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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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der vernichteten Legionen seine Wut, seine Entschlusskraft, seinen Siegeswillen nähren würde, so glaubte Arminius,
     dass Germanicus’ Mut schwinden müsste beim Anblick dessen, was nach dem Sieg der Germanen zurückgeblieben war.
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Germanicus schickte Späher voraus, die die Waldgebiete durchforschen und Brücken und Dämme im Sumpfland anlegen sollten, dann
     betrat er das Schlachtfeld, durchwanderte es, blieb vor dem einen oder anderen Skelett stehen, betrachtete abgetrennte Gliedmaße
     und an Bäume geheftete Totenschädel. Er fand auch die Altäre, auf denen die höheren römischen Offiziere hingeschlachtet worden
     waren, die Galgen, die für die Gefangenen aufgestellt worden, und die Gruben, in die die Enthaupteten gestürzt waren.
    Hatte Germanicus der Mut verlassen angesichts der schrecklichen Niederlage? Oder fühlte Arminius sich stärker und sicherer
     denn je, als er noch einmal mit dem größten Triumph seines Lebens konfrontiert wurde? Vielleicht war es aber auch der persönliche
     Verlust, der ihm noch mehr Kraft gab! Todesmut sogar! Oder den Willen zu siegen, komme, was da wolle? Die Entschlusskraft,
     Germanicus zu bezwingen, gerade ihn, wuchs über alles hinaus, was möglich war und machte es dadurch möglich. Germanicus’ Name
     war mit dem grausamen Verlust verbunden, den Arminius erlitten hatte, sein Hass und sein Vergeltungswille machten ihn unangreifbar.
    So musste Kaiser Tiberius schließlich einsehen, dass die Eroberung Germaniens nicht gelingen konnte, der Aufwand an Menschen
     und Material wurde zu hoch. Außerdem konnte sich das Heer nicht vom Land ernähren und musste den gesamten Bedarf an Nahrungsmitteln
     mit sich führen, dieser Aufwand wurde auf die Dauer zu groß. So beschloss der Kaiser, die Verschiebung der Grenzen aufzugeben
     und den Befehl zurückzunehmen, aus Germanien eine römische Provinz zu machen. Er berief seinen Neffen zurück, die Eroberung
     Germaniens hatte sich als undurchführbar erwiesen. Zukünftig würde wieder der Rhein die Grenze darstellen, die sie seit Caesars
     Zeiten gewesen war. Augustus’ Plan, die Grenze an die Elbe zu verlegen, musste von Kaiser Tiberius aufgegeben werden.
    Unzufrieden empfing er Germanicus in Rom, hatte er doch erwartet, dass sein Neffe über kurz oder lang als Sieger, als Rächer
     der Varusschlacht heimkehren würde. Stattdessen hatten sich die römischen Soldaten in einem Kampf aufgerieben, der nicht zu
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gewinnen war. Der Kaiser begrüßte seinen Neffen wie einen Verlierer, da er keine Schlacht siegreich beendet und Arminius kein
     einziges Mal vernichtend geschlagen hatte. Wer nicht gesiegt hatte, der hatte verloren!
    Darüber waren drei Jahre vergangen. Erneut fegten Stürme übers Land, aber diesmal waren sie milde und führten nur wenig Regen
     mit sich. Germanien atmete auf, das Leben konnte weitergehen. Dass Arminius immer noch den Plan verfolgte, die germanischen
     Stämme zu vereinen, sie unter die Führung eines einzigen Herrschers zu stellen, schien immer unwichtiger zu werden. Schon
     bald erntete Arminius kaum noch Dankbarkeit, er wurde lästig in seinem Bemühen, aus dem erfolgreichen Zurückdrängen der Römer
     die Konsequenz abzuleiten, dass man gemeinsam stärker war. Immer mehr Neider traten auf den Plan, die Arminius die Königswürde
     nicht gönnten, die seine Alleinherrschaft ablehnten, die wieder so leben wollten wie früher …

20.
    R om erwachte, als der Lastkarren in die Stadt rumpelte. Auf breiten Straßen hatte er sich zunächst bewegt, nun wurden sie immer
     enger und holpriger. Gepflasterte Straßen! Nie zuvor hatte Thusnelda so etwas gesehen. Und nie zuvor war etwas derartig Gewaltiges
     vor ihren Augen herangewachsen. Rom!
    Trotz ihrer schrecklichen Lage stieg Staunen in ihr auf. Das also war eine Stadt. Eine riesige Stadt! Die größte Stadt der
     Welt, das hatte der Kerl zu verstehen gegeben, der vorne auf dem Lastkarren saß und die beiden Ochsen antrieb, die ihn zogen.
    Die Straßen Roms wurden nun dermaßen eng, dass die Häuser den Himmel und die Sonne verstellten. So hoch und schief waren sie,
     neigten sich so gefährlich über die Straße, dass man sich fragte, warum sie noch nicht eingestürzt waren. Der Ochsenkarren
     hatte Mühe voranzukommen, an seinen beiden Seiten drängten sich eilige Fußgänger vorbei und machten den Weg damit noch schmaler,
     als er sowieso schon war. Überall lagen Dreck und Abfall herum, Exkremente von Menschen und Tieren schwammen durch die

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