Die Frau des Germanen
die Magd die Gelegenheit hatte, das Gift in Arminius’ Met zu mischen. Auf
mich wäre so kein Verdacht gefallen. Entweder wäre die Magd überführt worden, oder man hätte an einen Anschlag von Arminius’
Gegnern gedacht. Er hat mittlerweile viele. Niemand will ihn mehr reden hören vom vereinten Germanien. Sein Herrschaftsanspruch
über das vereinte Germanien hat ihm viele Gegner eingebracht. Und wer nicht gegen ihn ist, dem ist er zumindest lästig.«
»Hört auf, mir die Politik zu erklären«, fuhr Severina dazwischen. »Das interessiert mich nicht. Ich will, dass Ihr Euer Versprechen
erfüllt, mehr nicht!«
Flavus‘ Blick wurde plötzlich lauernd. »Kann es sein, das Ihr noch ein anderes Ziel damit verfolgt? Soll Arminius wirklich
deshalb sterben, damit Ihr frei für mich seid?«
»Welchen anderen Grund sollte es geben?«
Flavus zuckte mit den Schultern, aber in seinem Blick züngelte bereits wieder die Hoffnung, die Severina nur ein wenig anfachen
musste, um daraus loderndes Begehren zu machen. »Mir kam es so vor, als hättet Ihr auch ein Abkommen mit Kaiser Tiberius«,
sagte er leise, als hätte er Angst vor seinen eigenen Worten. Seine kleinen Augen waren nun so schmal, dass sein Blick sich
in ihren Schlitzen verstecken konnte.
»Ihr fragt zu viel!« Severina trat einen Schritt vor und berührte kurz seine Brust. »Eine Chance will ich Euch noch geben
– eine einzige.«
Flavus’ Augen weiteten sich, das Feuer darin war wieder zu erkennen. »Beim nächsten Mal wird es mir gelingen, ganz sicher.
Nur … wie soll ich dem Kaiser die Erlaubnis abringen, noch einmal nach Germanien zu reisen?«
»Das lasst nur meine Sorge sein!« Severina lächelte, während sie sich mit Daumen und Mittelfinger eine Locke in die Stirn
zupfte. »Das nächste Mal werde ich die Sache selbst in die Hand nehmen.«
Flavus starrte sie an. »Wie meint Ihr das? Ihr wollt doch nicht etwa …?«
|357| »… selbst nach Germanien reisen? Doch, genau das will ich. Ihr werdet mich natürlich begleiten. Ich brauche jemanden, der
sich auskennt im Land der Barbaren. Auch Silvanus wird dabei sein. Er gehört zu meinem Plan.«
Flavus atmete schwer. »Und der Kaiser?«
»Der Kaiser ist mein Onkel. Er kann mir keinen Wunsch abschlagen. Außerdem wird er es begrüßen, wenn der Verräter nicht mehr
am Leben ist.«
Sie winkte einer Sklavin, die sofort herbeieilte, um den Fall ihrer seidenen Tunika zu kontrollieren.
»Was habt Ihr vor?«, fragte Flavus atemlos.
»Das werdet Ihr früh genug erfahren.« Severina stieß die Sklavin mit der Fußspitze weg, als sie der Meinung war, dass die
spielerische Seide ihrer Tunika dem sicheren Gang ihrer Füße nicht mehr gefährlich werden konnte. »Nun lasst uns wieder hineingehen,
damit der Kaiser uns nicht für unhöflich hält.« Sie schenkte Flavus das Lächeln, das sie zur schönsten Frau Roms gemacht hatte.
»Und damit seine Mutter nicht denkt, wir täten etwas Ungebührliches hier draußen, so ganz allein.«
Flavus war mit zwei schnellen Schritten an ihrer Seite und griff nach ihrem Arm. »Und was wird die Mutter des Kaisers sagen,
wenn sie erfährt, dass Ihr mit mir nach Germanien reist?«
Severinas Lächeln vertiefte sich, wodurch sie prompt einen Teil ihrer Schönheit wieder verlor. »Sie wird es nicht erfahren,
aber sie wird verstehen, dass ich Erholung brauche. Ein paar Wochen am Meer werden mir gut tun. Aus Baiae werde ich mit frischen
Kräften zurückkommen. Ihr wisst ja, die Thermalquellen tun gut. Und fast jede Villa dort hat einen Fischteich, in dem Muränen
gezüchtet werden.« Sie führte Daumen und Zeigefinger zu ihren Lippen. »Eine Delikatesse!«
»Und der Kaiser?«
»Er wird der Einzige sein, der weiß, dass ich nicht nach Baiae reise.«
|358| 22.
H ermut hatte lange auf Arminius eingeredet, damit er endlich wieder ein Thing besuchte. »Du vergisst deine Verpflichtungen
als Stammesfürst. Außerdem spielst du deinen Gegnern in die Hände! Sie fühlen sich bestätigt! Sie werden sagen: Seht her,
der Fürstenthron der Cherusker ist ihm nicht mehr gut genug! Er denkt nur noch an die Krone, die er sich als Herrscher über
ganz Germanien aufsetzen will.«
Inaja hatte Hermut zugestimmt. Während dieser Zeit hatte es sogar ein paar Augenblicke der Eintracht zwischen ihnen gegeben.
In Inaja hatten sie für Erleichterung gesorgt, sie hatte aufgeatmet, sich ein paar Tage von Hermuts ständig schwelendem Misstrauen
erholt. Aber
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