Die Frau des Germanen
hinter dem Zaun und mehrere Schweine und Schafe, Hühner hackten zwischen ihnen herum, ein paar
Tauben saßen unter dem Dach. Da das Vieh viel Wärme abgab und das Herdfeuer in der Mitte des Hauses groß war, würde sie auch
im Winter hier nicht frieren |158| müssen. Alles war sehr bequem. Wie in der Eresburg gab es fellbedeckte Podeste an den Wänden, die tagsüber zum Sitzen und
nachts zum Schlafen dienten. Nur der Hausherr besaß einen Stuhl. Thordis hatte ihn feierlich an ihren Sohn weitergereicht,
als Segimer gestorben war, und stolz gelächelt, als Arminius zum ersten Mal darauf Platz nahm.
Inaja war zufrieden, ein gutes Leben wartete auf sie. Sie drehte sich wieder dem Ausblick zu. Von nun an würde sie jeden Tag
an dieser Stelle darauf warten, dass Flavus auf die Teutoburg zugeritten kam. Er würde regelmäßig heimkehren, das wusste sie,
obwohl das Haus seines Vaters nun das Haus seines Bruders war und obwohl er Rom als sein Daheim bezeichnete, zumindest dann,
wenn seine Mutter es nicht hörte. Aber Inaja wusste, was Arminius zu Thusnelda gesagt hatte. Der Abschied von seinem Bruder
sei versöhnlich gewesen, Flavus habe verziehen, dass der sterbende Vater nur nach seinem Erstgeborenen verlangt hatte, bevor
er in Walhalla einzog. Inaja hatte gespürt, dass Thusnelda wusste, was Fürst Segimer Arminius auf dem Sterbebett ans Herz
gelegt hatte. Aber natürlich fragte sie nicht. Es war auch nicht wichtig für sie. Wichtig war nur, dass Flavus zurückkehrte.
Das nächste Mal würde sie ihm mit einem Kind im Arm entgegentreten.
Severina lag auf einem Diwan und ließ sich von einer Sklavin die Würfel reichen, die sie soeben in einem Anfall von Wut an
die Wand geworfen hatte. »Ihr betrügt mich!«, schrie sie und achtete nicht auf die Versicherungen ihrer Sklavinnen, dass sie
es niemals wagen würden, mit ihrer Herrin falsch zu spielen.
»Also weiter«, murrte Severina schließlich und sah jede der drei warnend an. »Wenn ich das nächste Mal wieder nicht gewinne,
habt ihr die Würfel gezinkt.«
Severina nahm sie in die Hand, betrachtete sie genau, führte die beiden gewölbten Handflächen zusammen und schüttelte die
Würfel. Mit abgewandtem Gesicht lauschte sie auf den Klang, die Sklavinnen beobachteten sie mit angehaltenem Atem. |159| Keine der drei war sich einer Schuld bewusst, aber allen war klar, dass es böse enden konnte, wenn eine von ihnen erneut Glück
im Spiel haben sollte.
Die Würfel waren aus den Gebeinen von Schlachttieren hergestellt worden. Dafür wurde das Mark aus den Knochen entfernt und
durch Metall ersetzt, damit die Würfel besser rollten. Betrüger hatten so ein leichtes Spiel. Dass ihre drei Sklavinnen keine
Gelegenheit hatten, diese Würfel zu zinken, kam Severina jedoch nicht in den Sinn. Sie hatte einen ganzen Kuchen ausgelobt,
das allein reichte, um ihre Mitspielerinnen zu verdächtigen. Ein letztes Mal kontrollierte sie jede Seite der Würfel, zählte
nach, ob die Kreise, die dort eingeritzt waren, die richtigen Zahlen ergaben, dann warf sie die drei Würfel erneut auf den
Tisch.
Eine Sklavin zählte ängstlich die Punkte. »Vierzehn!«
Severina nickte unzufrieden und schob die Würfel der nächsten zu. »Nun du.«
Dem jungen Mädchen brach der Schweiß aus. Ängstlich rieb sie die Würfel zwischen den Handflächen, dann warf sie sie auf den
Tisch und atmete auf, als sie nur auf eine Punktzahl von dreizehn kam.
Die anderen beiden Sklavinnen lächelten erleichtert, als Terentilla zu ihnen trat und einen Besucher meldete.
»Wie ist sein Name?«
Terentillas Gesicht lief rot an. »Er hat ihn nicht genannt.«
»Wozu hast du eigentlich deinen Mund?«, fuhr Severina sie an. »Nur, um mir meinen Kuchen wegzuessen?« Sie nahm einen Würfel
und warf ihn Terentilla entgegen. Dass ihre Hauptsklavin sich instinktiv duckte und damit der Würfel nicht an ihrer Stirn,
sondern an der Wand landete, machte Severinas Laune nicht besser. »Wie sieht er aus?«
»Blond«, kam es zurück. »Er hat sehr helles Haar.«
Severina fegte mit einer schnellen Handbewegung die Würfel vom Tisch. »Raus mit euch!«
Die drei Sklavinnen sprangen auf und sammelten die Würfel ein.
|160| »Bringt hartgekochte Eier, Oliven, gefüllte Datteln, Ölplätzchen und Pasteten! Und den Kastanienkuchen mit Honig, um den ihr
mich betrügen wolltet!« Sie winkte Terentilla heran. »Wie sehe ich aus?«
»Wunderschön wie immer!«, war die prompte
Weitere Kostenlose Bücher