vorteil, sie können nicht unterliegen! Im offenen Kampf sind die Legionen
     nicht zu besiegen, aber wenn sie sich in lang auseinandergezogener Marschordnung befinden, sehr wohl. Die engen Täler und
     der Morast schränken ihre Kampftechnik entscheidend ein. Ein Gegner, der sich in dieser Wildnis auskennt, ist auf jeden Fall
     überlegen.«
    »Vorausgesetzt, niemand verrät vorher den Plan«, ergänzte Inaja und trocknete Thusnelda von Kopf bis Fuß ab. »Woher weiß Euer
     Gemahl überhaupt, dass die Legionen sich durch unwegsames Gelände bewegen werden? Sie marschieren doch immer über die große
     Heerstraße zum Rhein. Und die ist von Kastellen gesäumt, von dort wird man ihnen zur Hilfe eilen.«
    Thusnelda setzte sich auf einen Schemel, löste ihr blondes Haar und schüttelte es. »Arminius hat vorgesorgt. Er wird Varus
     am Abend vor seinem Abzug von Aufständischen erzählen, die am Rande der Heerstraße für Unruhe sorgen. Arminius glaubt fest
     daran, dass Varus auf seinen Vorschlag eingehen und einen Umweg machen wird, um diese Aufstände niederzuschlagen. |243| Varus nutzt gern jede Gelegenheit, die Stärke und Macht des römischen Imperiums zu demonstrieren.«
    Inaja nickte. »Für Aufstände, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt?«
    »Auf diese Weise gelangen die Römer in ein Gebiet, in dem sie sich nicht auskennen.«
    »In den Hinterhalt!«
    »Da gibt es viele Schluchten, die Bäume stehen so dicht, dass die Römer Mühe haben werden, sich einen Weg zu bahnen. Schwerbepackt,
     wie sie sind! Es wird kurz nach Herbsteinbruch geschehen. Regen und Sturm wären genau richtig für Arminius’ Vorhaben. Dann
     wird der Boden rutschig, die Römer werden über Wurzeln und Baumstümpfe stolpern. Von einer geordneten Marschformation kann
     dann keine Rede mehr sein. Arminius und seine Krieger aber kennen sich aus. Die Römer werden keine Chance haben, wenn sie
     auch zahlenmäßig überlegen sind.« Sie fuhr mit gespreizten Fingern durch ihr Haar und ordnete es. »Dass sie so viele sind,
     heißt auch, dass sie schwerfällig und unbeweglich sind. Arminius hat es nicht nur mit der siebzehnten, achtzehnten und neunzehnten
     Legion zu tun, sondern auch mit mehreren Reitereinheiten und Infanteriekohorten. Dazu kommt noch der Tross von Frauen, Kindern
     und Zivilisten, die Varus sehr hinderlich sein werden.«
    Inaja seufzte. »Ich wundere mich trotzdem, dass Ihr so ruhig und gelassen seid.«
    Thusnelda stieß ein freudloses Lachen aus. »Ich bin alles andere als gelassen. Glaub mir, ich mache mir allergrößte Sorgen
     um Arminius.« Leise fügte sie hinzu: »So wie du um Hermut.« Sie bedauerte, dass sie Inajas Gesicht nicht sehen konnte.
    Aber sie spürte, dass ihre Dienstmagd nickte, und war dankbar dafür. Sie wollte nichts hören von den Schwierigkeiten in ihrer
     Ehe, wollte sich nicht sagen müssen, dass auch hier das böse Omen dafür gesorgt hatte, dass Inaja mit Hermut nicht glücklich
     wurde.
    Inaja

Weitere Kostenlose Bücher