Die Frau des Germanen
sprechen, es ist sehr wichtig.«
Terentilla ergab sich in ihr Schicksal. Entweder, die Angelegenheit war für Severina genauso wichtig wie für Flavus, dann
war es gut, dass sie dem römischen Offizier den Eintritt nicht verweigerte, oder Terentilla würde in wenigen Augenblicken
ihre Strafe dafür erhalten, dass sie Severinas ausdrücklichen Anweisungen nicht Folge geleistet hatte. Und dann würde ihr
niemand zugute halten, dass sie versucht hatte, den Besucher aufzuhalten. Zitternd lehnte sich die Sklavin an die Wand und
wartete …
Severina fuhr wütend auf, als Flavus eintrat. »Wie kommt Ihr dazu, hier einzudringen?«
Flavus lächelte und trat mit einer kleinen Verbeugung vor ihren Diwan. »Ich komme mit Neuigkeiten. Ich bin sicher, Ihr wollt
keinen Augenblick länger darauf warten als nötig.«
Severina betrachtete ihn aus zusammengekniffenen Augen. So selbstbewusst hatte sie Flavus noch nie gesehen. Was war los mit
ihm? Sie hätte ihn gerne weggeschickt, um ihm zu zeigen, dass sein neues Selbstvertrauen ihr keinen Deut besser gefiel als
seine frühere Unterwürfigkeit. Aber Severina war nun neugierig geworden. Plötzlich flammte eine Ahnung in ihr auf. Eine Hoffnung,
sogar eine Zuversicht. Hatte Arminius es sich anders überlegt? War ihm aufgegangen, welchen Fehler er gemacht hatte? Wusste
er nun, dass er sie liebte wie keine andere? Severina legte sich zurück und zeigte Flavus mit einem kleinen hochmütigen Lächeln,
dass sie verstand. Es war Arminius darauf angekommen, Dienst in Germanien zu tun, er hatte Tiberius seine Zusage gegeben,
Varus wollte vermutlich auf seine Unterstützung nicht verzichten … Da war ihm die Liebe zu einer Römerin nicht recht gekommen.
Aber nun hatte er erkannt, was ihm wirklich wichtig war, und Flavus gebeten, ein gutes Wort bei Severina für ihn einzulegen.
Ja, so musste es sein.
|179| Severina klatschte in die Hände, damit Terentilla kam und ihr ein Kissen in den Rücken schob. Wie ängstlich die Sklavin aussah,
bemerkte sie nicht, dass Terentillas Hände zitterten und ihr der Schweiß auf der Stirn stand, fiel ihr ebenfalls nicht auf.
»Also gut«, sagte Severina gönnerhaft. »Wenn Ihr meint, dass es mich interessieren könnte, dürft Ihr es mir erzählen.«
Terentilla traten vor Erleichterung Tränen in die Augen. Aber natürlich entging Severina auch das. Sie entließ ihre Sklavin
mit dem Wink von zwei Fingern ihrer rechten Hand. Das war das Zeichen für Terentilla, dem Gast nichts anzubieten und den Besuch
bei nächster Gelegenheit zu stören.
Flavus betrachtete Severina ausgiebig, als wollte er sich ihr Erscheinungsbild einprägen. Oder fiel ihm auf, dass sie einen
Teil ihrer Schönheit eingebüßt hatte durch die Schwangerschaft, durch Unlust und Reizbarkeit? Wurde ihm in diesem Augenblick
klar, dass eine zurückgewiesene Geliebte viel von ihrer Anziehungskraft verlor?
Severina jedenfalls wurde es schlagartig bewusst. Sie musste ihren ganzen Hochmut zusammennehmen, um sich genauso unbesiegbar
zu fühlen wie sonst. »Es geht mir nicht gut. Lasst mich also nicht warten.«
Flavus nahm den Blick nicht von ihrem Gesicht, als er einen ledernen Beutel unter seiner Tunika hervorholte und ihm einen
goldenen Ring entnahm. Er hielt ihn Severina hin, damit sie die grünen Smaragde erkennen konnte, mit denen der Ring besetzt
war.
Severina sah nicht, dass er sie lächelnd beobachtete, dass er ihre Gedanken von ihrer Stirn ablas.
»Ja, es ist ein Verlobungsring«, sagte er leise, bevor sie fragen konnte.
»Warum bringt er ihn mir nicht selbst?«
Severina blickte auf, als Flavus’ Antwort ausblieb. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sie die Wahrheit erkannte. Noch
schneller ging es, bis aus der Hoffnung in ihren Augen blanke Wut wurde.
»Was hat es mit dem Ring auf sich?«, fuhr sie Flavus an.
|180| Er versuchte nach ihrer Hand zu greifen, um ihr den Ring aufzustecken, aber sie entzog sie ihm.
»Redet!«
Flavus ließ sich vor ihrem Diwan auf die Knie sinken. »Ich bin hier, weil ich um Eure Hand anhalten möchte.«
Severina starrte ihn ungläubig an. »Was … wollt Ihr?«
»Euch um Eure Hand bitten«, wiederholte Flavus artig. »Ich liebe Euch seit langem, schöne Severina. Und ich schwöre, ich werde
Eurem Kind ein guter Vater sein. Es wird keinen besseren geben als mich. Schließlich bin ich mit Eurem Kind verwandt. Ich
bin sein Onkel.«
»Ich habe Euch schon bei Eurem letzten Besuch gesagt, dass ich ohne
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