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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Silberfäden waren die Kanten bestickt. Severina wusste, dass der Glanz dieser Fäden sich in ihren Augen spiegelte, wenn die
     Pallia ihrem Gesicht nahe war. Dass es an diesem Tag zu stark geschminkt war, um sich mit natürlichen Farben zu messen, vergaß
     sie in diesem Augenblick.
    »Sorg dafür«, sagte sie zu Terentilla, »dass der Mann fünf Sesterzen extra bekommt für die gute Nachricht.«
    |131| Sie wies zu dem Lederbeutel mit dem langen Riemen, den Terentilla am Hals trug. Er war mit einer Kordel verschlossen, die
     Terentilla jetzt löste. Während sie unter den gierigen Blicken des Kuriers die fünf Sesterzen daraus hervorsuchte, ging eine
     dicke Römerin in der schweren, reichverzierten Stola der verheirateten Frau vorüber. Sie betrachtete Severina von oben bis
     unten.
    »Ihr seht zauberhaft aus, verehrte Severina!«, flötete sie. »Seit ihr zugenommen habt, seid Ihr noch schöner geworden.« Ihr
     Doppelkinn zitterte vor boshafter Freude, ihr gewaltiger Busen wogte.
    »Ihr seid mir ein leuchtendes Vorbild, hochgeschätzte Flavia«, gab Severina ebenso spitz und anzüglich zurück. »Wenn ich erst
     so alt bin wie Ihr, werde ich hoffentlich genauso schön sein wie Ihr.«
    Damit wandte sie sich um und ließ sowohl den Kurier als auch die Gemahlin des reichen Pollio stehen, der ihr als Besitzer
     mehrerer Bordelle Gaviana abgekauft hatte. Leichtfüßig kehrte sie in die kaiserliche Loge zurück. Von nun an würde sie jeden
     Abend in Eselsmilch baden, damit ihre Haut so weich war, wie Arminius es noch nie bei einer Frau erlebt hatte.
     
    Ein frischer Wind hatte sich erhoben, der mit den Baumkronen spielte, in ihnen heulte und fauchte. Wie mit langen Fingern
     fuhr er durch das hohe Gras. Sein Rauschen schien die ganze Luft zu erfüllen.
    Die beiden Reiter, die sich aus dem Waldgelände lösten und auf die Eresburg zuritten, erregten keine besondere Aufmerksamkeit.
     Gemächlich kamen sie näher, das Schnauben ihrer Pferde, die so aussahen, als wären sie mit der langsamen Gangart nicht einverstanden,
     wurde vom Wind weggetragen. Jeder der beiden führte ein weiteres Pferd mit sich, das mit großen Säcken beladen war. Händler
     waren so in ganz Germanien unterwegs, um ihre Waren an den Mann zu bringen. Die Wachen auf den Burgmauern warfen ihnen nur
     einen kurzen Blick zu, dann |132| kümmerten sie sich wieder um ihr Würfelspiel. In letzter Zeit hatten häufig Händler ans Burgtor geklopft, viel häufiger als
     sonst. Niemand sah ihnen mehr erwartungsvoll entgegen. Von allem, was sie anboten, war mittlerweile genug im Haus.
    Als die beiden auf Rufweite herangekommen waren, öffnete sich das Tor der Eresburg, und der Wärter trat heraus. Er legte die
     Hand über die Augen und sah den beiden misstrauisch entgegen.
    »Ist Euer Herr zu Hause?«, rief einer der beiden Reiter. Er hatte sich in einen dunklen Umhang gehüllt, der auch seinen Kopf
     und das halbe Gesicht bedeckte. »Wir haben Waren, die ihm gefallen werden. Langbogen und gefiederte Pfeile! Auch Trinkhörner
     und Würfel aus Elfenbein!«
    Der Wärter schüttelte den Kopf und stellte sich breitbeinig in das geöffnete Tor. »Unser Herr ist nicht da«, rief er zurück.
     »Er zieht dem Bräutigam seiner Tochter entgegen. Morgen wird hier eine Hochzeit gefeiert.«
    »Dann kommen wir ja gerade recht«, mischte sich der zweite Reiter ein. Er war genau wie der erste in einen Umhang gehüllt,
     als müsste er sich vor Kälte schützen. »Lass uns zu der jungen Braut! Wir können ihr Bänder und Schmuck für ihr Hochzeitskleid
     bieten.«
    »Die Tochter von Fürst Segestes ist ebenfalls nicht zu Hause«, gab der Wärter zurück.
    Nun zügelten die beiden Reiter ihre Pferde. »Nicht zu Hause? Eine Braut am Vortag ihrer Hochzeit?«
    Der Wärter drehte sich um und machte Anstalten, das Tor wieder zu schließen. »Was geht euch das an?«
    Er verriegelte das Tor von innen und rief etwas zu den Wachen hoch, die auf der Burgmauer standen. Sie lachten, sahen spöttisch
     auf die beiden Händler hinab und wandten sich ab, als die beiden ihre Richtung änderten und an der Burgmauer entlangritten.
     Anscheinend nahmen sie Kurs auf die Teutoburg, um dort ihre Waren anzubieten.
    Wen interessierten schon zwei Händler, die durchs Cheruskerland |133| zogen und über kurz oder lang erneut an die Tür klopfen würden? Das Augenmerk der Burgwachen ging in die entgegengesetzte
     Himmelsrichtung, denn von dort erwarteten sie ihren Herrn zurück, der Fürst Aristan

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